Scheibes Kolumne: Unterwegs im Flugzeug
Den ganzen Tag sausen sie über unsere Köpfe hinweg – Flugzeuge, deren metallische Bäuche gefüllt sind mit vielen hundert Touristen, die auf dem Weg in ihre Sommerferien sind. Die Flieger bringen die Urlauber in die Türkei, auf die Kanaren, nach Ägypten …
… und vielleicht auch zu weiter entfernten Zielen wie etwa den Seychellen, Florida oder Mauritius. Da fragt man sich am Boden stehend, mit dem Kopf im Nacken und nach oben zum Flieger schauend: Wie sieht es wohl gerade IM Flugzeug aus?
Wir haben es einmal ausprobiert. Unser Flugzeug hebt gleich früh am Morgen ab. Was in Ordnung wäre, gäbe es nicht die Aufforderung, bei einem Auslandsflug ein paar Stunden früher am Gate zu sein. Um dann doch nur todmüde darauf zu warten, dass irgendetwas passiert. Am Security-Check landet die Hose auf den Fußknöcheln, da der Gürtel mit in den Scanner muss. Dafür müssen aber vorher alle elektronischen Geräte aus dem Handgepäck heraus. Früher war das kein großes Ding. Heute müssen Notebook, iPad und Kindle eBook Reader herausgepolkt werden. Zu dumm: Die Kindles sehen alle gleich aus. Welches Gerät gehört denn nun eigentlich wem? Um das Rätsel zu lösen, müssen die Geräte kurz aktiviert werden. Humoristische Liebesschnulze – das gehört der besten aller Ehefrauen. Romantischer Vampirthriller – das liest die Tochter. Der dritte Kindle muss meiner sein, der Sohn liest nicht, der guckt lieber: „Lesen ist Zeitverschwendung.“
Im Flieger ist es eng. Ich bin knapp über einen Meter achtzig groß. Das reicht aber schon aus, um meine Beine wie in einem Schraubstock zwischen den Sitzen einzuspannen. Um ein wenig Blut in meinen gequetschten Venen fließen zu lassen, stelle ich ein Bein im Gang ab. Das ist ein großer Fehler, denn die erste „Saftschubse“ (sorry für den Begriff, aber er ist sooo treffend) rammt mir ihren metallischen Wagen mit gefühlten 50 Stundenkilometern gegen die Kniescheibe. Ich kassiere einen strafenden Blick – anscheinend habe ich Schuld.
Es ist so eng im Flieger, dass ich das Gefühl habe, man hätte mir die Ellenbogen mit einem Tacker an den unteren Rippenbögen befestigt. Ich kann im Grunde genommen nur die Unterarme bewegen. Das reicht aus, um die Rückenlehne meines Vormannes auf Abstand zu halten, der den Sitz in die Schlafposition gestemmt hat. Aber wie soll ich nun das Bordessen zu mir nehmen?
Das Essen kommt in lauter Plastikschalen, die wie ein Tetris-Spiel ineinander verkantet sind. Eine falsche Bewegung und alles landet auf der Hose. Ein Blick auf das Essen sorgt zumindest bei meinen Kindern dafür, dass sie dankend abwinken und sich lieber über die mitgebrachten Stullen hermachen. Ich gucke mir das angereichte Hühnchen mit Nudeln aber noch einmal genauer an. Also wenn ich das koche, sieht das besser aus. Es könnte auch Opossum mit kleingeschnittenen Aquariumschläuchen sein, über die man ein wenig hellbraunes Altöl gekippt hat.
Aber ich war bei den Pfadfindern, ich weiß, wo das Ende der kulinarischen Fahnenstange zu finden ist. Und freue mich deswegen auf mein Bordessen. Obwohl: Wenn Jamie Oliver das Kantinenessen in den britischen Schulen verbessern kann, warum nicht auch in den internationalen Flugzeugen? Die Rotzlöffel in den Schulen können nicht ansatzweise so viel Dankbarkeit zeigen wie erwachsene Vielflieger.
Kaum ist der Flieger in der Luft, wird auch schon die Bordtoilette belagert. Das ist kein Wunder, denn alle paar Minuten gibt es eine neue Gratisrunde Cola, Wasser, Saft, Kaffee oder Tee. Vorzugsweise dann, wenn man gerade eingeschlafen ist oder die letzte Minute vom spannenden Bordfilm läuft.
Sind die Sitze schon klein, dann ist die Planung der Bordtoilette sicherlich die Doktorarbeit eines Experten für Miniaturen gewesen. Am besten geht man bereits rückwärts hinein, damit der Hintern gleich in die richtige Richtung zeigt. Und vor dem Spülen sollte man dringend aufstehen, denn ansonsten zieht einem der Unterdruck aus der Kloschüssel locker die Bauchspeicheldrüse mit aus dem Inneren heraus.
Wer Sex über den Wolken hat, gehört dem Mile High Club an. Aber mal ehrlich: Zwei Personen passen doch gar nicht in diesen Raum. Und wenn, dann können sie sich nicht mehr bewegen. Kein schöner Gedanke. Ich geh mal lieber wieder zurück zu meinem Sitz. Noch sieben Stunden Flug. (CS)
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