Bis zum Mexikoplatz: Die U-Bahnlinie U3 wird um eine Station verlängert!
Die Zehlendorfer freuen sich: Sie können gleich an vier Stationen in die U-Bahnlinie U3 einsteigen – und sind im Nu in der Großstadt oder am Ku’damm. Nun möchte die BVG die U-Bahnlinie ausbauen und über die Station “Krumme Lanke” bis zum Mexikoplatz verlängern. Dazu muss allerdings ordentlich gebuddelt werden. Das Vorhaben wird fünf Jahre dauern und 176 Straßenbäume das Leben kosten. Viele Anwohner fürchten, für viele Jahre auf eine laute Baustelle zu schauen.
Die Menschen sollen in Zukunft besser auf ihr Auto verzichten und lieber den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) benutzen. Schließlich kommt man auch mit Bus und Bahn schnell ans Ziel, vor allem in einer Großstadt wie Berlin. So wünscht es sich die Politik.
Wenn man das Auto unattraktiver machen möchte, muss natürlich gleichzeitig die Attraktivität des ÖPNV wachsen. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) stellen sich dieser Aufgabe. Eine der aktuellen Maßnahmen wandelte sich ziemlich schnell von der ersten Idee zum fest anvisierten Vorhaben: Die U-Bahnlinie U3 soll über den letzten Bahnhof “Krumme Lanke” hinaus verlängert werden und zwar bis zum Mexikoplatz.
Am Mexikoplatz gibt es ja bereits einen gut etablierten S-Bahnhof. Stößt an dieser Stelle nun auch noch die U-Bahn hinzu, entsteht ein Knotenpunkt, der einen komfortablen Umstieg zwischen S- und U-Bahn erlaubt. Das soll ein paar tausend Menschen mehr aus dem Einzugsgebiet Zehlendorf auf die Schiene bringen. Pro Tag.
Allerdings stehen vor dem gemütlichen Fahren in der U-Bahn erst einmal Bauarbeiten an, die die Menschen in den Häusern rechts und links der geplanten Bahntrasse ziemlich stark beeinträchtigen werden: Die Bauzeit wird auf fünf Jahre geschätzt und es heißt schon jetzt im Zehlendorfer Amtsblatt: “Während der Bauzeit (…) ist u.a mit Lärm- und Erschütterungsemissionen, baubedingtem Lieferverkehr und Einschränkungen des Straßenverkehrs auf Argentinischer und Lindenthaler Allee vom Krankenhaus Waldfriede bis zur Potsdamer Chaussee zu rechnen.”
Klar ist, dass nicht alle Zehlendorfer mit dieser Entwicklung zufrieden sind. Schauspielerin Katja Bienert: “Da durchaus mehrere Busse von Krumme Lanke über den Mexikoplatz Richtung Lindenthaler Allee und Potsdamer Chaussee fahren, ist die U-Bahn-Erweiterung ein überflüssiger Kropf und ein Millionengrab. Man wird ja auch noch ein paar Schritte laufen können.”
Aber worum geht es eigentlich? Die U-Bahnlinie U3 soll erweitert werden vom Bahnhof “Krumme Lanke” bis zum Mexikoplatz. Es gibt am Bahnhof “Krumme Lanke” bereits eine unterirdische Aufstellanlage, die unter der Straße noch weiter in die Argentische Allee hineinragt. Hier finden zwei U-Bahn-Züge Platz, die hier über Nacht geparkt werden. Diese Anlage reicht unterirdisch in etwa bis zur Höhe vom “Haus am Waldsee”.
Vom Ende dieser Aufstellanlage sind es noch 728 Meter bis zum Mexikoplatz. Der zukünftige U-Bahntunnel wird aus Kostengründen in “offener Bauweise” errichtet. Dazu werden die Argentinische Allee und auch die sich nach dem Mexikoplatz anschließende Lindenthaler Allee komplett aufgerissen.
Während der Baumaßnahmen werden auf beiden Seiten der Straße ein Bürgersteig, ein Fahrradweg und eine Fahrspur für Autos und Busse freigehalten – das gibt das Berliner Mobilitätsgesetz vor. So können die Hausbewohner rechts und links neben der Baustelle weiter zu ihren Grundstücken gelangen. Die Parkplätze an der Straße werden aber während der Bauphase nicht mehr zur Verfügung stehen.
Außerdem müssen sämtliche Bäume an der Strecke gefällt werden. Die Rede ist hier von 176 Straßenbäumen.
Am Mexikoplatz wird ein barrierefrei zugänglicher U-Bahnhof mit 155 Meter langen Seitenbahnsteigen errichtet, der sich auf der Süd-Seite in Richtung Düppel an den denkmalgeschützten Platz anschließen wird.
Die Aufstellanlage, die nun am Bahnhof “Krumme Lanke” umgewidmet wird, muss am neuen Bahnhof “Mexikoplatz” neu entstehen. Diese neue Anlage fällt deutlich größer aus als die alte, wie Projektleiter Torsten Brenner auf einer Infoveranstaltung am 30. September 2024 erklärte: “Um auf der U3 einen Fahrtakt von fünf Minuten anbieten zu können, benötigen wir auf der Strecke bislang 19 Züge im Umlauf. Kommt nun ein weiterer Bahnhof neu zur U3 hinzu, brauchen wir bereits 20 Züge. In der Aufstellanlage müssen dann drei Züge Platz finden.”
Aus diesem Grund wird die neue Aufstellanlage größer als die alte, im Gespräch sind 457 Meter. Die unterirdischen Arbeiten reichen 602 Meter in die Lindenthaler Allee hinein und damit bis 80 Meter an die kreuzende Potsdamer Chaussee heran.
Wichtig ist auch noch das: Während der Arbeiten, die direkt am Mexikoplatz und an der Brücke stattfinden, muss die Straße an dieser Stelle komplett gesperrt werden – und zwar wahrscheinlich für 15 Monate. Dann wird die für den Bezirk und für den Verkehr nach Kleinmachnow so wichtige Hauptverkehrsachse für eine lange Zeit blockiert sein. Der Verkehr muss sich andere Wege suchen.
Wer nun Angst bekommt, dass bereits morgen die ersten Bagger anrücken: So einfach ist das Bauen in einer Großstadt nicht. Die BVG hat nun gerade erst das sogenannte “Planfeststellungsverfahren” losgetreten. Das bedeutet, dass es zunächst einmal nur einen Plan gibt, wie sich die BVG eigentlich die Umsetzung der anvisierten U-Bahn-Verlängerung vorstellt.
Nun können alle Menschen, Firmen, Behörden und Institutionen, die von diesen Plänen betroffen und vielleicht auch benachteiligt sind, Einwendungen einreichen, um so vielleicht noch einen berechtigten Einfluss auf die Umsetzung zu nehmen. Die Planfeststellungsbehörde ist die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (www.berlin.de/planfeststellungen/), die alle Unterlagen vom 16. September bis zum 15. Oktober an verschiedenen Stellen öffentlich auslegt.
Bis zum 15. November müssen die Einwendungen eingereicht sein, danach werden sie gesichtet, gewichtet und ggf. in die Planungen mit einbezogen. Ist dann irgendwann ein Planfeststellungsbeschluss da, entsteht das sogenannte Planrecht, dann erst beginnt die eigentliche Entwurfsplanung. Daran schließt sich ein Ausführungsplan an. Und am Ende müssen auch noch Unternehmen gefunden werden, die das Projekt in die Tat umsetzen – das kann dauern.
Allerdings soll das Projekt, das auf 75 Prozent Förderung vom Bund hofft, trotzdem bis 2030 abgeschlossen sein. Projektleiter Torsten Brenner: “Wenn alle konzentriert an diesem Plan mitwirken, können wir das auch schaffen. Wir möchten das Band 2030 durchschneiden.”
Ein Teil der Baumaßnahmen wird allerdings so oder so bereits im April 2025 beginnen: Die bereits 1928 gebaute Aufstellanlage ist marode und weist “Schäden auf, die in absehbarer Zeit die Standsicherheit und die Betriebssicherheit gefährden können”. Hier besteht also sowieso Handlungsbedarf. Da das Bauwerk an dieser Stelle schon existiert, muss in diesem Bereich kein Planfeststellungsverfahren erfolgen, es kann sofort gebaut werden.
Zehlendorfs Bestsellerautorin Monika von Ramin (70) sorgt sich als direkte Anwohnerin im Bereich der Lindenthaler Allee: “Der Verlust an Lebensqualität ist für die Anwohner während der Baumaßnahmen enorm. Mein Mann ist auf den Rollstuhl angewiesen, ich weiß nicht, wie ich ihn ohne Parkplatz vor der Tür ins Auto bewegen soll. Es wurde uns auch mitgeteilt, dass der neue U-Bahnhof ‘Mexikoplatz’ nicht als klassische Endstation konzipiert wird. Wächst Berlin weiter, könnte die Strecke noch bis nach Kleinmachnow weiter ausgebaut werden. Ich habe Angst, dass wir bis ans Ende unseres Lebens aus unserem Fenster auf eine Baustelle schauen werden.”
Sorgen macht sich die Autorin auch um den Baulärm: “Wichtig ist hier die Planungsunterlage 12! Da steht, welche Häuser wie stark unter der Lärmbelästigung der Baustelle leiden werden. Für unser Haus heißt es, dass wir in 55 Prozent der Bauzeit mit über 65 Dezibel rechnen müssen, in der Spitze mit Lärm bis zu 80 Dezibel. Das heißt, dass wir es mindestens zwei Jahre lang mit krankmachendem Lärm zu tun bekommen, der weit über dem zulässigen Maß liegt. Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass sich bereits ein Geräuschpegel mit 65 Dezibel negativ auf den Kreislauf, den Hormonaushalt und das Gehirn auswirkt.”
Um den Anwohnern eine Stimme und auch eine Diskussionsgrundlage zu geben, hat Monika von Ramin übrigens die offene Facebook-Gruppe “U-Mexikoplatz-Anwohner” ins Leben gerufen. Hier können sich die Betroffenen untereinander austauschen und auf dem Laufenden halten.
Was passiert eigentlich nach dem Bau? Aus den Unterlagen geht hervor, dass im Anschluss an die Baumaßnahmen 249 neue Bäume nachgepfanzt werden. Auch sollen 54 Fledermauskästen und 24 Vogelnistkästen entlang der neuen Strecke montiert werden.
Angst um den denkmalgeschützten Mexikoplatz braucht sich kein Zehlendorfer zu machen: Die Baumaßnahmen betreffen nur die Argentinische Allee und beschränken sich auf den Straßengrund. Der Platz soll am Ende der Baumaßnahme wieder denkmalgerecht hergerichtet werden.
Als Problem könnten sich allerdings noch verschiedene flankierende Baumaßnahmen erweisen. Zurzeit verlegen die Wasserbetriebe neue Rohre im späteren Streckenverlauf der U-Bahn. Eine Absprache scheint es hier nicht zu geben. BVG-Projektleiter Torsten Brenner: “Wenn die Rohre für uns an der falschen Stelle liegen oder den falschen Durchmesser aufweisen, wäre das echt eine Katastrophe.”
Auch die Deutsche Bahn flankiert mit ihren Überlegungen in den U-Bahn-Ausbau hinein. Denn die bestehenden DB-Eisenbahnüberführungen in der Lindenthaler Allee sind dringend sanierungsbedürftig. Die drei Brückenstränge am Mexikoplatz müssen in der Folge ersetzt werden. Allerdings wird diese Sanierung erst beginnen, wenn die neue U-Bahnstation bereits fertiggestellt ist. Heißt für die Anwohner: Nach der Baustelle ist vor der Baustelle.
Übrigens: Die Erweiterung der U-Bahnlinie U3 wird auch Einfluss auf die regelmäßig fahrenden Busse haben, die zurzeit noch den Mexikoplatz ansteuern. Sie werden zum Teil eine neue Strecke zugewiesen bekommen. (Text: CS / Fotos: CS / Visualisierung der Strecke: BVG)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 127 (10/2024).
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