Scherz beiseite: Schattenlichter aus Zehlendorf spielen einen Krimi von Agatha Christie!
Was in der Zeitung steht, stimmt immer? Das wäre schlimm. Denn im Lokalblättchen von Chipping Cleghorn wurde eine Anzeige gedruckt. Und diese kündigt einen Mord an, der abends im Haus der Letty Blackwood stattfinden soll. Aber: Wen möchte man um die Ecke bringen? Und warum? Die Zehlendorfer Theatergruppe Schattenlichter geht diesen Fragen auf den Grund – und bringt das Stück „Scherz beiseite – A Murder is Announced“ von Agatha Christie auf die Bühne des Zehlendorfer Gemeindehauses.
Agatha Christie hatte wahrlich eine mörderische Fantasie. Dutzende bis ins Detail ausgetüftelte Krimigeschichten sind vor drei Generationen erschienen. Die recht mordlüsterne Episode „A Murder is Announced“ erschien bereits im Juni 1950 – es war der 40. Kriminalroman der bekannten britischen Autorin, die mit „Tod auf dem Nil“ gerade wieder im Kino zu sehen ist.
In „A Murder is Announced“ lernen wir Letty Blackwood kennen, die im kleinen Ort Chipping Cleghorn lebt – zusammen mit ihrem langjährigen Freund Don Bunner alias „Bunny“. Die Gartengestalterin Philippa wohnt ebenfalls im großen Landhaus. Auch ihre Nichte Julia und der Neffe Patrick sind gerade vor Ort zu Besuch.
Eine Ankündigung in der lokalen Zeitung strapaziert die Nerven der illustren Truppe. Dort steht, dass es am Abend einen Mord im Haus der Letty Blackwood geben soll. Als dann tatsächlich eine Pistole knallt, ist dies das Signal für Inspektor Craddock, die Ermittlungen zu übernehmen. Gut, dass auch die Hobbyermittlerin Miss Marple zufällig in Chipping Cleghorn Urlaub macht. Sie entdeckt sicherlich noch das eine oder andere für die Aufklärung des Falls wichtige Detail, das der Inspektor vielleicht übersehen könnte.
Die Schattenlichter (www.schattenlichter.info) gibt es in wechselnder Besetzung bereits seit 37 Jahren. In der Regel führen die Theaterschauspieler ein Stück im Jahr auf, das immer an drei aufeinander folgenden Tagen gespielt wird. Die Agatha-Christie-Umsetzung „Scherz beiseite“ ist bereits das 40. Stück.
Im Februar 2020 konnte das Ensemble noch die DDR-Geschichte „Barbara“ aufführen. 2021 war eine weitere Aufführung vor Publikum aufgrund der Corona-Lage nicht mehr möglich. In diesem Jahr entstand deswegen aus vielen kleinen gefilmten Beiträgen der Film „Die Mauer wird noch in 100 Jahren stehen“, der im September 2021 aufgeführt wurde.
Scherz beiseite: Wer möchte hier eigentlich wen umbringen?
2022 konnte nun endlich wieder ein neues Stück präsentiert werden. Die Schattenlichter spielten „Scherz beiseite“ am 24., 25. und am 26. Februar – im Gemeindehaus der Evangelischen Paulus-Gemeinde Zehlendorf gleich neben dem Standesamt am Teltower Damm.
Der Eintritt betrug einmal mehr nur fünf Euro. Das ist eine Gebühr für einen vergnüglichen Theaterabend, die das meist schon ältere Publikum im Saal sehr gern bezahlt: Für kleines Geld bekommt es einen Abend lang die perfekte Unterhaltung präsentiert – und das direkt vor der eigenen Haustür und ohne den Druck, für das Theater extra bis in die City fahren zu müssen.
Das Ensemble der Schattenlichter wandelt sich zurzeit wieder sehr, manche Schauspieler, die seit vielen Jahren mit an Bord sind, erkennt man sofort wieder, andere vermisst man, andere sind ganz neu.
Eine sichere Bank bei den Schattenlichtern ist sicherlich Carola-Kristina Lane als Letitia Blackwood. Um sie rankt sich ein besonderes Geheimnis, das wird dem Zuschauer schnell klar. Zumal ihr Freund Bunny langsam etwas senil wird und sich das eine oder andere Mal verplappert. Als Bunny tritt übrigens Bernd Charnow auf, der Zehlendorfern kein Unbekannter ist. Ihm und seiner Frau gehören das Elektrofachgeschäft „Elektro Schäffler“ in der Ladenstraße vom U-Bahnhof „Onkel-Toms-Hütte“. Charnow gehört erst seit 2020 zu den Schattenlichtern – und musste für seine neue Rolle ganz schön altern.
Was es mit der Nichte Julia (Elise Griepe) oder dem Neffen Patrick (Martin Schienbein) auf sich hat? Verbirgt die Mieterin Philippa (Jessica Schröder) etwas? Was ist mit dem Nachbarn Gérard Dupont (Jean-Piette Pactat)? Und vielleicht hat ja sogar die ausländisch klingende Haushälterin Milay (Emine Schreiber) Dreck am Stecken? Irgendwie hat jeder ein Geheimnis. Aber Inspektor Craddock (Elke Brumm) und Miss Marple (Martina Kiese) ermitteln ja schon.
Ein Knaller – die Haushälterin Milay
Die wenigsten unter den Zuschauern werden den Roman von Agatha Christie gelesen haben. Oder sich noch daran erinnern, wie die Geschichte ausgeht. In der Folge konnten die Zuschauer von „Scherz beiseite“ während des ganzen Stücks mitfiebern, wer nun eigentlich wen aus welchen Gründen um die Ecke gebracht hat.
Das Team der „Schattenlichter“ ist auf jeden Fall auch trotz der langen Corona-Pause bestens aufeinander eingespielt. So sehr, dass es für die Schauspieler kein Problem war, in das Stück auch noch einen Spendenaufruf für die eigene Truppe unterzubringen. Denn Tatsache ist, dass es schon immer sehr teuer war, den großen Theatersaal im Gemeindehaus zu heizen. Im Zuge der aktuellen Energiekrise sind die Preise aber noch einmal explodiert. Und so freuten sich die „Schattenlichter“ zum Ende des Stücks sehr über freiwillige Spenden der zufriedenen Zuschauer.
Elke Brumm, die als Inspektorin im Stück ermitteln durfte: „Die Pandemie hat uns die Vorbereitungen für das neue Stück sehr erschwert, da es von der Erstellung des Hygienekonzepts über Einbahnstraßenregelungen, Abstandshalter, Impfcodekontrollen und das ewige Erinnern ans Maskentragen sehr viel zusätzlich zu organisieren gab. Aber es hat sich mehr als gelohnt: Das Gefühl, endlich wieder vor Publikum spielen zu können, war grandios! Es war für uns vor allem bei der Premiere immer sehr überraschend, an welchen Stellen das Publikum lacht oder mucksmäuschenstill ist. Als die Zuschauer weg waren, haben wir noch lange auf der Bühne zusammengesessen, die Torte aus dem Stück aufgegessen und die Publikumsreaktionen ausgewertet. Es ist schon ein tolles Hobby, das wir da haben!“
Zuschauer Uwe Lachmann aus Zehlendorf war begeistert: „Ich schaue mir seit Jahren jedes Stück der Schattenlichter an. Man merkt, dass die Schauspieler für ihr Stück alles geben und voller Begeisterung mit dabei sind. Besonders hat mir aber die Haushälterin Milay gefallen. Emine Schreiber war für mich die humoristische Entdeckung des Stücks.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 96 (3/2022).
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