Erstes Wildschweingrillen in Kleinmachnow
Im Berliner Speckgürtel sind die Schweine los. Die borstigen Wildschweine verstecken sich nicht länger im Wald, sondern marodieren durch die Vorgärten und lassen sich bereits bei hellichtem Tag in Rottenstärke in den Straßen sehen. So kann dies nicht weitergehen, sagten sich die Stahnsdorfer. Und mahnten bereits eine Sondergenehmigung an, um die nach Maggi duftenden Wildtiere noch in diesem Jahr lautlos mit Pfeil und Bogen jagen zu dürfen.
Kleinmachnow denkt da noch viel pragmatischer, wenn man der lokalen SPD glauben möchte. Bereits im Wahlkampf hieß es auf den Plakaten „Lösungen umsetzen: Kleinmachnow vor Wildschweinen schützen“. Die Genossen machten noch kurz vor der Wahl Ernst und riefen am 25. Mai zum ersten Wildschweingrillen auf dem kleinen Puschkinplatz direkt am Zehlendorfer Damm auf. Ihre Lösung: Wenn es zu viele Wildschweine gibt, dann essen wir sie eben einfach auf.
Das Fest, gut und effizient geplant und durchgeführt, wurde von den Kleinmachnowern (und den angrenzenden Nachbarn) sehr gut angenommen. Die Getränkespezialisten vom nahen „Vorstadtgeflüster“ mixten leckere Cocktails und schenkten Bier aus. Der Foodtruck aus Kleinmachnow „Little Lunchery“ verkaufte leckere Wickel-Wraps, Salat Bowls und schön klitschige Brownies. Auch das Eiscafé Kleinmachnow hatte einen Stand aufgebaut und verkaufte Eiscreme aus eigener Produktion. Viele weitere Stände und Foodtrucks (darunter auch die Waffel-Produzentin Fräulein Juli aus Berlin) versorgten die Besucher mit Essen und Getränken. Für die Kinder gab es eine große Hüpfburg.
Organisiert hatte das Fest Silke Medczinski von der SPD Kleinmachnow. Sie erklärte den Gedanken zum ersten Wildschweingrillen wie folgt: „Wir haben ein echtes Problem in der Region und das sind nun einmal die Wildschweine. Wir fragen uns: Wie geht man damit um? Es gibt da keine perfekte Lösung. Wir sind aber der Meinung: Wenn man die Tiere schon schießt, um den Bestand zu reduzieren, dann sollte man sie auch sinnvoll verwerten. Ganz viele Bürger haben in ihrem Leben noch nie Wildschwein gegessen. Wir wollen eine Verwertungskette schaffen. Denn der Jäger schießt nur, wenn er auch einen Abnehmer hat.“
Silke Medczinski möchte auch etwas im Bewusstsein der Menschen in Kleinmachnow ändern. Denn die Wildschweine kommen nicht ganz von allein und ohne Grund: „Wir freuen uns auch, wenn nach so einer Aktion vielleicht fünf oder sechs Leute ein wenig mehr darüber nachdenken, ob es so sinnvoll ist, Essensreste auf dem Kompost im Garten zu entsorgen oder illegale Futterstellen am Waldrand anzulegen. Die SPD hat deswegen auch den Antrag gestellt, dass das illegale Füttern von Wildschweinen eine Strafe von bis zu 5.000 Euro nach sich ziehen soll. Die warmen Winter sorgen zurzeit dazu, dass der Bestand der Schweine über den Jahreswechsel nicht reduziert wird. Die Wildschweine bekommen zurzeit drei Mal Nachwuchs im Jahr – mit jeweils bis zu zwölf Frischlingen.“
Die Frage ist: Wie lecker schmeckt ein gegrilltes Wildschwein? Man hätte sich passend zu einem Wildschweingrillen vielleicht noch mehr verschiedene Anlaufstationen gewünscht. Ein recht großer Fleischstand am Rand des Puschkinplatzes hielt Kesselgulasch vom Wildschwein aus der Gulaschkanone bereit und hatte einen schön krustigen Braten, Nackensteaks und Bratwurst vom Wildschwein auf der Karte zu stehen. Die Kleinmachnower hatten keine Probleme mit dem Verzehr der Waldbewohner – und standen Schlange.
Für noch mehr Abwechslung sorgte der Foodtruck „Medium Rare“ aus Berlin. Er hatte zahlreiche Burger im Programm, brachte aber extra für das Event auch einen Smoked Wildschwein-Burger mit Orangen-Preiselbeer-Curry-Sauce und rotem Krautsalat mit.
Christopher Hübler: „Das Wildschwein, das wir für unseren Pulled-Pork-Burger verwendet haben, kommt hier aus der Region. Das Rezept für den Burger stammt von uns, das haben wir speziell für das Fest vor Ort entwickelt. Wir können nur sagen, dass der Wildschwein Burger sehr gut angenommen wurde. Die Besucher des Fests haben keine Berührungsängste und probieren Wildschwein gern einmal auch in ihrem Burger aus.“
Zur Unterhaltung der Besucher gab es auf dem Fest auch eine kurzweilige Bühnenshow. Die aufwändig kostümierten Tänzerinnen aus der Kurrat Showdance Truppe aus Teltow sorgten für echte Wow-Effekte, bevor sie von weiteren Akteuren abgelöst wurden.
Die Frage ist nun: Wird es nach der nun erfolgten Kommunalwahl so schnell kein zweites Wildschweingrillen geben? Oder geht das Fest doch in Serie? Kommt es nun zur Kooperation der Nachbargemeinden: Stahnsdorf schießt die Wildschweine mit Pfeil und Bogen – und Kleinmachnow isst sie auf?
Fakt ist, dass der zuständige Jagdpächter in Stahnsdorf auch in Kleinmachnow unterwegs ist. Er könnte seinen hochwertigen Compound-Bogen mit Laserzielfernrohr einsetzen, der ultragenau treffen kann. Im zersiedelten Speckgürtel ist die Jagd mit dem Gewehr aufgrund der „Hinterlandgefährdung durch Querschläger“ schwierig; mit Pfeil und Bogen wäre die Jagd deutlich sicherer. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 63 (6/2019).
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