Brasilianischer Kampftanz Capoeira: Jeroen Weinand unterrichtet in Steglitz-Zehlendorf!
Karate, Wing Chun, Kung-Fu, Judo, Kendo oder Aikido – es gibt so viele verschiedene Kampfsportarten. Aber wie wäre es denn zur Abwechslung einmal mit der Capoeira? Jeroen Weinand unterrichtet den brasilianischen Kampftanz in Steglitz-Zehlendorf – und sucht noch Schüler, die gern mit ihm „tanzen“ möchten. Der Kampfsport Capoeira wurde vor langer Zeit von afrikanischen Sklaven entwickelt, die in der Kolonialzeit nach Brasilien verschifft wurden. Jeroen Weinand: „Den Sklaven war es in Brasilien unter hohen Strafen verboten, einen Kampfsport auszuüben. … (ANZEIGE)
… Aus diesem Grund haben sie ihre eigenen Kampftechniken in einem Tanz versteckt – und vor allem ihre wirksamen Drehtritte in eine ganz besondere Tanzakrobatik eingebettet.“
Kämpfe finden in der Capoeira in einem Kreis statt, der von den Zuschauen, anderen Capoeiristas und Musikern gebildet wird. Dieser Kreis wird „Roda“ genannt. Die Musiker sind nicht ohne Grund vor Ort. Ohne Musik kann es keinen Tanz geben. Während eines Kampfes wird immer auch Musik gespielt. Hier kommt vor allem das Berimbau zum Einsatz. Das ist ein Musikbogen mit nur einer einzelnen Saite.
Jeroen Weinand: „Da die Capoeira damals verboten war, bekommt jeder Capoeirista einen eigenen Capoeira-Namen. So konnte er damals in der Gruppe angesprochen werden, verriet aber seinen richtigen Namen nicht. Diese Tradition gibt es noch immer. Mein Capoeirista-Name ist etwa Modelo.“
Jeroen Weinand stammt aus Koblenz, lebt aber bereits seit sechs, sieben Jahren in Berlin: „In Koblenz bin ich oft aufgefallen, weil ich immer irgendwie ‚anders‘ war. Dann hat es mich auf einer Klassenfahrt nach Berlin verschlagen und ich wusste sofort, das wird meine Stadt. Hier kann jeder sein, wie er sein möchte – und niemand stört sich daran.“
Der Capoeirista lebt in Friedrichshain, baut aber gerade eine neue Capoeira-Gruppe vom in Koblenz gegründeten „Centro Cultural Arte Capoeira“ in Steglitz-Zehlendorf auf. Das „Centro Cultural Arte Capoeira“ (www.cc-arte-capoeira.com) wurde 2007 von Mestre Pará gegründet. Inzwischen gibt es weitere Dependancen auch in Lahnstein, Rhens und Berlin sowie in vielen Städten Brasiliens wie Belém, Macapá, Gurupá und Fortaleza.
Das Training in Berlin-Steglitz findet immer am Freitag von 16:30 bis 18 Uhr im Gardeschützenweg 57 in der Nähe vom S-Bahnhof „Botanischer Garten“ statt. Jeroen Weinand leitet die Berliner Gruppe: „Wir haben direkt vor Corona mit dem Training begonnen. Wir haben zwar öfters einmal im Park trainiert, Corona hat uns aber trotzdem ganz schön ausgebremst. Nun wollen wir verstärkt durchstarten. Schüler zahlen für das Training 30 Euro im Monat, Erwachsene 40 Euro. Eine Trainingseinheit dauert immer anderthalb Stunden, wobei die letzte halbe Stunde gemeinsam musiziert wird. Das Training ist natürlich auch für Frauen da. Ab einem Alter von 16 Jahren kann man einsteigen, nach oben hin gibt es keine Grenze. Mein Mestre sagt immer: Wenn man Stress hat oder traurig ist und deswegen eigentlich das Training absagen möchte, dann muss man erst recht gehen. Da kommt die gute Energie her, die einen durch den Tag bringt.“
Keine Frage ist: Sport tut gut. Jede Bewegung unterstützt den Organismus dabei, gesund zu bleiben. Jeroen Weinand: „Bei der Capoeira steigt jeder neue Teilnehmer auf seinem ganz eigenen Level in das Training ein. Jeder trainiert mit seiner Kondition und seiner Beweglichkeit. Die Capoeira ist auch kein Kontaktsport, es kommt beim Training zu keinen harten Berührungen. Wir kämpfen nicht, wir tanzen. Der Tänzer stellt mit seiner Bewegung eine Frage – und bekommt eine Antwort. Wir schulen die Reflexe, wir nehmen einen neuen Kontakt mit unseren Sinnen auf.“
Auch bei der Capoeira gibt es Prüfungen und ein Gürtelsystem. Einsteiger beginnen mit einem Weiß-Gurt, die Mestre tragen am Ende einen roten Gurt.
Jeroen Weinand hat einen grünen Gürtel umgebunden: „Den habe ich gerade erst in Koblenz bekommen. In Koblenz ist auch mein Mestre, der mich unterrichtet und anweist. Als Capoeirista ist es immer wichtig, andere Gruppen zu besuchen und hier den Tanz zu suchen, wie wir den Kampf ja lieber nennen. In der eigenen Gruppe kennt man schon bald die typischen Bewegungen der anderen Capoeirista. Um sich weiterzuentwickeln, lohnt sich der direkte Wettbewerb mit anderen Sportlern aus der ganzen Welt. Ein Capoeirista reist deswegen sehr gern.“
Die Verständigung mit Capoeirista aus anderen Ländern der Welt sollte kein Problem sein. Jeroen Weinand: „Bei der Capoeira sprechen wir alle Portugiesisch – wie im Ursprungsland Brasilien. Die wichtigsten Wörter lernt man im Training sehr schnell. Und es kann auch im normalen Lebensalltag nicht schaden, sich auch in dieser Sprache verständigen zu können.“
Hat sich Jeroen Weinand selbst schon einmal mit Capoeira zur Wehr setzen müssen?
Er sagt dazu: „Ich musste Capoeira zum Glück noch nie in meinem Leben einsetzen. Capoeira gibt mir aber sehr viel Selbstvertrauen und auch ein gutes Gefühl für brenzlige Situationen. Ich habe durchaus den Eindruck, dass mein Selbstvertrauen Leute davon abhält, Streit mit mir zu suchen. Sollte es einmal zu einem Kampf kommen, so weiß ich, wie ich Bewegungen ausweichen und den Schwung und die Kraft des Gegners für mich nutzen kann.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 100 (7/2022).
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