FC Viktoria aus Lichterfelde: Die „Himmelblauen“ möchten den Frauen-Fußball verändern!
Die Frauen-Mannschaften stellen im Fußball oft nur das B-Team der Männer – und stehen in ihrem Schatten. Das soll sich nun grundlegend ändern. Das Frauenteam vom FC Viktoria wurde von visionären Gründerinnen in eine Start-up-GmbH überführt. In nur fünf Jahren soll das Team aus der Regionalliga in die erste Bundesliga aufsteigen. Beim ersten „Karls Game Day“ am 2. April konnte bereits bester Fußball bestaunt werden.
So eine revolutionäre Idee hat es im deutschen Fußball lange nicht gegeben. Sechs Gründerinnen haben sich im Sommer 2022 zusammengeschlossen, um den Fußball in Deutschland auf den Kopf zu stellen. Sie haben das Frauenteam des FC Viktoria 1889 Berlin (www.fcviktoria.com) übernommen und es in eine ausgegliederte GmbH übertragen.
Das Ziel ist es nun, dieses Frauenteam mit Geld, Knowhow, weiteren Sponsoren und viel Medienpräsenz mit Vollgas aus der Regionalliga in die erste Bundesliga zu führen. Dieser Marsch durch die verschiedenen Ligen soll für mehr Sichtbarkeit, für die gleiche Bezahlung wie bei den Männern und für deutlich mehr Anerkennung von Frauen im Sport sorgen. Der passende Spruch zur Idee lautet: „This club is a game changer.“
Zu den sechs Gründerinnen gehören neben der ehemaligem deutschen Fußballnationalspielerin und zweimaligen Weltmeisterin Ariane Hingst auch die Unternehmerin und Investorin Verena Pausder, die Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wärme Berlin AG Tanja Wielgoß, die ehemalige Fernsehmoderatorin und Sportjournalistin Felicia Mutterer, die Mitgründerin und Geschäftsführerin von BRLO Craft Beer Katharina Kurz und die Brand- und Marketingexpertin Lisa Währer.
Verena Pausder: „Als Gründerin bin ich es gewohnt, groß zu denken. Dass ich einmal mit fünf anderen tollen Frauen ein Fußballteam übernehmen werde, hätte ich mir aber nie erträumt.“
Inspiriert wurden die Gründerinnen übrigens von der amerikanischen Schauspielerin Natalie Portman, die bereits 2020 den Fußballklub „Angels City FC“ gründete, um darauf aufmerksam zu machen, dass „die US-Fußballerinnen weltweit erfolgreich sind und trotzdem um ein Vielfaches weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.“
Das ist freilich in Deutschland nicht anders. Katharina Kurz: „Oder wer denkt bei der Sporthauptstadt Berlin an Frauenteams?“ Und Tanja Wielgoß sagt: „Wir wollen nicht länger nur reden oder darauf warten, dass Frauen sich ihren Platz im Fußball erobern. Wir wollen selbst die Beschleunigerinnen für Fairplay im Sport sein.“
Das Female Movement für mehr Geschlechtergerechtigkeit im Sport setzt aber nicht nur auf idealistische Gründe. Auch der wirtschaftliche Faktor ist nicht zu vernachlässigen. Die Anzahl der Frauen- und Mädchenteams im Fußball hat sich in den letzten 15 Jahren glatt verdoppelt. Viele Firmen haben die neue Zielgruppe erkannt und investieren bereits Millionenbeträge für ein Marketing gezielt im Mädchen- und Frauenfußball.
Die gebürtige Berlinerin Ariane Hingst: „Wir sind uns sicher, die Zeit ist jetzt reif für Frauen im Fußball, auch in Berlin. Ich will diese Veränderung aktiv mitgestalten und nicht nur von der Seitenlinie aus beobachten.“
Lisa Währer: „Unsere Vision von einer gleichberechtigten Teilnahme von Frauen im Fußball ist herausfordernd. Etablierte Vereins- und Verbandsstrukturen müssen dafür aufgebrochen werden, ein Wandel braucht Zeit.“
Aber: Die frische, mutige und angriffslustige Idee, den Frauenfußball sichtbar für ganz Deutschland aus dem Regionalfußball in die erste Liga zu bringen, kommt an. So konnte Franziska van Almsick für den Aufsichtsrat begeistert werden. Und 87 größtenteils weibliche Investoren wie Maria Höfl-Riesch, Carolin Kebekus, Nikeata Thompson, Dunja Hayali oder Lea-Sophie Cramer haben in den letzten Monaten bereits in Happen von 10.000 bis 15.000 Euro eine ganze Million Euro Kapital in das Team investiert. Mit StepStone und Douglas stehen auch schon zwei namhafte Werbepartner und Sponsoren bereit.
Erste Erfolge greifbar: FC Viktoria ist auf Platz 1 der Tabelle in der Frauen-Regionalliga Nordost
Erste Erfolge sind für die „Himmelblauen“, wie die kickenden Frauen vom FC Viktoria auch genannt werden, bereits sichtbar.
Sie stehen (Stand 5. April) in der Frauen-Regionalliga Nordost souverän nach 19 Spielen auf Platz 1 der Tabelle – mit 51 Punkten und einem Torverhältnis von 115:13. Auf die beiden Nachfolger in der Tabelle – 1. FC Union und Türkiyemspor Berlin – gibt es solide vier Punkte Vorsprung.
Am 2. April konnten sich 491 Zuschauer vor Ort vom Vorwärtsdrang der Frauen vom FC Victoria überzeugen.
Im Stadion Lichterfelde ging es gegen die Frauenmannschaft von FC Hertha 03 Zehlendorf in den Kampf um den Ball. Die „Himmelblauen“ holten sich am Ende den Sieg mit 7:0 Toren, alleine sechs Tore fielen in der 1. Halbzeit. Für ihr Team traten Aylin Yaren, Danya Barsalona, Marlies Sänger, Louise Jona Trapp und Hannah Janina Behrend den Ball ins Netz.
Der Spieltag am 2. April wurde vom Sponsor Karls, der seit September mit an Bord ist, zum allerersten „Karls Gameday“ erhoben. So war auch Maskottchen Karlchen mit vor Ort, um Freikarten und Lollis an die Kinder zu verteilen. Robert Dahl, Inhaber der Karls Erlebnis-Dörfer: „Wir von Karls sind sehr sportbegeistert. Wir haben die Energie beim FC Viktoria gespürt und direkt gewusst, da wären wir super gern mit dabei. Ich finde die Idee einfach mega und bin so froh, dass wir da mitmachen können. Wenn wir auf Platz 1 in der Liga bleiben, wird es wohl ein Relegationsspiel gegen den HSV aus der Nordliga geben. Wenn wir da am 18. Juni gewinnen, können wir direkt in die 2. Liga aufsteigen.“
Investorin Verena Pausder war beim Sieg des Frauen-Teams am 2. April ebenfalls mit vor Ort: „Man muss zu uns ins Stadion kommen, weil Frauenfußball einfach Spaß macht, weil hier immer etwas los ist und weil wir echten Offensivfußball spielen. Wir sind dabei ein echter Game Changer, weil wir nicht nur antreten, um selbst vorne zu stehen, sondern weil wir versuchen zu zeigen, wie cool Frauenfußball sein kann und weil das vielleicht auch für andere Zielgruppen interessant ist als der Männerfußball.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 109 (4/2023).
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