Bürgerinitiative gegen den geplanten U-Bahnausbau zum Mexikoplatz!
Die Mobilitätswende kommt. Statt ins eigene Auto zu steigen, sollen die Berliner lieber Bus und Bahn nutzen. Um den Umstieg attraktiver zu machen, möchte die BVG gern die U-Bahnlinie 3 verlängern – von der bereits vorhandenen Station “Krumme Lanke” bis zum “Mexikoplatz”. Das Projekt würde in Offenbauweise gut und gern fünf Jahre dauern, den Tod aller Straßenbäume erzwingen und viel Dauerlärm für die Anwohner bedeuten. Dagegen formiert sich nun Widerstand: Eine Bürgerinitiative hat sich gegründet.
Zurzeit wird noch an einem grundlegenden Planfeststellungsverfahren gearbeitet. Trotzdem sollen die Bauarbeiten bereits 2025 beginnen – und wenigstens fünf Jahre lang andauern. Darum geht es: Die BVG möchte gern die U-Bahnlinie 3 über die derzeitige Endstation “Krumme Lanke” weiterführen und sie bis zum Mexikoplatz vorantreiben. Dort könnte man auch den Lückenschluss zum dort bereits vorhandenen S-Bahnhof ermöglichen: Das würde ein Umsteigen von der U- in die S-Bahn erleichtern.
Gegen das anvisierte Abholzen von 176 Straßenbäumen, die lärmintensive Offenbauweise und die lange Bauzeit von wenigstens fünf Jahren sind viele Anwohner in der Argentinischen und in der Lindenthaler Allee, die wenigstens ein halbes Jahrzehnt nicht mehr vor dem eigenen Haus parken könnten und jahrelang auf eine Baustelle schauen müssen.
Einige dieser Zehlendorfer Nachbarn haben sich nun zusammengeschlossen und gemeinsam die Bürgerinitiative “Rettet den Mexikoplatz – Stoppt den U3-Wahnsinn” gegründet. Sogar eine Online-Präsenz gibt es bereits: www.rettet-den-mexikoplatz.de.
Zu den Gründungsmitgliedern der Bürgerinitiative zählt auch Hubertus Primus (68) aus der Beerenstraße: “Wir haben uns eine Woche nach der Offenlegung der BVG-Pläne gegründet, das wird so Ende September gewesen sein. Inzwischen zählen wir über 50 Personen, die alle hier aus der Region kommen. Es gibt auch schon eine Online-Petition (www.change.org/p/keine-u3-bis-mexikoplatz) gegen den Ausbau der U-Bahn, die Anfang November von 750 Personen unterschrieben wurde. Wir sammeln zusätzlich auch vor Ort Unterschriften. Wichtiger sind aber natürlich konkrete Einwendungen gegen das Projekt, die bis zum 15. November eingereicht werden mussten. Da konnten wir Betroffenen dabei helfen, diese Einwendungen aufzusetzen und an die richtigen Stellen zu leiten. Klar ist: Wir lehnen die Baumaßnahme ab und legen aus vielen Gründen Einspruch gegen das Planfeststellungsverfahren ein.”
Warum aber genau lehnen die Zehlendorfer den Ausbau der U-Bahn ab? Auf der Homepage werden viele Gründe aufgezählt. Zehn Jahre Horror-Baustelle, die CO2-Schleuder Tunnelbau, die Zerstörung eines einzigartigen Stadtbildes, der Tod für mehr als 175 Straßenbäume und ein drohendes Verkehrschaos während der Bauzeit gelten hier als Argumente. Dr. Thomas Herr (59) aus der Lindenthaler Allee: “Und hinzu kommt, dass wir es hier mit einer Lärmbelastung zu tun bekommen werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Gesundheitsgefährdung darstellt und einen unzulässigen Eingriff ins Eigentum.”
Hubertus Primus: “Wir sind von den Plänen der BVG nicht begeistert, weil es bereits ein gut funktionierendes Verkehrssystem gibt. Es fahren zwei Busse vom U-Bahnhof ‘Krumme Lanke’ zum S-Bahnhof ‘Mexikoplatz’. Wenn man diese Busse beobachtet, nimmt man keine langen Schlangen wahr, die sich vor den Bussen drängen. Im Gegenteil: Selbst im Berufsverkehr sind die Busse nur mittelmäßig besetzt. Wir sehen gar nicht die Not für den Ausbau der U-Bahn, weil es wahrscheinlich gar nicht so viele Menschen geben wird, die die neue Strecke nutzen werden. Prognostiziert sind ja 1.300 zusätzliche Passagiere pro Tag, das wären sechs Passagiere mehr pro Zug. Dafür vorsichtig geschätzte 150 Millionen Euro auszugeben, halten wir nicht für verhältnismäßig.”
Die Anwohner haben natürlich auch Bedenken wegen der langen Bauzeit. Dr. Thomas Herr: “Hier wird in einer offenen Bauweise gebaut, die Rede ist von fünf Jahren. Danach erst fängt die Bundesbahn an, die Brücke am Mexikoplatz zu erneuern. Da sind wir schon bei sieben Jahren Bauzeit – aber nur, wenn alles nach Plan läuft. Das steht in keinem Verhältnis zum Fakt, dass es hier vor Ort eigentlich kein drängendes Verkehrsproblem gibt, das man lösen müsste.”
Die Anwohner denken mit Schrecken nicht nur an einen unzumutbaren Lärm, an lange Umwege und an die Frage, wo man in Zukunft parken soll, sondern auch an die Gefährdung der eigenen Bausubstanz. Hubertus Primus: “Wir fürchten um die Substanz unserer Häuser. Hier sind ja viele Häuser denkmalgeschützt. Was passiert mit ihnen, wenn sie bei den Bauarbeiten durch Vibrationen durchgeschüttelt werden? Oder wenn das Grundwasser sinkt? Direkt am Bahnhof soll ja bis zu 35 Meter tief gebaut werden.”
Dr. Thomas Herr: “Wir gehen davon aus, dass die Kosten explodieren werden. Es gibt einen Senatsbeschluss vom 13. Februar, in dem man sich für das BVG-Projekt ausspricht, weil man von 103 Millionen Euro Kosten ausgeht und diese Ausgabe in einer Nutzen-Kosten-Untersuchung für mehr Nutzen als Kosten sprechen würde. Nun hat man aber für den Ausbau der U-Bahn verschiedene Varianten vorgestellt – und in keiner der untersuchten Varianten finden sich diese 103 Millionen Euro wieder. Die Nutzen-Kosten-Analyse ist leider nicht öffentlich zugänglich. Hier fordern wir, genau das zu ändern. Wir argumentieren auch, dass diese Nutzen-Kosten-Analyse von Leuten erstellt worden ist, die ein hohes wirtschaftliches Eigeninteresse daran haben, dass diese Planung realisiert wird, beauftragt von einem Senat, der ein hohes politisches Interesse daran hat, dass das Projekt vorangeht. Deswegen fordern wir eine unabhängige Überprüfung dieser Nutzen-Kosten-Analyse. Unsere dritte Forderung ist, dass der derzeitige Kostenstand transparent gemacht wird. Zu jeder Planung gehört immer auch eine Kostenberechnung. Diese Kostenberechnung ist aber leider nicht Teil der offengelegten Planfeststellungsunterlagen.”
Hubertus Primus: “Daran schließt sich unsere Frage an: Können diese Kosten auch tatsächlich gestemmt werden? Der Senat geht derzeit davon aus, dass der Bund bis zu 75 Prozent der Kosten trägt. Die Frage ist, wie sicher ist diese Finanzierung? In einer Zeit, in der viele Förderungen wegen Geldknappheit zurückgenommen werden?”
Wollen die Zehlendorfer ihren Protest mit allen Mitteln durchbringen? Sehen Sie eine Chance, den U-Bahn-Bau aufzuhalten? Dr. Thomas Herr: “Jetzt gibt es zunächst einmal ein allererstes Planfeststellungsverfahren, dann muss die Planung überarbeitet werden und es folgt ein Planfeststellungsbeschluss. Gegen den wird man im Zweifel, wenn unsere Einwendungen nicht ausreichend berücksichtigt wurden, auch juristisch vorgehen müssen. Viele von uns werden bereits anwaltlich vertreten.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 128 (11/2024).
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