Schlachtensee: Interview mit Oliver Kalkofe
Oliver Kalkofe ist das gute Gewissen des Fernsehens. Der 1965 in Engelbostel geborene Schauspieler, Komiker, Kabarettist, Parodist und Kolumnist war zunächst für das kultige Radioprogramm „Frühstyxradio“ aktiv, bei dem damals auch Oliver Welke mitmischte. Bekannt wurde er im Raum Niedersachen vor allem mit der Figur des Onkel Hotte.
Ins Fernsehen wechselte Kalkofe mit seiner Sendung „Kalkofes Mattscheibe“, die auf Premiere lief. Hier zeigte der bekennende Fernsehfreund die schlimmsten Verfehlungen der TV-Sender und parodierte sie vortrefflich, indem er verkleidet in die Rollen der Moderatoren und TV-Sternchen schlüpfte. Oft veräppelte er dabei auch den bereits verstorbenen TV-Schlagermoderator Achim Mentzel. Der nahm das Kalkofe aber nicht übel, wurde ein enger Freund und ging mit Kalkofe sogar auf Tournee. Für die „Mattscheibe“ gab es 1996 den Adolf-Grimme-Preis. Die „Mattscheibe“ war anschließend unter verschiedenen Namen auf unterschiedlichen Sendern präsent.
Für das Kino drehte Kalkofe mit vielen Freunden und Kollegen die beiden „Wixxer“-Filme – eine Hommage an die alten Edgar-Wallace-Filme. Im zweiten Teil spielte sogar Joachim „Blacky“ Fuchsberger mit – und wurde so ein Teil der „Wixxer“-Familie.
Seit Sommer 2013 gibt es ein neues Format auf Tele-5: „SchleFaZ“. Zusammen mit Peter Rütten präsentiert Kalkofe die „schlechtesten Filme aller Zeiten“, die von den Moderatoren eifrig mitkommentiert werden. Oliver Kalkofe lebt inzwischen in Zehlendorf – in der Nähe zum Schlachtensee. Grund genug für uns, ihn zum Interview zu bitten.
Man merkt es: Sie lieben das Fernsehen, nur nicht das, was in den letzten Jahrzehnten daraus geworden ist. In SchleFaZ auf Tele 5 zeigen Sie die schlechtesten Filme aller Zeiten mit herrlich fiesen Kommentaren: ein Publikums-Liebling. Ist SchleFaZ so gut, weil die gezeigten Filme gar nicht erst versuchen, ihre schlechte Machart zu verbergen? Heißt: Endlich mal jemand, der per se auch zugibt, dass er schlechte Unterhaltung macht?
Ich glaube, die meisten Filme bei SchleFaZ, vor allem die älteren, sind schon noch mit dem Anspruch heran gegangen, einen richtigen guten Film zu produzieren. Sie wussten halt nur nicht wie oder hatten kein Geld oder keine Ahnung – oder alles zusammen. Viele davon hab ich ja sogar als Kind im Kino gesehen und sie deshalb für gut gehalten – schließlich hatte ich ja dafür bezahlt. Damals dachte ich noch, ich hätte sie vielleicht einfach nicht verstanden, wenn sie mir nicht gefielen – heute sehe ich: nein, sie waren einfach scheiße! Diese Naivität von früher gibt es heute aber weder beim Publikum noch bei den Machern – Trash-Streifen wie SHARKNADO wissen, dass sie albern sind und wollen auch gar nicht so tun, als wären sie mehr, als sie sind.
Fernsehen wird immer mehr für den Bodensatz der Zuschauerschaft gemacht, der es egal ist, wie sehr die Scripted-Reality-Charaktere vorgeführt werden. Ist nicht nur den Machern, sondern auch den Zuschauern die moralische Instanz verloren gegangen? Und kann man das überhaupt noch in einer Sendung wie Kalkofes Mattscheibe auf die Schippe nehmen?
Es ist ein Wechselspiel, das erschreckenderweise die Schraube immer weiter andreht. Die Zuschauer gewöhnen sich sehr schnell an Extreme, auch an das extrem Schlechte, und die Sender versuchen ohne Rücksicht auf die Menschen dahinter, immer noch einen draufzusetzen. Vieles ist einfach nur noch abartig, dämlich und widerlich – aber keiner regt sich wirklich auf. Die Verafake-Aktion von Böhmermann oder Sketche aus der Mattscheibe zeigen zwar, wie es wirklich ist, empören auch kurz, aber dann geht man zur Tagesordnung über. Moral existiert bei den großen Privatsendern quasi überhaupt nicht mehr.
Meiner Meinung nach kommen schlechte Zeiten auf das Fernsehen zu. Erst wandern die jungen Zuschauer zu YouTube ab, dann laufen die coolen TV-Serien plötzlich auf Streaming-Portalen wie Netflix, Amazon & Co – und nicht mehr in der Glotze. Wie sehen Sie die Zukunft des klassischen TVs?
Das klassische, lineare Fernsehen spielt sich selbst immer mehr in die Bedeutungslosigkeit. Wer sich wirklich für Inhalte und gute Programme interessiert, wandert zu Streaming-Diensten oder Pay-TV. Das klassische Fernsehen wird immer irgendwie überleben, weil es immer Menschen gibt, die kein Geld, Interesse oder keine Zeit haben, sich um ihr Programm selbst zu kümmern – das heißt aber im Umkehrschluss, Fernsehen wird immer mehr gemacht für Menschen, die sich eigentlich gar nicht für das Fernsehen interessieren. Das ist so tragisch wie absurd und führt sicherlich zu keiner Qualitäts-Steigerung.
Sie sind der wohl größte Madness-Fan aller Zeiten. Erzählen Sie doch einmal Ihre Madness-Geschichte? Und wie kam es zum Kontakt zur Band für die Filmmusik des Wixxers? Gehen Sie heute noch zu den Konzerten?
Ich bin seit Jahren Riesenfan und fliege auch regelmäßig nach London, um sie live zu sehen. Als wir den zweiten Wixxer-Film planten, wollte ich unbedingt IT MUST BE LOVE als Schluß-Song – und war so lange derart hartnäckig, meldete mich immer wieder und ging nach den Konzerten zu ihnen, bis sie sich irgendwann erweichen ließen. Am Ende bekamen wir auch noch einen ganz neuen Song (NW5 – I WOULD GIVE YOU EVERYTHING) und drehten sogar ein Video mit ihnen in London. Das gehört ohne Frage zu den bisherigen persönlichen Highlights in meinem Leben! Am 3.10. spielen sie in Berlin im Tempodrom und ganz klar werde ich wieder dabei sein!
Sie haben in Sharknado mitgespielt, nun ist Ihnen eine Rolle im deutsch-produzierten Sky Sharks sicher. Was wird das für ein Film werden, worum geht es und welche Rolle spielen Sie?
Es geht um das in den Geschichtsbüchern bisher stark vernachlässigte Kapitel der fliegenden Zombie-Haie, die von den Nazis im Zweiten Weltkrieg entwickelt wurden. SKY SHARKS zeigt mutig und realistisch, wie diese Erfindung heute zu uns zurückkehrt – nichts für schwache Nerven. Ich spiele Hermann Göring, der in den letzten Tagen des WW2 diese Entwicklung genehmigt und vorantreibt. Ich verspreche: es wird ein historisch bedeutsamer Film, der Guido Knopp neidisch machen wird.
Wie kommen Sie aus Engelbostel ausgerechnet nach Berlin-Zehlendorf? Was gefällt Ihnen an Zehlendorf, was nervt Sie an Zehlendorf und warum möchten Sie hier nie wieder wegziehen?
Nachdem ich die letzten Jahre in Wilmersdorf und Charlottenburg verbracht habe, hätte ich nicht geglaubt, dass es mir in Zehlendorf derart gut gefallen würde. Meine Familie, unser Hund und ich genießen vor allem die Ruhe, die wunderschöne Natur und die wirklich überdurchschnittlich netten Menschen, die alle viel entspannter und höflicher sind als in der City. Zum Glück gibt es auch genug tolle Restaurants hier, so dass es wirklich gar keinen Grund gibt, weg zu wollen. Wir lieben es hier und wollen definitiv bleiben! (Fotos: Gert Krautbauer für Tele 5 / Text: CS)
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