Gebrüder Blattschuss: Beppo Pohlmann im Exklusivinterview!

Beppo Pohlmann ist einer DER Berliner Musiker der letzten Jahrzehnte. Als Gründer und Sänger der “Gebrüder Blattschuss” hat er die “Kreuzberger Nächte” besungen. Als Friedenauer Bürger in Laufnähe zur Schloßstraße nutzt er heute das “Zimmertheater Steglitz” als “seine” ganz persönliche Bühne. Auch im Januar gibt es hier wieder einen Auftritt.
Lieber Herr Pohlmann (www.beppo-pohlmann.de), wann wurden Sie geboren, wo sind Sie aufgewachsen, wie sah es mit der Schule aus und gab es eine Berufsausbildung oder ein Studium?
Beppo Pohlmann: “Geboren wurde ich an einem Heiligabend im vorigen Jahrhundert. Aufgewachsen und zur Schule gegangen bin ich in Osnabrück. Das Abitur habe ich mit Mühe und Not geschafft!
Danach stand die Bundeswehr an, dann ging es zum Studieren nach (West-)Berlin. Mehrere Studien habe ich erfolgreich abgebrochen! Seit 1973 hatte ich dafür aber ständige Auftritte in Berliner Kneipen wie im ‘Go-In’ und im ‘Steve Club’.”
Im März 1976 ging es los mit “Blattschuss”. Wie kam es dazu, was war der Anlass? Und waren Hans Werner Olm und Jürgen von der Lippe als Mitglied dieser Truppe damals schon “bekannt”? Wie ist Ihr Verhältnis heute zu den beiden, so viele Jahre später?
Beppo Pohlmann: “‘Blattschuss’ entstand aus einer Session-Group zur ‘Geburtstagsfeier’ des ‘Go-In’. Statt wie sonst üblich jeder mit einem eigenen Lied aufzutreten, beschlossen fünf Typen damals, die Zeit lieber zusammen zu nutzen. Der Auftritt war so ein Knaller, dass der Wirt uns vorschlug, eine Gruppe zu gründen und regelmäßig im ‘Go-In’ aufzutreten. Zu der Zeit war keiner von uns außerhalb der Kneipenszene bekannt. Jürgen von der Lippe und Hans Werner Olm waren damals nur zwei unter vielen. Obwohl wir schon ewig nicht mehr zusammen arbeiten, habe ich für alle Fälle immer noch den direkten Kontakt zu beiden.”
1978 präsentierten die “Gebrüder Blattschuss” die “Kreuzberger Nächte”, die sich 800.000 Mal verkauften und auf keiner Feier fehlen durften. Wer gehörte damals zur Band, wie ist der Song entstanden und wie kam es zu dem plötzlichen Erfolg? Und wie fühlt es sich an, so einen Knaller erfunden zu haben?
Beppo Pohlmann: “Die ‘Kreuzberger Nächte’ waren eine Füllnummer auf dem zweiten ‘Blattschuss’-Album und wurde gegen unser Votum als Single veröffentlicht. Durch Verkäufe vor allem in Berlin qualifizierte sich der Song tatsächlich für die ‘ZDF-Hitparade’.
Wir waren zu der Zeit nur noch zu dritt. Das war für das Fernsehen wichtig, denn das war auch die maximale Anzahl an Personen, die für einen Auftritt in der ‘Hitparade’ auf die Bühne durften. Nach dem Auftritt brach plötzlich die Hölle los. Wir waren drei Mal die Nummer eins in den Charts, machten jede Menge Auftritte im Fernsehen und wurden für viele Groß-Diskotheken gebucht.
Erst mit der Zeit wurde uns klar, dass die ‘Kreuzberger Nächte’ unser künstlerisches Leben dominieren würden und das in meinem Fall auch noch bis heute tun.”
Jetzt mal aus der Erinnerung: Wie war das Nachtleben damals in Berlin? Wo ging man hin?
Beppo Pohlmann: “Das eine Nachtleben gab es damals in Berlin nicht. Wir waren halt in der Folk- und Liedermacherszene zuhause und dementsprechend auch unterwegs. Man kannte zwar Leute aus anderen Szenen wie Rio Reiser oder ging auch mal in Travestie-Lokale (‘Chez Romy Haag’), aber es gab durchaus viele verschiedene Szenen in der Stadt.”
Wie sieht das Berliner Nachtleben heute aus?
Beppo Pohlmann: “Am aktuellen Nachtleben nehme ich nicht mehr teil, ich gehe mit meiner Frau lieber ins Renaissance-Theater oder zu Comedy-Shows in den ‘Wühlmäusen’. Spezielle Ziele sind für mich das ‘Zimmertheater Steglitz’, das ‘Kleine Theater am Südwestkorso’ sowie der Musik-Club ‘Art Stalker’ und die ‘Scheinbar’.”
Sie haben als Gag-Schreiber bei RTL gearbeitet und waren Synchron-Autor für Sitcoms. Können Sie mehr erzählen?
Beppo Pohlmann: “In den achtziger Jahren fing RTL (damals Radio Luxemburg) mit Comedy im Radio an. Die Akteure und Autoren wurden teilweise in der Kneipe gecastet.
Wir haben nachts aufgrund von aktuellen Agentur-Meldungen Gags und Sketche für die Morgensendung gemacht. Dabei habe ich u.a. mit Hugo Egon Balder, Jürgen Barz (von Insterburg und Co.) und Volker Lechtenbrink zusammengearbeitet.
Mit dem Aufkommen des Privatfernsehens gab es einen großen Bedarf an Programm, das man damals im Wesentlichen aus Amerika und England einkaufte. Mit der benötigten Menge an Übersetzungen für die englischen Sitcoms waren die etablierten Autoren aber überfordert – und so wurden per Zeitungsanzeige neue Synchron-Texter gesucht. Ich war dann einer von ihnen!
Es war ebenso schön wie nervend. Als ich zur Wendezeit ‘Blattschuss’ wieder aufbaute, hörte ich mit Synchron auf!”
Nach 1989 waren Sie als Musiker auch drüben in der ehemaligen DDR. Was haben Sie da erlebt, was war anders als im Westen?
Beppo Pohlmann: “Mit dem Musiker Kalle Ricken habe ich in den Neunzigern das Gebiet der ehemaligen DDR durchkreuzt. Das Publikum war froh, die ‘Kreuzberger Nächte’ vom Originalsänger live erleben zu können, da wir in den Hitparaden-Jahren aus politischen Gründen nicht im Osten auftreten konnten. Wir haben da bis heute unsere Fan-Base, was sich auch auf meine Solo-Shows auswirkt.”
Nach 1990 sehen Sie sich als “Volksfest Live Act” und waren auch auf Mallorca. Was spielt man da? Und warum sind Sie heute nicht der König von Mallorca?
Beppo Pohlmann: “Wir hatten im TV Berichte über das Partyleben auf Mallorca gesehen und ohne echte Orts- und Sachkenntnisse einen Song darüber geschrieben: ‘Vollpension auf Ballermann 6’. Der Titel kam auf der Insel so gut an, dass wir zu Auftritten an der Playa engagiert wurden.
Die Umstände waren aber etwas nervig, Auftrittszeiten weit nach Mitternacht und ein volltrunkenes Publikum, sodass wir uns entschlossen, lieber über Mallorca zu singen und nicht auf Mallorca.”
Sie bezeichnen das ‘Zimmertheater Steglitz’ als Ihre Heimatbühne. Erzählen Sie uns mehr!
Beppo Pohlmann: “Im ‘Zimmertheater Steglitz’ (www.zimmertheater-steglitz.de) habe ich in den letzten Jahren meine Existenz als Solo-Künstler gefestigt. Die Kleinkunstbühne präsentiert von Kabarett bis Comedy, von Chanson bis Song, von Sketchen bis hin zu Theaterstücken alle Facetten der Bühnenkunst auf kleinstem Raum hautnah und so gut, wie es ohne aufwendige Tontechnik eben geht. Ich wohne fußläufig in Friedenau und daher ist das meine Heimatbühne!”
Am 26. Januar treten Sie vor Ort auf. Was erwartet den Zuhörer?
Beppo Pohlmann: “Am 26. Januar spiele ich alle Songs aus meinem aktuellen Album ‘Mit fröhlichen Grüßen’. Die Lieder sind meist um die Pandemiezeit herum entstanden und wurden live im ‘Zimmertheater’ und in der ‘Scheinbar’ getestet. Durch die Produktion in einem kleinen Tonstudio bekamen die Lieder einen leichten Pop-Schlager-Charakter, sodass ich einige von ihnen mit Playback singe, aber, wie im ‘Zimmertheater’ üblich, ganz live und ohne Mikrofon. Durch kleine Geschichten rund um das Repertoire und einem Gastauftritt wird das Ganze ‘sehr unterhaltsam’ (Publikumsstimme).”
Steglitz-Zehlendorf: Was sind hier Ihre Lieblingsorte?
Beppo Pohlmann: “An Steglitz-Zehlendorf schätze ich ganz profan die Schloßstraße, da kann ich zu Fuß hingehen. Hier habe ich mein Fitnessstudio (‘Superfit’), hier gehe ich shoppen und hier kann ich Essen gehen – zum Beispiel im ‘Split’ gutbürgerlich-kroatisch. In Zehlendorf geht’s am liebsten rund um den Schlachtensee und zum Abschluss ins ‘Café Schlacht’ – mit dem besten Kaiserschmarrn außerhalb der Alpenregion.” (Fragen: CS / Fotos: Mark Vorwerk)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 118 (1/2024).
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