Toms Korallen aus dem Goerzwerk: Bunte Korallenableger für Aquarienfreunde!
In Deutschland gibt es über 10.000 Salzwasser-Aquarianer, die sich in ihrem Wohnzimmer ein eigenes Korallenriff aufbauen. Für die winzigen Korallentierchen sorgt Thomas Meyer aus Berlin, der sie mit großem Fachwissen vermehrt und so mit dafür sorgt, dass sie nicht der Natur entnommen werden müssen. In seiner Zentrale im Goerzwerk entstehen zurzeit zwei riesige Referenz-Aquarien. (ANZEIGE)
Das Goerzwerk ist ein gewaltiger Aggregator für ungewöhnliche Startups und Firmen. Ganz egal, ob es um süffige Cocktails aus der Flasche, um Wandverkleidungen aus Moos, um nachhaltigen Tee oder um recycelte Akkus aus E-Autos geht: Im ehemaligen Industriebau geben sich Deutschland coolste Firmengründer die Klinke in die Hand. Inzwischen gehört auch Thomas Meyer (42) mit „Toms Korallen“ zum Goerzwerk dazu. Der Westfale, der der Liebe wegen nach Berlin gezogen ist, hat Medieninformatik, Design und Medienwissenschaft studiert und arbeitet als Interaktionsdesigner für verschiedene Firmen: „Hier beschäftige ich mich damit, wie die Anwender mit den Dingen umgehen. Es geht darum, die Hardware so zu gestalten, dass die Nutzer sofort verstehen, wie sie am besten genutzt wird.“
Seit 2005 ist Thomas Meyer begeisterter Meerwasseraquarianer und hat sich hier ein gewaltiges Wissen angeeignet. Das gibt er als „Korallen-Influencer“ auch in einem eigenen Video-Kanal auf YouTube weiter, der inzwischen knapp 5.000 Follower begeistert.
Thomas Meyer: „Das mit den Korallen, das war am Anfang noch ein reines Hobby. Inzwischen ist das Züchten von Korallen für mich aber längst ein zweites Business geworden. Da ich mein Geld als Interaktionsdesigner verdiene, habe ich die Möglichkeit, die Gewinne aus dem Korallenverkauf gleich wieder zu reinvestieren, so dass wir schnell wachsen können. Ich beschäftige mich hier vor allem mit der Vermehrung von klein- und großpolypigen Steinkorallen, mit Weichkorallen und mit Anemonen.“
Was viele nicht wissen: Eine Koralle, wie man sie etwa aus einem Riff im Meer kennt, ist tatsächlich kein einzelnes Tier, sondern stattdessen eine Ansammlung vieler kleinster, Kolonien bildender Nesseltiere, die Kalk absondern und auf diese Weise ein pflanzenähnliches Skelett ausbilden, auf dem sie dann sitzen.
Thomas Meyer: „Die geschlechtliche Vermehrung von Korallen ist sehr kompliziert. Wir haben uns deswegen auf die asexuelle Vermehrung konzentriert. Dabei entfernen wir mit dem Skalpell ein kleines Stück aus der Koralle und kleben es mit Industriekleber, Zement oder Heißkleber auf einen flachen Substratstein. Diese Stücke nennen wir ‚frags‘, es sind im Grunde genommen Ableger. Die Ableger kommen in ein Salzwasserbecken. Bis sie in den Verkauf können, dauert es etwa vier bis sechs Wochen.“
Die Kundschaft von „Toms Korallen“ wohnt nicht in der Nachbarschaft. Das Geschäft mit den Korallensprößlingen findet fast vollständig über den eigenen Online-Shop statt. Thomas Meyer: „In Deutschland gibt es über 10.000 Salzwasser-Aquarianer. Viele bestellen inzwischen Korallen und Anemonen bei uns. Wir verschicken unsere ‚frags‘ in mit Meerwasser gefüllten Gläsern. Die Korallen werden dabei im Deckel festgeklemmt, die Halterung dafür habe ich selbst im 3D-Drucker gestaltet.“
Ein bis zwei Jahre dauert es, bis eine Koralle groß genug ist, damit sich für wirtschaftliche Zwecke Ableger von ihr ziehen lassen. Bei „Toms Korallen“ gibt es inzwischen 250 Zuchtstöcke, die auf diese Art und Weise zum Einsatz kommen. Thomas Meyer: „So sind wir ganz autark und können unsere Ableger aus dem eigenen Fundus heraus generieren. Inzwischen wissen wir auch ganz genau, wie wir für besonders schöne Farbschläge sorgen können.“
Angefangen hat Thomas Meyer mit recht hochpreisigen kleinpolypigen Steinkorallen: „Am Anfang hatte ich nicht viel Platz und musste zusehen, dass ich mit meinen Ablegern gleich gutes Geld verdiene. Diese Art Korallen erfordern allerdings viel Vorwissen beim Halter. Inzwischen haben wir auch Korallen im Verkauf, die für Einsteiger geeignet sind und die schneller wachsen. Trotzdem gibt es noch immer sehr viele Fragen. Ich bekomme am Tag an die 50 Anfragen von Salzwasser-Aquarien-Betreibern, die mich über WhatsApp, Facebook, Instagram oder seltener auch per Mail oder über das Telefon ansprechen.“
Werden doch einmal neue Stammkorallen benötigt, so stammen diese aus Indonesien. Thomas Meyer: „Ich habe hier sehr gute Verbindungen und kann so ganz neue Farbvarianten nach Deutschland holen. Die Korallen werden von mir klimatisiert und so lange in Ruhe wachsen gelassen, bis ich sie beschneiden kann. Dann sind sie an die Haltung im Aquarium angepasst und farbstabil. In Indonesien hat sich sehr viel getan. Die Korallen werden inzwischen in Lagunen im offenen Meer gezüchtet – befestigt mit Kabelbindern an einem Maschendrahtzaun. So gibt es keine Entnahmen aus der freien Natur mehr. Im Gegenteil: Die Züchter sind verpflichtet, einen Teil ihrer Korallen zu spenden, damit die originalen Riffe neu aufgebaut werden können. Da sie besonders farbenfrohe Korallen auswildern, werden die so veränderten Riffe zu einem bunten Unterwasser-Disneyland für tauchende Touristen. Und: Die Indonesier haben so eine stabile Einnahmequelle gefunden und gehen nicht mehr mit Sprengstoff im Riff fischen, um ihre Familie zu ernähren.“
Viele der Korallen leben in Symbiose mit Algen, die Photosynthese verwenden, um aus Licht Zucker zu machen. Eine andere Art der Ernährung ist es, Plankton aus dem Wasser zu filtrieren. Thomas Meyer: „Das Plankton fehlt im Aquarium, deswegen geben wir Aminosäuren und Nährstoffe ins Wasser. An unseren Becken hängen viele Sensoren und Computer, die ständig die Schlüsselwerte überwachen und mir diese auch aufs Handy übertragen. Die Karbonathärte ist hier am wichtigsten.“
Um Parasiten wie z.B. Plattwürmer oder störende Algen von den Korallen fernzuhalten, braucht es im Aquarium auch immer bestimmte Fische und Garnelen, die für diese Pflege verantwortlich sind.
Einen Wunsch hat Thomas Meyer selbst noch: „Ich würde gern die Weichkorallen der Art Dendronephthya nachzüchten. Sie wächst dort, wo es ein wenig dreckiger im Meer ist. Aber: Niemand weiß eigentlich, wovon sie sich ernährt. Keiner weiß, wie man sie halten kann. Das ist noch immer der Heilige Gral der Korallenfreunde.“ (Text/Fotos: CS)
Info: Toms Korallen, Goerzwerk, Goerzallee 299, 14167 Berlin, www.toms-korallen.de
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 99 (6/2022).
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