Schlossparktheater Premiere: Vor Sonnenuntergang
Dieter Hallervorden gewinnt mit jedem Lebensjahr mehr Freude an der Herausforderung. Nachdem er in den Kinofilmen „Sein letztes Rennen“ und „Honig im Kopf“ sehr eindrucksvolle Schauspielleistungen präsentieren konnte, sehen viele Fans in ihm nicht mehr den lustigen „Didi“, sondern einen ernstzunehmenden Charakterschauspieler.
Wer Hallervorden aus größerer Nähe wahrnimmt, hat diese Qualität schon immer gesehen. Schließlich kümmert er sich mit großer Verantwortung auch um das Schloßparktheater (schlossparktheater.de) in Berlin.
Hier steht er nun in einem Stück von Gerhart Hauptmann auf der Bühne. Der deutsche Dramatiker hat es als Familiendrama angelegt – 1932 war Uraufführung. Hallervorden spielt den Verleger Matthias Clausen, der mit seinen 80 Jahren noch immer seiner verstorbenen Frau nachtrauert und für seine Kinder und Vertrauten kaum wiederzuerkennen ist. Als Clausen plötzlich auflebt und neue Energie findet, ist die Familie trotzdem nicht erfreut. Denn Schuld an der neuen Lebensfreude ist eine blutjunge Kindergärtnerin (Katharina Schlothauer). Die Kinder fürchten um Erbe und Ansehen – und stellen sich der jungen Liebe vehement in den Weg.
„Vor Sonnenuntergang“, das am 16. Januar Premiere feierte, ist kein lustiges, ja nicht einmal ein amüsantes Stück Theater. Es stellt sich ganz der Frage, ob ein alter Mann sein ganzes bisheriges Leben über Bord werfen und hinter sich lassen darf, um noch einmal neu zu beginnen.
Thomas Schendel führt Regie. Er lässt die Kinder als garstige Intriganten um den aufblühenden Vater herumwuseln, bis ihr stetiges Gift ihn kränkt, beugt, zerbricht. In der Aufführung bleibt die Familie blaß. Katharina Schlothauer sticht heraus als junges Ding, das in inniger Liebe zu einem alten Mann entflammt und diese unschuldige Schwärmerei auch auf der Bühne lebt.
Dieter Hallervorden aber trägt das Stück, das ob der altertümlich anmutenden Sprache von Gerhart Hauptmann oft ein wenig an Leichtfüßigkeit verliert. Er strahlt und freut sich ob seines aufblühenden Johannistriebs, er wankt betroffen unter den Giftschüssen der Kinder und er brüllt und schreit, dass sich die Zuschauer im Publikum in die Sitze ducken. Nur am Ende, da geht es im Stück ein wenig zu schnell dem Niedergang und Ende entgegen; da bekommt man den Eindruck, man hätte einen intermediären Akt verpasst.
Doch so muss Theater sein – neue Wege suchend, ausprobierend, gefühlsstark und interessiert. Als Zuschauer war keine Sekunde verschenkt, der Applaus am Ende mehr als ehrlich. Weitere Aufführungen gibt es am 2.-7.2., 7.-10.3., 13.-15.3., 17.3., 10.-16.4. und 9.-16.5.2016, jeweils 20 Uhr. (Foto: DERDEHMEL/Urbschat / Text: CS)
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