Scheibes Corona-Glosse: Carsten allein zu Hause!
Wer hätte das gedacht? Da rollt eine weltumspannende Virus-Pandemie einmal rund um den ganzen Globus, wie es sich kein Zombiefilmregisseur besser hätte einfallen lassen können. Und die von Panik infizierte Menschheit hortet wider Erwarten keine Dollar, kein Gold und auch keine Diamanten, sondern – Klopapier. Während in den Läden seit Wochen nur leere Regale zu bestaunen sind, haben wir im Bad aus unseren Klopapierrollen eine Pyramide gebaut.
Klarer Fall, sagen wir den Kids: Wir sind reich! Wer hätte das gedacht?
Muss ich in unseren Corona-Zeiten einmal ins Freie, staune ich nicht schlecht. Die Menschen springen mir hektisch aus dem Weg und schauen mich dabei an, als hätte ich plötzlich einen ganzen Busch rot glühender Feigwarzen im Gesicht. Das mit dem Abstandhalten verstehe ich ja. Aber muss man sich dabei denn so grimmig ansehen wie beim Pistolen-Duell im Film „Zwölf Uhr mittags“. Das sind Blicke, als ob ich zwölf frisch ausgenommene Nachbarkatzen als Schal um den Hals tragen würde. Um die Atmosphäre zu entspannen, sage ich freundlich: „Hallo, ist das nicht ein schöner Tag?“ Die Angesprochenen ziehen ihren Mundschutz ein Stück höher und schütteln deutlich befremdet den Kopf.
Das mit dem Einkaufen gestaltet sich schwierig. Zunächst einmal muss ich alleine einkaufen gehen. Nehme ich meine Frau mit, damit es schneller geht, bin ich sofort asozial. Ein Schild sagt mir schon vor dem Betreten des Ladens, wie Shopping in Corona-Zeiten funktioniert: schnell, effizient, kein Bummeln, kein Preise-vergleichen. Nur Rein-Raus, schnell-schnell. Wie im Puff. Nur dass es im Supermarkt für Geld eben doch nicht alles gibt. Schon gar keine „Extras“: Klopapier, Ohrenstäbchen, Seife, Nudeln, Reis, Backmischungen, Haarschneidemaschinen – alles ist aus.
Beim Einkaufen sorgt der hochgezogene Mundschutz dafür, dass meine Brille beschlägt. Ich sehe ja gar nichts mehr. Zuhause bekomme ich deswegen bestimmt Schimpfe, weil ich statt Waschmittel, Erdbeeren, Sahne und Kartoffeln doch wieder nur Süßigkeiten eingekauft habe. Aber vorher muss ich noch am muskelbepackten Security-Mann im schwarzen Nahkampfanzug vorbei, der die Einkaufenden auf die Kassen aufteilt. Er schaut schon so komisch. Ich glaube, er würde mich gern auf den Boden werfen und knebeln – um dann an empfindlichen Stellen, an denen nie die Sonne scheint, Fieber zu messen. Rein vorsorglich. Man weiß ja nie.
Schokolade, Chips, Pralinen, Knusperriegel und Eisbecher kommen Zuhause aus der Einkaufstasche. Aber sei‘s drum: Wer weiß, ob wir Corona überleben. Dann kommt‘s darauf nun auch nicht mehr an. Nur Naschkram, Dauer-Fernsehen und kein Sport: Wir werden nach Corona fett sein wie aufgeblasene Meerschweinchen. Spätestens, wenn die schlabberige Jogging-Hose am Hintern so prall sitzt wie ein hauteng aufgespannter Latex-Fetischanzug, sollte der Corona-Hausarrest wieder vorbei sein. Sonst sterben wir eher an Herzverfettung denn am Virus.
Die Frage ist natürlich: Wann ist Corona vorbei, wann dürfen wir wieder raus? In diesen Zeiten hören die Menschen nicht ganz so gern den erfahrenen Wissenschaftlern zu, sondern fahren begeistert auf schräge Fakenews ab, die munter auf so seriösen Internet-Seiten wie Facebook oder YouTube geteilt werden. China hat den Virus im Labor erfunden und freigesetzt, um die Welt ins Chaos zu stürzen, damit das Land die Weltwirtschaft anschließend für einen Appel und ein Ei aufkaufen kann? Corona gibt es gar nicht und der Shutdown ist nur dafür da, um die Wirtschaft in die Knie zu zwingen, damit der Kapitalismus anschließend mit einer Währungsreform neu gestartet werden kann? Stimmt, das hört sich alles sehr logisch an. Nicht.
Und am Ende dann das! Ich kann es nicht mehr ertragen, wenn jemand zu mir sagt: „Bleiben Sie gesund.“ Das klingt für mich wie: „Halten Sie sich an die Bestimmungen. Sonst zeige ich Sie sofort bei den Behörden an. Als Blockwart 2.0 habe ich nämlich in Corona-Zeiten meine neue Bestimmung gefunden.“
Ist Corona einmal vorbei, so werden wir eins lernen müssen: Nähe wieder zuzulassen. Schon jetzt wirkt es im Fernsehen äußerst befremdlich, wenn die Menschen aus Vor-Corona-Zeiten so eng beisammen stehen. (CS, Foto: Tanja M. Marotzke)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 73 (4/2020).
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