Domäne Dahlem: Nachwuchs beim Deutschen Sattelschwein!
Auf der Domäne Dahlem gibt es zurzeit tierischen Nachwuchs. Das Deutsche Sattelschwein Ruby hat zum ersten Mal Ferkel bekommen. Sieben kleine Schweinchen flitzen nun im eingezäunten Außengelände umher: Die Zehlendorfer haben den Nachwuchs bereits ins Herz geschlossen. Die Ferkel sind sehr willkommen: Die Domäne Dahlem hilft dabei, diese vom Aussterben bedrohte Nutztierart am Leben zu erhalten.
Die Domäne Dahlem direkt am U-Bahnhof „Dahlem Dorf“ ist ein Museum, aber zugleich auch ein Landgut, auf dem die Besucher die saisonale Bio-Landwirtschaft hautnah miterleben können. Auf einer Fläche von zwölf Hektar wird ganz aktiv Ackerbau betrieben. Auch Gemüse und Obst werden angebaut. Zugleich ist die Domäne ein sogenannter Archehof. Hier werden bedrohte Nutztier- und Haustierarten gezüchtet, die ansonsten vom Aussterben bedroht sind. Das betrifft nicht nur das Deutsche Sattelschwein, sondern auch das Rauwollige Pommersche Landschaf, die Schraubenhörnige Bulgarische Langhaarziege und das Rote Höhenvieh.
Ganz wichtig: Die Domäne Dahlem ist trotzdem kein Streichelzoo. Das Leitmotiv heißt nicht umsonst „Vom Acker bis zum Teller“. Die Besucher erfahren demnach vor Ort auch, wie die Pflanzen und Tiere im landwirtschaftlichen Zyklus verwertet werden. Das bedeutet, dass das Deutsche Sattelschwein durchaus auch geschlachtet wird – und die Steaks im eigenen Hofladen verkauft werden oder in der Gastronomie auf den Teller kommen.
Zurzeit bekommt der Archehof wieder die geballte Aufmerksamkeit der Besucher, die frei über das Gelände flanieren dürfen. Denn die einjährige Sau Ruby hat „geferkelt“ und nur allzu niedlichen Nachwuchs bekommen. Die sieben Ferkel erkunden zurzeit neugierig ihre Welt und können dabei aus nächster Nähe beobachtet werden.
Astrid Masson ist auf der Domäne Dahlem für den Bereich Landwirtschaft verantwortlich. Sie stellt das Deutsche Sattelschwein vor, das auf der Roten Liste der GEH (Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V.) geführt wird: „Das Deutsche Sattelschwein ist vom Aussterben bedroht. Es gibt zurzeit weltweit nur noch 200 Herdbuchsauen, die für die Züchtung eingesetzt werden. Wir hatten zwei Sauen, mussten aber eine abgeben, um besser auf die Schweinepest vorbereitet zu sein. Sollte es zu einem Schweinepestfall in der Region kommen, müssten wir die Tiere zwingend im geschlossenen Stall unterbringen. Da haben wir aber nur Platz für eine Sau.“
Wie kommt es nun aber, dass diese besondere Schweinerasse so sehr in Vergessenheit geraten ist? Astrid Masson: „Das Deutsche Sattelschwein ist ein Fettschwein. Es hat ein sehr schön fettmarmoriertes Fleisch. Das würde ich bei einer Blindverkostung immer herausschmecken können, das ist schon etwas Besonderes. Die Rasse hat auch sehr viel Bauch- und Rückenspeck. Das war früher einmal wichtig, als die Menschen noch körperlich hart gearbeitet haben und Kalorien etwas sehr Gutes waren. Seit etwa den 50er Jahren hat sich das umgekehrt. Die Menschen arbeiten nicht mehr so schwer und bewegen sich viel weniger. Sie achten nun auf mageres Fleisch. Das hat dafür gesorgt, dass das Deutsche Sattelschwein einfach nicht mehr nachgefragt wurde. Ich persönlich bin sehr dafür, diese alten Nutztierrassen zu erhalten. Denn man weiß ja nie, was in 50 Jahren ist. Vielleicht brauchen wir dann wieder ein genügsames und für die Freilandhaltung geeignetes Fettschwein.“
Sattelschwein Ruby hat nun ihre Ferkelchen. Sieben Schweinchen – das ist für einen Schweinewurf noch eine sehr geringe Zahl. Für einen ersten Wurf passt das aber. Damit sie bei Kräften bleibt, wird die 280 Kilo schwere Sau eimerweise mit gedämpften Kartoffeln, trockenem Schrot und Rüben aus eigener Produktion gefüttert.
Astrid Masson: „Bei der Geburt der Ferkel mussten wir nicht helfen, das hat Ruby ganz alleine geschafft. Oft findet die Geburt mitten in der Nacht statt.“
Im ersten Wurf von Ruby sind vier „perfekte“ Schweinchen zu finden, die die klassische Farbzeichnung eines Deutschen Sattelschweins zeigen. Sie haben einen weißen „Sattel“ auf schwarzem Grund. Im Wurf finden sich aber auch drei komplett schwarze Tiere. Astrid Masson: „Diese Tiere sind per se nicht für die Zucht geeignet. Aus jedem Wurf sind immer nur sehr wenige Tiere zuchtfähig. Bei den Sauferkeln müssen diese etwa auch zwingend mindestens sieben Zitzen auf jeder Seite haben. Natürlich muss sich auch jemand finden, der züchten möchte – und ein Tier abnimmt. Ansonsten werden die Schweine verwertet, wie es in der Landwirtschaft eben üblich ist. Normalerweise sind Schweine nach sechs Monaten schlachtreif. Unsere Tiere sind sieben bis neun Monate alt, wenn ich sie selbst zum Schlachter fahre. Sie kommen dann vakuumiert und in kleinen Portionen wieder zurück. Das Fleisch wird über unseren Hofladen vor allem an Familien, also Endverbraucher verkauft.“
Unter Rubys erstem Nachwuchs finden sich fünf Eberferkel. Auch sie können nicht für die Zucht verwendet werden – sie werden kastriert. Astrid Masson: „Das müssen wir tun, auch hier ist die Schweinepest Schuld. Wenn wir die Schweine in den Stall bringen müssen, würde es ansonsten zu einer ungeplanten Vermehrung kommen.“
Auf der Domäne Dahlem (www.domaene-dahlem.de) werden die Schweine im Freien gehalten, es gibt für sie nur eine dick mit Stroh eingestreute Hütte. Einmal im Jahr geht es auf eine neue Weide, auf der Weide selbst findet ein Umzug etwa alle drei Monate statt. Astrid Masson: „Wenn die Schweine auf eine neue Wiese kommen, ist die nach wenigen Tagen nicht mehr grün, sondern schwarz. Auf der Suche nach Insekten und Würmern wird die ganze Scholle umgegraben. Die Schweine buddeln richtig tiefe Löcher. Es ist viel Arbeit, das wieder zu beseitigen.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Zehlendorf Aktuell“ Ausgabe 106 (1/2023).
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