Das Theater Nikolassee spielte: “Meine Leiche, deine Leiche”
1978 ging es los mit einem Kinderstück. Seitdem unterhält das “Theater Nikolassee” möglichst in jedem Jahr mit einem neuen Stück, das im Gemeindesaal Nikolassee aufgeführt wird. In diesem März wurde die Kriminalkomödie “Meine Leiche, deine Leiche” gespielt. Inspektor Irre muss den Mord an einem Industriellen aufklären, den wirklich jeder leidenschaftlich gehasst hat. Am 2. März wurde Premiere gefeiert.
Was für ein Unsympath. Der Unternehmer Albrecht Greifenbrecht (Michael Hammer) spricht ungefiltert aus, was er über seine Mitmenschen denkt. Und das ist nichts Gutes. Seinen Sohn Dieter (Pascal Swietlik) begrüßt er herrisch mit dem Spruch “Du Loch in meinem Portemonaie”. Aber auch seine eigene Ehefau (Sylvia Kandschur), seine Schwester (Gabriele A. Heckenkamp), seinen Kompagnon (Michael Winter) und seinen Buchhalter (Stefan Schramm) behandelt er denkbar schlecht. Seinen Teilhaber hat er aus der Firma gemobbt, den Sohn enterbt und seinen Buchhalter entlassen. Auch seiner chronisch abgebrannten Schwester dreht er den Geldhahn zu.
Den Zuschauern flogen am 2. März die despotischen und fiesen Sprüche nur so um die Ohren. So begann das neue Stück “Meine Leiche, Deine Leiche”, das aus der Feder von Christine Steinwasser stammt.
Das Theater Nikolassee (www.theaternikolassee.de) gibt es bereits seit über vierzig Jahren. Es handelt sich bei der schauspielenden Truppe um eine Gemeindegruppe der Evangelischen Kirchengemeinde Nikolassee, die Freude daran hat, sich jedes Jahr ein neues Theaterstück zu Eigen zu machen. Jedes neue Stück wird immer nur ein halbes Dutzend Mal gespielt. “Meine Leiche, Deine Leiche” wurde am 2. März das erste Mal aufgeführt – am 16. März war der Spaß auch schon wieder vorbei. Die Besucher mussten keinen Eintritt bezahlen, konnten bei einer guten Flasche Wein und einem Snack an Tischen Platz nehmen – und einen schönen Abend genießen. Erst am Ausgang wurde um eine Spende gebeten, um die Theatergruppe zu unterstützen und den Gemeindesaal Nikolassee zu erhalten.
Nach “Klabautermann und Stiefelsuppe” in 2022 und “Der Komödie im Dunkeln” in 2023 ging es in diesem Jahr also mit einer Leiche weiter. Denn die von Albrecht Greifenbrecht so geschundenen Kollegen und Familienmitglieder (“Kommt zu dir ein Greifenbrecht, geht es ihm wohl ganz schön schlecht”) ertragen die übergriffige Attitüde des Dispoten nicht mehr – und beschließen allesamt unabhängig voneinander, den Chef zu vergiften.
Inspektor Ingo Irre (Andreas Kandschur) und sein Assistent Walter Denkste (Pascal Swietlik) sollen in der Folge den noch frischen Mord aufklären, den Hausmeister Alfons (Lutz Jacob) gemeldet hat. Aber wie soll das funktionieren, wenn die Leiche immer wieder verschwindet?
Die tiefschwarze Kriminalkomödie weiß zu überzeugen. Am Anfang ist man regelrecht schockiert und auch paralysiert von der herabwürdigenden Art des Firmenchefs, den man binnen weniger Minuten zu hassen lernt. Für Schauspieler Michael Hammer muss es eine irre Freude gewesen sein, eine so fiese Rolle zu spielen. Genüsslich schaut man den Akteuren deswegen dabei zu, wie sie unabhängig voneinander einen Giftmord planen. Und durchführen.
Die Leiche verschwindet aber immer wieder – und sorgt so in der zweiten Hälfte des Stücks für ein klamaukiges Verwirrspiel: Ja, wo ist der Tote denn? Da muss der Inspektor wohl richtig gründlich ermitteln. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 120 (3/2024).
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