Känguru – hilft und begleitet in Steglitz: Elternhilfe in den ersten Monaten nach Geburt eines Babys!

Das ist eine tolle Idee: Eltern, die nach der Geburt ihres Kindes überfordert, erschöpft oder niedergeschlagen sind, dürfen kostenfrei eine ehrenamtliche Hilfe anfordern. Das Projekt “Känguru – hilft und begleitet” bringt ehrenamtliche Helferinnen mit Familien in emotionaler Notlage zusammen. Wenigstens ein halbes Jahr lang kommt verlässlich eine Patin für ein paar Stunden in der Woche vorbei, um zu unterstützen. Verantwortlich für Steglitz-Zehlendorf, Teltow und Kleinmachnow ist die Projektkoordinatorin Sophie Gerig.
Kommt ein Baby auf die Welt, kann dieses Ereignis das Leben einer Familie oder der alleinerziehenden Mutter komplett auf den Kopf stellen. Extremer Schlafmangel trifft mitunter auf das Gefühl, eh alles falsch zu machen und mit der Gesamtsituation völlig überfordert zu sein. Dies umso mehr, wenn es auch noch darum geht, eine Berufstätigkeit, den Partner und vielleicht auch weitere Kinder unter einen Hut zu bringen.
Das ehrenamtliche Projekt “Känguru – hilft und begleitet” hat 2007 in Berlin seinen Ursprung genommen und sich von vier Bezirken aus – darunter Steglitz-Zehlendorf – in alle übrigen Bezirke ausgebreitet. Auch in Brandenburg ist “Känguru” präsent. Gegründet wurde “Känguru” von der Diakonie “Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz”. In jedem Bezirk gibt es aber einen eigenen Träger, der sich für “Känguru – hilft und begleitet” begeistert hat.
Das Projekt bietet eine Unterstützung für Eltern in den allerersten Monaten nach der Geburt eines Kindes. Das Angebot ist kostenlos und richtet sich an alle Familien und Alleinerziehenden mit Kindern im ersten Lebensjahr. Eine ehrenamtlich tätige Mitarbeiterin kommt zu den Eltern oder den Müttern nach Hause und unterstützt sie in der Regel einmal in der Woche sowohl emotional als auch praktisch. Die Ehrenamtlichen betreuen das Baby oder passen auf die größeren Geschwister auf. So verschaffen sie der Mutter oftmals die private Zeit, um sich etwa eine ungestörte und ausgiebige Dusche zu gönnen, wichtige Papiere zu ordnen oder drängende Termine wahrzunehmen. Außerdem sind die Känguru-Entsandten oft selbst erfahrene Mütter und somit gute Ansprechpartnerinnen für alle Fragen rund ums Baby.
Die Vermittlerin zwischen den Eltern und den ehrenamtlichen Patinnen ist Sophie Gerig (Diplom-Pädagogin, 36), die ihr Büro in der Steglitzer Albrechtstraße im Gebäude der Markus-Gemeinde hat und seit April 2023 mit an Bord ist: “Ich bin zuständig für das Känguru-Projekt in Steglitz-Zehlendorf und seit August 2024 auch für Familien aus Teltow und Kleinmachnow. Die Ehrenamtlichen können sich auch aus anderen Bezirken bei uns engagieren. ”
Die größte Frage, die sich im Umfeld des Känguru-Projekts stellt, ist diese: Welchen Bedarf an Unterstützung haben die Familien und wie kann dieser gedeckt werden?
Sophie Gerig: “Ich beobachte häufig, dass Familien in Berlin mitunter nur sehr wenig soziale Kontakte haben. Oft liegt das daran, dass sie zugezogen sind, ihre eigene Familie also ganz woanders lebt. Oder die Großeltern sind aus der Großstadt aufs Land gezogen und deswegen auch nicht ohne weiteres zu erreichen. Ich erlebe es immer wieder, dass Eltern gerade zu Beginn ihrer Elternschaft sehr dankbar für jede weitere helfende Hand sind. Aber auch später ist es für die meisten eine unglaubliche Unterstützung zu wissen, dass es da diesen einen Termin in der Woche gibt, an dem sie Zeit für sich oder unerledigte Dinge haben.”
Wie kann so eine Hilfestellung aussehen? Sophie Gerig: “Die Bedarfe sind sehr unterschiedlich. Da gibt es Eltern, die haben schon zwei Kinder. Für sie ist es eine riesige Hilfe, wenn jemand die beiden großen Kinder von der Kita abholt oder sich einmal ausgiebig mit ihnen beschäftigt. Dann gibt es junge Mütter, die ihr erstes Kind bekommen und einfach sehr unsicher im Umgang mit dem Baby sind. Sie freuen sich, wenn sie zwei, drei praktische Fragen stellen können. Die meisten unserer Ehrenamtlichen sind selbst Eltern und kennen sich aus. Oft sagen mir die Mütter, dass sie das Gefühl schätzen, nicht allein zu sein, sondern eine Person zu haben, mit der sie über alles reden können. Andere Mütter sind froh, wenn sich jemand für zwei, drei Stunden um das Baby kümmert, damit sie vielleicht in Ruhe waschen, putzen, den Abwasch schaffen oder kochen können. Wir haben tatsächlich viele Fälle, bei denen die Mütter alleinerziehend sind. Oder Familien, bei denen der Vater viel arbeiten muss, so dass er wenig zu Hause ist.”
Gibt es eigentlich eine Schamgrenze? Tun sich viele Familien schwer damit, um Hilfe zu bitten? Sophie Gerig: “Ja, die gibt es natürlich. Bei uns ist erst einmal jede Familie willkommen! Ich habe das große Glück, dass ich mir mein Büro mit Frau Schröder von der Anlaufstelle für Alleinerziehende in Steglitz-Zehlendorf teile. Wenn sie bei den Eltern einen Unterstützungsbedarf erkennt, verweist sie oft auf mich und das Känguru-Projekt – und bringt mich direkt mit den Müttern zusammen.”
Familien, die Hilfe suchen, melden sich bei Sophie Gerig und machen einen Termin aus: “Wir treffen uns dann bei ihnen zu Hause und sprechen oft eine Stunde oder länger, damit ich mir einen Eindruck verschaffen und den individuellen Unterstützungsbedarf der Familie ermitteln kann. Dann kommt die Familie zunächst erstmal auf eine Warteliste, da wir in der Regel mehr Anfragen haben als zur Verfügung stehende Patinnen. Allerdings entscheiden wir immer nach der Bedarfslage. Ich hatte jüngst den Fall einer alleinerziehenden Mutter, die dringend Unterstützung bei der Versorgung ihrer vier Kinder benötigte. Da ist klar, dass wir so schnell wie möglich helfen. Da gibt es keine Warteliste nach Reihenfolge. Aber unser Projekt überrascht mich immer wieder. Bei der besagten Mutter hatte ich keine freie Patin mehr zur Verfügung – und dann fiel plötzlich eine vom Himmel und ich konnte sie binnen einer Woche mit der Mutter zusammenbringen. Diese ist sehr dankbar für die Unterstützung und die Kinder freuen sich bei jedem Besuch sehr auf die Patin.”
Natürlich ist es nicht immer leicht, den richtigen “Match” zu erzielen. Denn sowohl die Mütter als auch die Patinnen sind auch nur Menschen – mit ihren ganz besonderen Eigenheiten, Meinungen und Erfahrungen. Sophie Gerig: “Oft sind die Eltern und Patinnen nach dem ersten Treffen mit mir ganz begeistert. Danach folgen zwei weitere Treffen ohne mich als Koordinatorin. Wenn dann alle Parteien einverstanden sind, gehen sie über in eine offizielle Familienpatenschaft. Diese wird zunächst auf sechs Monate begrenzt und kann noch einmal auf insgesamt ein Jahr verlängert werden. Unsere Patinnen sind oft gestandene Großmütter, die in ihrem Ruhestand noch eine sinnvolle Aufgabe suchen. Ich hatte aber auch schon sehr junge Patinnen, die studienbegleitend nach einem Ehrenamt gesucht haben.”
Bevor Sophie Gerig als Projektkoordinatorin anfing, arbeiteten neun Ehrenamtliche für “Känguru” – inzwischen sind es 25. Die Patinnen müssen vor dem Start ein erweitertes Führungszeugnis beibringen. Sie werden auch geschult und erhalten Fortbildungen. Verpflichtend ist vor allem der Kurs “Erste Hilfe am Kind”.
Sophie Gerig: “Einmal im Monat haben wir außerdem eine Teamsitzung in meinem Büro. Da besprechen wir, was die Patinnen gerade so erleben. Sie können sich untereinander austauschen und bekommen fachlichen Input rund um das Thema Familie. Ich suche immer Menschen, die Lust haben, sich bei Känguru ehrenamtlich für Familien zu engagieren. Im Moment gibt es auch Kapazitäten dafür, neue Familien aufzunehmen.” (Text/Fotos: CS)
Info: Känguru – hilft und begleitet, Diakonisches Werk Steglitz und Teltow-Zehlendorf, Albrechtstraße 82, 12167 Berlin, Tel.: 0177-3097772, www.dwstz.de
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 130 (1/2025).
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