Supergrün: Neues Startup im Goerzwerk!
Wie wäre es damit: Grünkohl-Keimlinge kommen in den Smoothie, Amarant als Farbtupfer in den Salat und Sonnenblumentriebe als bissige Garnitur direkt neben das Steak auf den Teller. Das Startup „Berlin Farms“ aus dem Goerzwerk nutzt das urbane „Vertical Farming“, um extrem vitaminreiche „Microgreens“ heranzuziehen. Das grüne Produkt, das unter dem künstlichen Licht heranwächst, ist gleich aus mehreren Gründen äußerst interessant. (ANZEIGE)
Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland nimmt stetig ab. Der klassische Landwirt hat mit hohen Auflagen beim Dünger und beim Pflanzenschutz zu kämpfen, ist extremen Wetterlagen schutzlos ausgeliefert und muss Rücksicht auf die Jahreszeiten nehmen.
Insbesondere bei Großstädten wie Berlin ist die Landwirtschaft in der Umgebung oft nicht mehr dazu in der Lage, die gesamte Bevölkerung so zu ernähren, dass die Bezeichnung „regional“ noch gilt.
Auch aus diesem Grund gewinnt das „Vertikal Farming“ immer mehr an Bedeutung. Hierbei geht es darum, Pflanzen nicht auf dem offenen Feld, sondern in geschlossenen Räumen anzupflanzen – gern auch in einem Gebäude in mehreren Etagen übereinander.
Was klingt wie Science-Fiction, wird schon längst aktiv genutzt. Eine junge aufstrebende Firma, die in diesem Bereich tätig ist, heißt „Berlin Farms“. Sie sitzt im Lichterfelder Goerzwerk. Gegründet wurde das Unternehmen im Juni 2022 von Silke Wehrle (56) und Vahik Soghom (34).
Vahik Soghom: „Uns vereint unsere Passion für gesunde Ernährung und den nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen unseres Planeten. Wir möchten dazu beitragen, Berlin durch Urban-Farming-Projekte grüner und gesünder zu machen.“
Silke Wehrle: „Das Indoor Vertical Farming, kurz IVF genannt, hat uns sehr fasziniert. Bei diesem Verfahren setzt man 90 Prozent weniger Wasser ein als in der klassischen Landwirtschaft. Es kommen keinerlei Pestizide zum Einsatz. Auch das Wetter spielt keine Rolle. Eine künstliche Beleuchtung sorgt für perfekte Bedingungen beim Pflanzenwachstum, sodass der Anbau an 365 Tagen im Jahr erfolgen kann. Insbesondere für Städte ist IVF ein tolles Verfahren, um das für die Bevölkerung benötigte Gemüse ganz lokal herzustellen.“
Das junge Unternehmen „Berlin Farms“ hat sich im ersten Schritt auf die Produktion von sogenannten „Microgreens“ spezialisiert. Dabei handelt es sich um Keimpflanzen, die nur wenige Zentimeter groß werden müssen, bis sie sich verspeisen lassen. Vahik Soghom: „In diesen Keimlingen steckt die geballte Kraft der späteren Pflanze. Wir verzeichnen hier eine besonders hohe Konzentration an Nährstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Wir sagen immer gern: Warum teure Vitaminpillen kaufen, wenn die Natur die benötigten Stoffe doch in viel leckerer Form bereitstellt? Allein in unseren Brokkoli-Schößlingen steckt vierzig Mal so viel Vitamin E wie im normal gewachsenen Brokkoli.“
Auf dem Gelände vom Goerzwerk steht bereits ein erster Container, in dem nun in mehreren Ebenen Alfalfa, Amarant, Brokkoli, Grünkohl, Sonnenblumen, Mizuna, Radieschen, Rotkohl, Rucola, Daikon-Rettiche, Fenchel oder Kapuzinerkresse heranwächst – um nur einige Microgreens zu nennen. Silke Wehrle: „Wir ziehen unsere Microgreens in Erde heran. Sie sind dadurch geschmacksintensiver und nährstoffreicher als Microgreens, die nicht in Erde wachsen. Diese Entscheidung hilft uns auch dabei, die Biozertifizierung für unsere Microgreens zu erhalten.“
Die Microgreens werden in kleinen Schalen verkauft. Der Kunde kann sie sich in die Küche stellen und die Keimlinge ganz nach Wunsch aus der Schale zupfen und verwenden. Dabei ist es erstaunlich, wie frisch und knackig Sonnenblumen-Keime schmecken, wie explosiv die Senföle der Radieschenpflanzen im Mund explodieren und wie süß und erdig Rote Beete munden kann.
Silke Wehrle: „Zurzeit experimentieren wir mit asiatischen Salaten. Die haben wirklich einen sehr starken Geschmack und sorgen für ordentlich Abwechslung in der Küche. Unsere Pflanzen sind nach zehn bis zwölf Tagen so weit, dass wir sie ernten und verschicken können. Ich selbst verwende unsere Microgreens sehr gern, um ein veganes Pesto anzusetzen, um leckere Smoothies zu mixen oder um eine essbare und farbenfrohe Dekoration für Salate oder Bowls zu haben. Auf Instagram präsentieren wir Rezepte und Anregungen, wie sich unsere Microgreens einsetzen lassen.“
Die „Supergrün“-Produkte lassen sich bereits auf lokalen Märkten in Berlin erstehen und in einem eigenen Online-Shop einkaufen. Während auf den Märkten einzelne Töpfe à drei Euro auf Kunden warten, werden online vor allem Sets fürs 13,95 Euro angeboten, die jeweils vier Pflanzentöpfe enthalten. Das „Augenschmaus-Set setzt z.B. auf Amarant, Alfalfa, Grünkohl und Brokkoli. Es setzt aber nicht nur Farbakzente, sondern unterstützt laut Aufdruck auch das Anti-Aging. Andere Sets nennen sich „Balsam“, „Optimist“ oder „Top Fit“.
Silke Wehrle: „Wer ein Abonnement abschließt, spart vier Euro. Die Lieferung muss extra bezahlt werden. Sie findet immer an einem Montag statt. Unsere Fahrradkuriere fahren dann die Bestellungen aus. Da wir ebenso nachhaltig wie regional arbeiten möchten, liefern wir unsere Microgreens zurzeit nur in Berlin aus. Hier arbeiten wir an einem Konzept, um die Verpackung und die Erde beim nächsten Kundenbesuch wieder abzuholen, sodass wir sie in unseren eigenen Recycling-Kreislauf zurückführen können. Sobald das Biozertifikat da ist, möchten wir unsere Supergrün-Produkte gern in den Bio-Supermärkten anbieten.“
Noch steht „Berlin Farms“ am Anfang, Geld wird keins verdient. Als Investor glaubt Silvio Schobinger vom Goerzwerk an die Idee des „Vertical Farmings“. Vahik Soghom gibt einen Ausblick: „Wir haben bereits 20 Saaten so entwickelt, dass wir sie anpflanzen und ernten können. Zurzeit können wir etwa 10.000 Microgreen-Becher im Monat erzeugen. Speziell für die Zusammenarbeit mit regionalen Restaurants arbeiten wir am Thema essbare Blüten. Wir nutzen bereits das Regenwasser und planen einen Kompostkreislauf: Nun möchten wir gern noch ein großes Gewächshaus bauen und hier Photovoltaik installieren, um unsere Energie für die Beleuchtung der Pflanzen komplett autark selbst zu erzeugen.“ (Text/Fotos: CS)
Info: Berlin Farms GmbH, Goerzallee 299, 14167 Berlin, Tel.: 0160-24225112, www.supergruen.shop
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 107 (2/2023).
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