Autofreier Tag 2022: Unsere temporäre Spielstraße in Zehlendorf!
Wie würde es wohl aussehen, wenn die Kinder den Asphalt erobern, die Autos vertreiben und stattdessen eigene Spielstraßen ins Leben rufen? Am 22. September konnte man dies sehr eindrucksvoll beim autofreien Tag beobachten. 37 Straßen in Berlin verwandelten sich in temporäre Spielstraßen. Auch in Zehlendorf wurde ohne Angst vor Unfällen gespielt. Eine der temporären Spielstraßen war übrigens der Sprungschanzenweg.
Vor 21 Jahren hat die EU-Kommission den „Internationalen autofreien Tag“ ins Leben gerufen – er findet immer am 22. September statt. Er ist kein Muss, sondern ein freiwilliges Kann. Städte und Kommunen können aus dem eigenen Antrieb heraus einen „autofreien Tag“ ausrufen und die Idee für sich neu interpretieren.
Berlin war 2022 bereits zum dritten Mal mit dabei. In allen 12 Bezirken wurden zusammengerechnet 37 temporäre Spielstraßen eingerichtet. Hier durfte in abgesperrten Teilbereichen zwischen 15 und 18 Uhr kein einziges Auto mehr rollen.
Natürlich merkt es das große Berlin nicht wirklich, wenn 37 Straßen für den Verkehr gesperrt sind. Schließlich werden Tag für Tag deutlich mehr Straßen durch aktuelle Baustellen im Verkehrsfluss eingeschränkt oder komplett blockiert, ohne dass dafür ein besonderer Tag ausgerufen wird.
Um möglichst viele Berliner davon zu überzeugen, am autofreien Tag doch tatsächlich einmal das eigene Fahrzeug stehen zu lassen, konnten sie zwischen 0 und 24 Uhr völlig kostenfrei und ohne Fahrschein mit der BVG und mit der S-Bahn fahren.
Auch Steglitz-Zehlendorf hatte sich an der Straßenaktion beteiligt. So wurden der Kadettenweg von der Hausnummer 44 bis zur Ringstraße und der Sprungschanzenweg von der Hausnummer 1 bis 51 zur temporären Spielstraße umfunktioniert. Die beiden Straßen wurden für ein paar Stunden in Kinderhand übergeben.
Wie kann man sich das nun ganz konkret vorstellen?
Der Sprungschanzenweg liegt am Rand von Zehlendorf – unweit vom U-Bahnhof „Onkel Toms Hütte“. In seiner Nähe stoßen die Onkel-Tom-Straße und die Riemeisterstraße zusammen. Direkt an den Sprungschanzenweg schließen sich der Wald und schließlich der bekannte Rodelberg an. Auf beiden Seiten des Weges stehen kleine Einfamilienhäuser. Kinder, die hier wohnen, brauchen eigentlich nur ein paar Schritte zu laufen, um in der Natur zu spielen.
Am 22. September war ein überschaubarer Abschnitt vom Sprungschanzenweg vom Verkehr abgetrennt. Die Kinder freuten sich über viele Angebote. Sie durften die Straße mit bunter Malkreide bemalen, viele Fahrräder und Skateboards ausprobieren, Frisbee-Scheiben werfen, Murmeln rollen lassen, Federball spielen, ein riesiges Holz-Jenga aufbauen oder gewaltige Seifenblasen in die Luft pusten. Bei dem Angebot war es kein Wunder, dass sehr viele Kinder auf den Straßen unterwegs waren.
Die Eltern nutzten die Gelegenheit, um selbst aktiv zu werden. Christa Rexhausen hatte kurzerhand einen Waffelstand aufgebaut und bot einen Trödel mit Kindersachen an: „Das ist eine tolle Aktion. Wir sollten die Straßen viel öfter auf diese Weise zum Leben erwecken. Die Kontakte zwischen den Menschen gehen immer mehr verloren. Aktionen wie diese bringen die Nachbarn wieder zusammen. Mit dem autofreien Tag erweitern wir unser Wohn-und Kinderzimmer auf die Straße. Schön ist auch, dass der Verkehrslärm wegfällt.“
Julian Dreißig hatte ein riesiges Kuchenbuffet aufgebaut, dessen von den Nachbarn gespendete Leckereien viele Abnehmer fanden: „Es ist einfach schön. Die Kinder spielen alle auf der Straße und haben den Platz sofort für sich vereinnahmt. Sonst stehen doch immer die vielen Autos im Weg.“
Der zuständige Bezirksstadtrat Urban Aykal hatte bereits im Vorfeld gesagt: „Ich freue mich, dass in diesem Jahr auch unser Bezirk mit zwei Spielstraßen dabei ist. Ich werde vor Ort sein, um mit den Kindern und den Initiativen über dieses Projekt ins Gespräch zu kommen.“
Und tatsächlich besuchte er auch den Sprungschanzenweg und schaute sich die bunten Aktionen vor Ort an: „Wir haben 140 Spielplätze für die Kinder im Bezirk. Entscheidend ist es aber, auch alternative Angebote zu schaffen. So eine Spielstraße hat viele Vorteile. Sie bringt die Eltern und die Kinder zusammen – und das nicht nur zum Hallo-sagen, sondern für ein näheres Gespräch. Da nicht alle Kinder aus der Nachbarschaft die gleiche Kita oder Schule besuchen, bietet so eine Spielstraße auch die Möglichkeit, die Kinder aus der direkten Nachbarschaft besser kennenzulernen. Die temporären Spielstraßen sind in diesem Jahr wieder super angenommen worden. Das war im Kadettenweg nicht anders. Da waren auch sofort über 50 Kinder auf der Straße. Die Spielstraße war wie ein Magnet für sie.“
Ein echtes Highlight war übrigens eine Frau, die einen Tisch mit Stühlen mitten auf den Asphalt vom Sprungschanzenweg gestellt hatte, um die Kinder zu Spielen wie Domino oder Memory herauszufordern.
Um die Aktionen vor Ort haben sich stets Personen oder Interessengruppen direkt aus der Nachbarschaft gekümmert.
Als „Ort der Begegnung und des nachbarschaftlichen Miteinanders“ ist so eine temporär gesperrte Straße natürlich bestens geeignet. Sie aber dauerhaft zu sperren, um den Kindern neue Spielplätze zu sichern, das wäre im Alltag kaum praktikabel. Insbesondere der Wirtschaftsverkehr muss rollen. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 103 (10/2022).
Seitenabrufe seit 26.10.2022:
Anzeige
Sie haben eine Artikelidee oder würden gern eine Anzeige buchen? Melden Sie sich unter 03322-5008-0 oder schreiben eine Mail an info@zehlendorfaktuell.de.