Misery
Wenn in einem Theater einmal etwas Kriminelles aufgeführt wird, dann kommen meist etablierte Stücke wie „Arsen und Spitzenhäubchen“ oder „Ladykillers“ zum Einsatz. Hier geht die kriminelle Energie auf der Bühne mit einem gewissen Amusement einher, sodass am Ende alle Theaterbesucher angeheitert und mit einem Lächeln auf den Lippen nach Hause entlassen werden.
Jetzt wagte das Schlosspark-Theater einen gewaltigen Bruch mit dieser Tradition und brachte „Misery“ auf die Bühne – in einer 2-Personen-Adaption von Simon Moore. Eins ist klar: Beim Psychothriller „Misery“, der direkt auf einem Roman von Gruselpapst Stephen King basiert, bleibt einem das Lachen umgehend im Hals stecken, sobald sich die Vorhänge öffnen. Der Plot ist nicht im mindesten komisch, sondern ganz im Gegenteil bedrückend, psychotisch, beängstigend und düster.
Worum geht es? Der Bestsellerautor Paul Sheldon gerät mit seinem Wagen in einen Schneesturm – und hat einen fast tödlichen Unfall. Ein Glück, dass er von der ehemaligen Krankenschwester Annie Wilkes gefunden wird. Sie päppelt den Autor wieder auf, denn es ist doch ihr absoluter Lieblingsautor.
Insbesondere die Misery-Romane liebt sie von ganzem Herzen. Als sie aber feststellt, dass Paul Sheldon Misery in seinem neuesten Buch hat sterben lassen, um sich neuen, gehaltvolleren Büchern widmen zu können, rastet sie aus – und zwingt den unter Schmerzmitteln stehenden Paul dazu, ein weiteres Buch zu schreiben, um Misery so wieder von den Toten auferstehen zu lassen.
Stephen Kings „Misery“ auf der Theaterbühne? Funktioniert das? Thomas Schendel hat die Regie übernommen und Franziska Troegner und Jörg Schüttauf auf die Bühne geschickt.
Während Jörg Schüttauf als verletzter Autor gar nicht so viel beitragen muss, trägt Franziska Troegner das ganze Stück. Der Wahnsinn schleicht sich erst nach und nach in ihr Handeln und in ihre Dialoge, bis sie den Zuschauern im Theater nach und nach ihren wahren und irren Charakter entblößt.
Wer das Buch kennt, ahnt und weiß, wie die böse Geschichte ausgeht. Aber wie setzen sie es im Theater um? Kurzum: Das Stück verliert auch ob der bekannten Story nichts von seiner beklemmenden Dramatik. Man krallt sich in seinem bequemen Theaterstuhl fest, vergisst völlig die Zeit und hofft und bangt, dass der arme Paul Sheldon vielleicht doch einen Ausweg findet, um seinem Fan zu entkommen.
Am Ende verbeugt sich Franziska Troegner vor dem Applaus der Zuschauer – und man sieht wieder die Schauspielerin vor sich und nicht mehr die verwirrte Krankenschwester. Aber es wird schwer sein, diese Rolle wieder aus dem Kopf zu bekommen. (Text: CS / Foto: Plakat – DERDEHMEL/Urbschat)
Info: Schlosspark Theater, Schloßstr. 48, 12165 Berlin, Tel.: www.schlosspark-theater.de
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