Scheibes Glosse: Wir verreisen

Noch ist es draußen trübe, kalt und dunkel. Aber der Sommer kommt ganz bestimmt. Und da sich immer der am meisten über günstige Preise freut, der früh bucht, beschäftigen wir uns schon jetzt mit dem Sommerurlaub. Dabei stellen wir fest: Online seinen Urlaub zu buchen, das ist gar nicht so einfach. Fröhlich heran ans Werk. Die Maus ist geölt, die Reiselust ist da, jetzt muss nur noch gebucht werden. Und dafür braucht man ja gar kein Reisebüro mehr, das kann man ja auch sehr gut ganz alleine machen. Im Internet.
Prompt gebe ich in einem Online-Portal den möglichen Start und das angedachte Ende meiner Reise als konkretes Datum ein, benenne ein Ziel und drücke auf “Suche”.
“In Ihrem gewünschten Reisezeitraum können wir leider kein Angebot für Sie finden.”
Wie bitte? Das kann doch gar nicht sein? Ist schon alles ausgebucht? Hmmm. Vielleicht habe ich einfach nur das Zeitfenster zu eng aufgezogen – und an den gewünschten Tagen geht gar kein Flug? Ich setze die beiden Datumsangaben weiter auseinander und sage, in diesem Zeitraum würde ich gern 14 Tage verreisen.
“In Ihrem gewünschten Reisezeitraum können wir leider kein Angebot für Sie finden.”
Ach, die spinnen doch. Nun gut, dann kann ich eben auf dieser Seite nicht buchen. Nehme ich halt eine andere. Prompt bekomme ich eine ganze Liste verschiedener Reiseofferten, die alle sehr gut aussehen. Zu gut. Ich schaue genauer hin und suche den Haken. Mein Bauch sagt, etwas stimmt nicht. Bis ich das kleine Detail finde:
“Ihr Abreiseflughafen: Zürich.”
Was soll ich denn in Zürich? Bis ich da ankomme, ist der Urlaub doch schon wieder vorbei. Ich will von Berlin aus losfliegen, vom BER. Also korrigiere ich die Online-Software und wähle BER als Flughafen:
“In Ihrem gewünschten Reisezeitraum können wir leider kein Angebot für Sie finden.”
Ja, ist das “Versteckte Kamera”? Ich stöhne. Danach klicke ich mich durch tausend verschiedene Optionen, probiere immer wieder etwas Neues aus und habe schließlich endlich die perfekte Reise beisammen. Abflughafen – BER. Check. Hat funktioniert. Aber warum dauert die Reise in Europa plötzlich 14 Stunden? Ich finde heraus: Es gibt einen Zwischenstopp. In Budapest. Neun Stunden lang.
Immer wieder werfe ich meine Urlaubsziele über den Haufen. Zypern – vergiss es. Lanzarote – zu kompliziert. Malta – ich verzweifle. Madeira – auch nix. Am Ende klingt Dubai ganz spannend. Ist auch gar nicht sooo teuer. Aber auch hier gibt es ein Detail, das mir die Reise verdirbt:
“Ihre Rückflugzeit: 3:20 Uhr morgens.”
Da ist die Erholung ja gleich wieder weg.
Aber so schnell gebe ich nicht auf. Ich finde nach stundenlanger Suche endlich eine Flugverbindung, die passt. Ich drücke freudig auf “Weiter”. Und werde gefragt:
“Möchten Sie ein Reisegepäck aufgeben?”
Ja, na klar, du völlig emotionslose, dämliche, viel zu penible, störanfällige, verachtenswerte, dumme Software. Will ich. Der preisliche Aufschlag, der plötzlich erhoben wird, zerschlägt meine gesamte Reisekostenkalkulation, zumal auch noch Gelder für die Sitzplatzreservierungen hinzukommen. Aber mein Gott, dann ist es eben so. Verkaufe ich eben eine Niere. Ich bestätige die Koffer für zwei Personen.
“Vielen Dank, wir haben Ihr Handgepäck aus der Buchung entfernt.”
Bitte?
Am Ende wundern wir uns doch sehr, warum die Reise so teuer geworden ist. Das klang doch zunächst noch ganz anders. Bestimmt eine Stunde starren wir auf den Bildschirm und suchen den Fehler. Da! Wir haben es. Die Software hat uns plötzlich zwei Kinder angehext und im Hotel eine große Suite anstelle von einem Doppelzimmer gebucht. Ja, spinnen die denn? Wir trennen uns von den Kindern. Das hat nur einen Mausklick gedauert.
“Wir buchen für Sie zwei Einzelzimmer.”
Ja, wer hat das denn verlangt? Niemand. Wir klicken und klicken und klicken und sind nach Stunden der emotionalen Eskalation endlich bereit, zwei Wochen Urlaub in einem kleinen Hotel in Portugal zu buchen. Alles ist eingestellt, alles stimmt – und wir klicken endlich auf den Button “Reise verbindlich buchen.”
Geschafft. So schwer war es am Ende doch gar nicht. So können wir uns endlich auf die Sommerferien freuen und einer schönen Auszeit mit Sonne pur entgegenschauen. Bis die Bestätigungs-Mail im Postfach aufpoppt:
“Vielen Dank, dass Sie Ihre Reise bei uns gebucht haben. Wir freuen uns sehr darauf, Sie im April in Portugal begrüßen zu dürfen. Rechnen Sie mit durchschnittlich 13 Grad und Regen.”
Moment. April? Wir wollten doch im Juli fliegen! (Carsten Scheibe)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 131 (2/2025).
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