Grüne Oase: Neue Köpfe mit neuen Plänen für die Domäne Dahlem!
Die Domäne Dahlem präsentiert sich auf 12 Hektar als Freilichtmuseum für Agrar- und Ernährungskultur. Der wohl „einzige Bio-Bauernhof in Deutschland mit eigenem U-Bahn-Anschluss“ betreibt vor Ort eine umfassende Landwirtschaft nach den Bioland-Regularien und kommt seinem Bildungsauftrag auch mit einem eigenen Museum und der Dauerausstellung im Culinarium nach. Steffen Otte und Tobias Frietzsche haben vor kurzem die Leitung übernommen – und einiges vor. (ANZEIGE)
Seit 800 Jahren wird auf dem ehemaligen Rittergut, auf dem heute die „Domäne Dahlem“ zu finden ist, Landwirtschaft betrieben. Inzwischen kümmert sich eine Stiftung darum, weiterhin Nutztiere zu halten und Obst und Gemüse nach Bio-Richtlinien anzubauen, das sich sogar im eigenen Hofladen einkaufen lässt.
Ziel ist es dabei immer, einen gewissen Lehrauftrag zu erfüllen, um der Bevölkerung gerade in der Großstadt den „Weg der Lebensmittel vom Feld und von der Weide bis auf den eigenen Teller“ aufzuzeigen.
Nach fünf Jahren hat nun die Leitung vor Ort gewechselt. Auf Marit Schützendübel folgt erstmals eine Doppelspitze. Steffen Otte ist der Direktorenvorstand in der Stiftung. Und Tobias Frietzsche wird Geschäftsführer in der Veranstaltungsgesellschaft und übernimmt die Verwaltungsleitung der Stiftung Domäne Dahlem.
Wann haben Sie eigentlich Ihre Arbeit aufgenommen?
Tobias Frietzsche: „Wir haben am 1. Oktober 2021 begonnen, sind jetzt also fünf Monate dabei. Die Arbeit hat uns schnell in Beschlag genommen. Steffen Otte und ich ticken aber zum Glück auf einer Wellenlänge. Die Arbeit macht uns sehr viel Spaß.“
Viele Berliner wissen gar nicht, dass die Domäne Dahlem nicht nur zu besonderen Veranstaltungen geöffnet hat.
Steffen Otte: „Ja, das stimmt. Wir müssen insbesondere den Eingangsbereich an der Königin-Luise-Straße neu und einladender gestalten. Ich kann mir vorstellen, hier einen übersichtlichen Lageplan zu präsentieren, der die Wege durch die Domäne Dahlem aufzeigt und das Gelände vorstellt. Viele kennen zwar unseren Hofladen, der vor allem in der Corona-Zeit einen sehr großen Zulauf erfahren hat. Sie wissen aber nicht, dass es möglich ist, jederzeit und kostenfrei über das Gelände zu spazieren, um die Tiere zu besuchen und etwa den Kürbissen beim Wachsen zuzuschauen.“
Worauf werden Sie in der nahen Zukunft vermehrt achten?
Steffen Otte: „Unser Fokus liegt ganz klar darauf, als ein Ort der Vermittlung aufzutreten. Wir möchten, dass die Besucher immer auch etwas lernen und dieses Wissen mit nach Hause nehmen. Uns spielt in die Hände, dass unsere eigenen Themen zurzeit absolut angesagt sind. Bei uns geht es um die Ernährung und das Klima, um gelebte Nachhaltigkeit und um gesundes Essen. Die Domäne Dahlem ist der Ort, an dem sich diese Themen besonders anschaulich umsetzen lassen – auf dem Feld, aber auch im Museum. Das Culinarium beschäftigt sich ja sogar dauerhaft mit einer Ausstellung zum Thema Ernährung. Im Museum wird es wechselnde Ausstellungen geben.“
Tobias Frietzsche: „Wir möchten sehr handlungsorientiert arbeiten. Schulklassen, die uns besuchen, sollen die Möglichkeit bekommen, Kartoffeln selbst aus der Erde zu holen oder einen vom Feld gepflückten Kürbis zu einer Suppe zu verarbeiten. Gerade das Saisonale erfährt man sehr gut auf der Domäne Dahlem. Es gibt immer etwas zu ernten. Aber was das genau ist, gibt eben der Saisonkalender vor. Wir schaffen so das Bewusstsein, dass es nicht unbedingt sinnhaft ist, das ganze Jahr über nach Erdbeeren zu verlangen. Denn die Erdbeeren, die in der Saison nicht wachsen, müsste man klimaschädlich erst mit dem Flugzeug einfliegen.“
Steffen Otte: „Bei der Landwirtschaft gibt es übrigens nicht nur Schwarz und Weiß. Ich möchte gern klassische Landwirte und ihre Großgeräte zu uns einladen, um auch diese Form der Landwirtschaft zu zeigen und sie hier vor Ort zu diskutieren. Wir wollen ganz klar keine Meinungspolizei sein, sondern unsere Besucher dazu befähigen, sich selbst eine Meinung zu bilden.“
Kennt sich die Stadtbevölkerung denn noch mit der Landwirtschaft aus?
Steffen Otte: „Ein gewisses Vorwissen ist auf jeden Fall vorhanden. Viele Besucher wissen aber gar nicht, dass unsere Kühe nur dann Milch geben, wenn sie vorher gekalbt haben. Vorher werden die Kühe als Färsen bezeichnet, bei denen sich noch gar kein Euter ausgebildet hat.“
Tobias Frietzsche: „Es ist schon etwas Besonderes, dass die Domäne Dahlem so eine einzigartige Lage mitten in der Großstadt hat. Wir haben hier ein Stück Natur mitten in der Stadt.“
Steffen Otte: „Ich komme aus dem Norden, ich bin absoluter Kohlfan. Das ist so eine schöne Pflanze. Es macht mir große Freude, den Besuchern zu zeigen, wie viele Kohlsorten es gibt, wie sie langsam wachsen und wie sie sich ernten und verarbeiten lassen.“
Tobias Frietzsche: „Bei unseren Tieren zeigen wir auch die sogenannte Mehrnutzung auf. Bei Hühnern versteht das noch jeder: Sie legen Eier und man kann die Hühner essen. Bei unseren Rindern der Rasse Rotes Höhenvieh geht es aber nicht nur um den Fleischgewinn und das Melken der Milch. Wir setzen die Tiere auch als Zugtiere ein, etwa beim Schaupflügen.“
Wird es in 2022 die gewohnten Veranstaltungen in der Domäne Dahlem geben?
Steffen Otte: „Wir werden auf keinen Fall Veränderungen mit dem Holzhammer umsetzen, sondern lieber langsam Bewährtes ergänzen. So möchten wir die liebgewonnenen Feste immer auch mit einem neuen Wissensangebot erweitern, sodass man bei einem Besuch stets etwas lernt.“
Tobias Frietzsche: „Am 1. Aprilwochenende wird es bei uns von Freitag bis Sonntag die Europäischen Tage des Kunsthandwerks geben – mit vielen Ausstellern, aber auch mit vielen Workshops. Am letzten Aprilwochenende folgt das Frühjahrsfest, hier wird Gärtnern das Thema sein. Da geht es nicht nur um den Verkauf von angezogenen Jungpflanzen, sondern eben auch darum, den Besuchern zu zeigen, wie sie auch auf ganz kleinen Flächen wie zum Beispiel dem eigenen Balkon Nutzpflanzen anziehen und Gemüse ernten können.“
Steffen Otte: „Auch das Erntefest und das Kartoffelfest kommen wieder zurück. Wir hoffen sehr auf die Adventsfeste in der Weihnachtszeit, die mussten ja im letzten Jahr leider ausfallen. Beim Bratwurstfest lesen wir uns gerade ein und erneuern die Kontakte. Das Bierfest, nach dem ich schon mehrfach gefragt wurde, wird erst 2023 wieder stattfinden können.“
Auf dem Gelände der Domäne Dahlem gibt es ja auch das Landgasthaus. Wird es neu belebt?
Steffen Otte: „Ja, wir übernehmen es in Eigenregie mit der GmbH, verpachten es also nicht mehr an Dritte. Hier haben wir vor, die Speisekarte in direkter Abstimmung mit dem grünen Bereich zu schreiben. Das bedeutet: Was auf dem Feld geerntet wird, kommt auch im Landgasthaus auf den Teller. Das ist ein wichtiger Punkt in der Selbstverwertung unserer Produkte. Vor Ort wird es eine Selbstbedienungs-Gastronomie geben. Wir planen aber bereits spezielle Menüabende.“
Was haben Sie ansonsten noch vor?
Steffen Otte: „Wir reden über einen Mitmachpfad, auf dem man sich Wissen aneignen kann. Auch eine App-gesteuerte Führung über das Gelände ist in Planung. Wir haben viele Ideen.“ (Text/Fotos: CS)
Info: Domäne Dahlem, Königin-Luise-Straße 49, 14195 Berlin, Tel.: 030-6663000, www.domaene-dahlem.de
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 96 (3/2022).
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