40 Jahre Schattenlichter in Zehlendorf-Mitte: “There is no Escape”

Sie sind eine echte Institution in Zehlendorf, die Theaterspieler von den “Schattenlichtern”. 43 Stücke haben sie in den vergangenen vierzig Jahren bereits aufgeführt. Inzwischen ist es gelebte Tradition, dass die Schattenlichter immer im Februar ein neues Stück auf die Bühne bringen – an drei Abenden nacheinander. In diesem Jahr haben sie das Stück “There is no Escape” von Sabine Hrach aufgeführt.
Überall auf der Welt gibt es sogenannte “Escape Rooms”. Hier mietet man sich mit einer Truppe aus Freunden oder Bürokollegen ein – für eine Stunde. Damit sich am Ende die rettende Tür wieder öffnet, müssen viele knifflige Rätsel gelöst werden.
In den Escape Rooms gilt es etwa, inmitten eines nachempfundenen DDR-Szenarios Spionage zu betreiben, das Zimmer eines Serienmörders zu untersuchen oder ein seltenes Comic-Heft in der Wohnung eines Sammlers zu ergattern.
Für viele Rätselfreunde ist es ein großer Spaß, regelmäßig die Herausforderung eines neuen “Exit Rooms” anzunehmen und sich eine Stunde lang einsperren zu lassen. Wichtig ist es dabei immer, im Team zu arbeiten, denn viele Aufgaben lassen sich nur dann lösen, wenn jeder seine besonderen Talente zur Entfaltung bringt und so zum Knacken der Rätsel beiträgt.
Was es unseres Wissens aber noch nie zuvor gab, ist ein Theaterstück, dass sich mit den “Escape Rooms” beschäftigt. Insofern betritt die Autorin Sabine Hrach mit “There is no Escape (Es gibt keinen Ausweg)” echtes Neuland.
Die Schattenlichter (www.schattenlichter.info) haben sich in diesem Jahr für dieses Stück entschieden. Es wurde am 20., 21. und 22. Februar einmal mehr im Gemeindehaus der Evangelischen Paulus-Gemeinde Zehlendorf aufgeführt – am Teltower Damm gleich neben dem Standesamt.
Inzwischen sind die Schattenlichter so bekannt, dass die Vorstellungen jedes Mal ausgebucht sind. Die Zuschauer zahlen fünf Euro für eine Karte – und eine freiwillige Spende nach dem Stück; als dringend benötigter Zuschuss für die Heizkosten.
Über die eigene Gründung sagen die Schattenlichter selbst: “Als vor 40 Jahren ein evangelischer Gemeindepfarrer in der Zehlendorfer Paulus-Kirche mit einigen Konfirmanden am Heiligen Abend ein Krippenspiel aufführte, ahnte niemand, dass diese Gruppe 40 Jahre später noch immer existieren würde. Doch eine Inszenierung folgte der anderen, und so hat die Gruppe nun schon vier Jahrzehnte lang den Menschen aus dem Südwesten Berlins kurzweilige und anspruchsvolle Unterhaltung präsentiert.”
Elke Brumm (53) hat die erste Aufführung noch als Zuschauerin begleitet, inzwischen steht sie seit der zweiten Aufführung selbst mit auf der Bühne. Viele Schauspieler sind seitdem zur Truppe dazugekommen – und wieder gegangen. Elke Brumm ist geblieben. Seit 1988 hat sie die organisatorische Leitung der Gruppe übernommen: “Am Anfang haben wir auch Schattenspiele gezeigt, daher kommt der Name Schattenlichter.”
In den letzten Jahren ist die Schauspieltruppe mit sehr hochwertigen Theateraufführungen bekannt geworden. Die größtenteils schon älteren Zuschauer, die sich über ein Theaterangebot in ihrer Wohnortnähe freuen, konnten so bereits Friedrich Dürrenmatts “Der Besuch der alten Dame”, Bernard Shaws “Pygmalion” oder Jane Austens “Stolz und Vorurteil” auf der Bühne sehen. Auch moderne Stücke wie “Frau Müller muss weg” von Lutz Hübner und Sarah Nemitz oder “Der Vorname” von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière wurden aufgeführt.
Und nun also “There is no Escape”. Worum geht es? Der Spielleiter Timo (Martin Schienbein), seine Assistentin Lena (Imke Seipel) und der Haustechniker Robert (Christof Brumm) haben den neuen Escape Room vorbereitet. Nun kann er endlich bespielt werden.
Die ersten Gäste sind die schwierige und sehr fordernde Firmenchefin Frau von Vietell (wunderbar: Elise Griepe) mit ihrer unterwürfigen und verbal immer wieder misshandelten Assistentin Alexa (Elke Brumm). Sie wollen testen, ob so ein Exit Room etwas für einen Firmenevent wäre.
Heike (Tanja Dappen) und ihr Sohn Frodo (Ottokar Griepe) sind begeisterte Exit-Room-Löser und bringen bereits sehr viel Erfahrung mit. Sie wollen sofort den Teamspirit wecken und mit guter Organisation an die Lösung herangehen.
Davon hält Bernard (herrlich nörgelig: Jean-Pierre Pactat) so rein gar nichts. Er wurde von seiner Frau Silvia (Carola-Kristina Lane) mehr oder weniger dazu gezwungen, bei dem Spiel mitzumachen: Die beiden haben ihre Karten bei einer Verlosung gewonnen.
Während die sechs Teilnehmer auf der Bühne wirklich damit loslegen, knifflige Rätsel zu lösen und damit die Faszination eines Escape Rooms auf die Bühne holen, kommt es zunehmend zu Spannungen zwischen den Zweierteams, aber auch in den Duos selbst. Der Zuschauer hat viel Spaß an diesen Reibereien – und würde sie gern eskalieren sehen.
Leider nimmt das Stück am Ende eine völlig absurde Wendung, die all die schönen Reibereien der Spieler untereinander völlig unbedeutend erscheinen lässt – und aus dem gesamten Escape-Room-Spektakel eine völlig fehlgeleitete persönliche Racheaktion des Spielleiters an einem Spielerpaar macht. Das lässt den Zuschauer komplett ratlos zurück – und zerstört vieles von der tollen Spannung, die das Stück zuvor aufgebaut hat.
Das ist schade, denn insbesondere “Grambowskis letzte Rolle” von Volker Zill aus dem letzten Jahr hatte die qualitative Messlatte ganz, ganz oben angesetzt. Hier möchte man die Autorin des Stücks fragen, warum sie sich am Ende selbst ein Bein stellt. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 132 (3/2025).
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