“Halbpension mit Leiche” in Kleinmachnow: Wenn lauter pathologische Mörder eine Pension eröffnen!
Seit 2017 gibt es das “Kammertheater Kleinmachnow”. Es spielt regelmäßig in den “Neuen Kammerspielen Kleinmachnow”. Nachdem im letzten Jahr bei “Das Komma” Freundschaften bei der Diskussion um die korrekte Kommasetzung auf einer Glückwunschkarte zerbrochen sind, ging es in diesem Jahr direkt ans Leben der Schauspieler: Bei “Halbpension mit Leiche” versuchten passionierte Killer, zusammen eine Pension zu eröffnen.
Die Psychologin Dr. Hufenreuther (Lea Rosanke) hat es auch nicht leicht. Sie wacht über eine Selbsthilfegruppe wirklich netter Leute. Das einzige Problem ist, dass die Teilnehmer ihrer Gruppe nicht das Rauchen oder Trinken aufgeben möchten, sondern – das Morden. So stellen sie sich auch in der Gruppe vor: “Mein Name ist … – und ich habe seit …. Tagen niemanden mehr um die Ecke gebracht.”
Aber vielleicht gibt es ja tatsächlich eine Heilung für die pathologischen Mörder? Und damit mitunter auch die Aussicht auf ein ganz normales Leben jenseits von Messer, Gift und Würgetuch.
Tatsächlich wagen die Mörder den nächsten Schritt in die Normalität – und eröffnen zusammen eine kleine Pension für Übernachtungsgäste. Gemeinsam schwören sie sich, sich nicht mehr von ihren tödlichen Marotten überwältigen zu lassen.
Aber was sollen sie machen, wenn ausgerechnet ihre Psychologin der erste Gast in der Pension ist? Sie hat ihren Ehemann Hajo (Sarah Kamm) mitgebracht, den sie sehr gern “loswerden” würde. Und sie weiß ja genau, wie sie ihre Patienten triggern muss.
Tantchen (Cornelia von Hammerstein) wird vor lauter Empathie mordlüstern, sobald jemand traurig ist. Ingolf (Andreas Linck) hat Angst vor Bakterien und mag es nicht, wenn jemand Dreck verteilt. Pretty (Dagmar Keck) ist ein Herz von einer Seele, aber ihr darf niemand mit Alkohol kommen. Jaya (Bettina Rosin) rastet aus, wenn jemand Tiere quält. Und der wortkarge Horst (Michael Esser) kann es nicht haben, wenn er im wahrsten Sinne des Wortes rot sieht.
Zunächst schafft es die Killertruppe noch sehr gut, sich gegenseitig vom Morden abzuhalten, auch wenn Hajo Rot trägt, Alkohol trinkt und erzählt, dass er traurig ist, weil die Maulwürfe seinen Garten umgraben. Weswegen er sie beseitigen möchte. Als dann aber noch eine Prüferin vom Hotelverband (Friederike Schröder) vorbeikommt, öffnen sich alle Schleusen.
Nach “Spiel’s nochmal, Sam” von Woody Allan, “Tiramisu” von Michael Dangl, “Homeoffice – Du machst Dir kein Bild” von Bernd Spehling und “Das Komma” von Thomas Rau ging es nun beim “Kammertheater Kleinmachnow” also weiter mit der “Halbpension mit Leiche”. Die Premiere fand am 12. April statt, der letzte Vorhang fiel am 28. April.
Eins kann man ganz klar sagen: Das Stück war ganz wunderbar. Alle Figuren im Stück sind auf den ersten Blick so wundervoll normal, herzlich und sympathisch. Der knorrige und wortkarge Horst überzeugt da ebenso wie die schrille Rampensau Pretty oder der phobische Sauberkeitsfanatiker Ingolf, der die Desinfektionsflasche niemals aus der Hand legt. Und diese netten Leute sollen morden können? Also vor allem dem grundsoliden Tantchen würde man das einfach nicht zutrauen!
Aber dann kommt diese fiese Psychologin um die Ecke und nutzt ihr Wissen aus den Selbsthilfesitzungen, um die Trigger der Killer so lange zu kitzeln, bis jede Selbstbeherrschung schwindet. Das ist herrlich komisch und für das Publikum ein wahres Vergnügen.
Und das aus zwei Gründen. So haben sehr viele Theaterkomödien das Problem, dass sie stark anfangen und dann ebenso stark nachlassen. “Halbpension mit Leiche” nimmt von der ersten Sekunde an ordentlich Tempo auf und schafft es, Tempo und Lacher bis zur letzten Sekunde zu halten. Als Zuschauer geht man da zufrieden und kichernd nach Hause.
Viele Theaterstücke haben zusätzlich das Problem, dass einzelne Rollen alle anderen überstrahlen. Das war etwa im letzten Jahr bei “Das Komma” so, als Michael Esser als pedantischer Besserwisser in Sachen Grammatik alle Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich zog.
Das ist bei “Halbpension mit Leiche” ganz anders. Alle Figuren wissen zu begeistern und zu überzeugen, sie stehen alle auf einem Niveau nebeneinander. Das ist auch für die Schauspieler eine tolle Erfahrung, wenn sie merken, dass ihre Rolle gleichberechtigt zu allen anderen ist.
Warum das im neuen Stück so ist, hat einen wirklich ungewöhnlichen Grund. Tatsächlich wurde die Krimikomödie vom Autorenteam “Die Acht” geschrieben. Zu diesem Team gehören acht bekannte Buchautoren, darunter Sandra Lüpkes, Jürgen Kehrer, Carsten Sebastian Henn, Tatjana Kruse, Ralf Kramp, Sabine Trinkaus, Peter Godazgar und Kathrin Heinrichs. Sie hatten sich ins idyllische Kamp-Bornhofen am Rhein zurückgezogen, um gemeinsam das Theaterstück zu schreiben. Dabei war jeder Autor für eine Figur und ihre Hintergrundgeschichte verantwortlich. Das erklärt, warum jede Figur so liebevoll mit einer eigenen Vita und einer ganz speziellen Tonalität ausgestattet ist.
Es hat auf jeden Fall viel Spaß gemacht, dieser netten Pensionstruppe dabei zuzuschauen, wie es ihr trotz der emotionalen Handicaps gelingt, die neu eröffnete Pension auf Kurs zu halten. Das Stück war ein echter Volltreffer, das trotz der schwarzhumorigen und mörderischen Gags sehr zum Lachen animiert hat.
Wer das nächste Stück der munteren Theatertruppe nicht verpassen möchte, informiert sich hier: www.kammertheater-kleinmachnow.de. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 122 (5/2024).
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