Scheibes Glosse: E-Mobilität – Was passiert, wenn unterwegs der Akku plötzlich alle ist!
Das mit der E-Mobilität ist eine tolle Sache. Mit meinem Hyundai Kona brause ich emissionsfrei von einem Termin zum anderen, tanke abends in der heimischen Wallbox und genieße es, seit Monaten an jeder Tankstelle vorbeizufahren. Aber wehe, es geht einmal etwas schief. Wie an jenem Tag, an dem ich am Abend zuvor zu faul war, den Akku noch mal aufzuladen. // An einem schönen Tag im Juni hatte ich einen richtig langen, harten Pressetag. …
Es war brütend heiß und ich war als Reporter erst beim Schleusenfest in Schönwalde-Glien, dann stundenlang beim Bogenschieß-Turnier in Dallgow-Döberitz und anschließend direkt im Garten von Schloss Ribbeck beim Smokie-Live-Konzert. Alles lief gut, ich hatte weit über tausend neue Bilder in der Kamera und konnte fast ausschließen, dass das Dauerbesonnen meiner haarlosen Birne irgendetwas im Oberstübchen durcheinandergebracht hat.
Ich fahre ein E-Auto. Das hatte an diesem schönen Tag im Juni allerdings nur noch eine eingeschränkte Reichweite. Aber als Fuchs, der ich nun einmal bin, hatte ich alle meine Strecken im Vorfeld genau durchgerechnet und wusste, dass ich abends „auf der letzten Rille“ wieder im eigenen Carport landen würde. Da wartete die Steckdose auf mich.
An dem Abend landete ich also fix und fertig im heimischen Carport – und schloss das Auto gleich mit dem langen Kabel aus dem Kofferraum an die Wallbox an.
Danach schnappte ich mir meinen Presserucksack und merkte bereits beim Hochheben – der ist aber ganz schön leicht. Panisch öffnete ich ihn – und wirklich, die sauteure Kamera mit den Fotos des Tages lag nicht mehr länger darin. Ich musste sie beim Interview mit Smokie im Saal von Schloss Ribbeck auf dem Tisch liegengelassen haben!
Das erklärte ich stammelnd meiner Frau, die sofort zu meinen Schlüsseln griff und meinte: „Du bist ja völlig durch den Wind, ich fahr dich rasch.“
Unterwegs auf der Autobahn sagte ich ihr das erste Mal: „Schatz, es gibt da etwas, was ich dir sagen muss. Wir haben nicht mehr viel Saft im Tank“.
Genau genommen waren es mickrige 66 Kilometer Restleistung, die das E-Auto anzeigte. 33 Kilometer nach Ribbeck, 33 wieder nach Hause, das müsste sich doch eigentlich ausgehen. Tat es aber nicht. Wir hatten nur noch 20 Kilometer Rest, als wir vor Ort ankamen.
Zum Glück wartete der Schlossherr bereits mit meiner Kamera auf mich – was für eine Erleichterung. Aber wie sollten wir nun wieder nach Hause kommen? Zurück auf der Autobahn begann plötzlich das gesamte Auto rot zu blinken. Ausnahmesituation! Sofort anhalten! Jetzt laden! Gefahr! Batterie alle!
Ach du je. Ich fischte das Handy aus der Tasche und ließ mir die öffentlichen Strom-Tankstellen in der direkten Umgebung im Radius von 20 Kilometern anzeigen. Nichts. Stromwüste. Doch, da, es gab eine einsame Strom-Tankstelle genau vor dem Rathaus Nauen. Mit dem wirklich allerletzten Funken Strom kamen wir in der Parkbucht an.
Es war Zeit für eine zweite Beichte: „Schatz, es gibt da noch etwas, was ich dir sagen muss. Ich habe das Stromkabel im Carport liegen lassen, weil wir so hektisch aufgebrochen sind.“
Meine Frau war kurz vor dem Kollabieren. Der Sohn war zudem in Potsdam unterwegs, ewige Fahrkilometer entfernt. Ich rief ihn trotzdem an.
Er war gerade in diesem Moment Zuhause eingetroffen, weil in Potsdam zu viele lästige Mücken unterwegs waren. Ich schickte ihm via WhatsApp den Standort in Nauen und bat ihn, uns das Stromkabel aus dem Carport zu bringen. Eine halbe Stunde später war er da. Mit dem Kabel, das die Stromsäule mit dem Auto verband.
Ich schaute meiner Frau tief in die Augen: „Schatz, es gibt da etwas, was ich dir auch noch sagen muss. Meine Stromkarte zum Aktivieren der Säule liegt wegen unserem Kurzurlaub in Lissabon noch aussortiert in der Schreibtischschublade.“
So langsam schaute mich meine Frau an, als wäre ich ein furchtbar hässliches Insekt mit viel zu vielen Beinen und langen, borstigen Haaren: „Das. ist. alles. nicht. dein. Ernst.“ Sie bereute anscheinend den Impuls, mir helfen gewollt zu haben. Sie hätte vor dem Fernseher in Ruhe weiter chillen können. Nun hing sie in Nauen fest.
Zum Glück schaffte ich es, die Stromsäule mit der Hilfe einer App und der Kreditkarte meiner Frau (meine eigene ging nicht) freizuschalten und den Strom fließen zu lassen.
Wortlos brauste meine Frau mit dem Sohn davon. Ich hingegen musste eine halbe Stunde warten, dann hatte ich wieder ausreichend Strom im Akku, um ebenfalls die Heimreise antreten zu können.
Anmerkung: Sonst inspiriert mich die Wirklichkeit ja immer nur zu meinen Glossen. Dieses Mal stimmt aber ohne Übertreibung jedes einzelne Wort. Fragen Sie meine Frau! (Carsten Scheibe)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 100 (7/2022).
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