Echte Trinkkultur in Lichterfelde: Im „Loch Ness“ gibt es Bier vor allem aus Schottland!
Ein wenig neidisch schauen viele Bierfreunde nach Großbritannien. Im Vereinigten Königreich gibt es – im Gegensatz zu hier – eine ausgeprägte Pub-Kultur, die jung und alt gleichermaßen anspricht. Urige Locations treffen hier auf süffige Biere in großer Vielfalt. Das „Loch Ness“ in Lichterfelde bringt diesen besonderen Geist auch nach Berlin. Die vom Betreiber Christian Mirus (54) zum Teil selbst auf der Insel eingesammelten Fässer kommen vor Ort direkt an den Hahn: Prost! (ANZEIGE)
Wie wäre es mit einem Stout, einem Bitter, einem Golden Ale, einem Porter oder einem Lager? Wenn es um die Trinkkultur aus Großbritannien geht, zeigt es sich, dass die Auswahl auf der Insel um einiges größer ist als hierzulande.
Christian Mirus kennt sich aus: „Wenn man hierzulande an eine bestimmte Brauerei denkt, hat man meist sofort einen ganz typischen Geschmack auf der Zunge. In England und in Schottland ist das anders. Da produziert eine Brauerei oft gleich mehrere Biere, die geschmacklich in verschiedene Richtungen gehen. Diese Bandbreite an Biervariationen versucht die deutsche Craft Beer Szene aufzugreifen. Aber die Brauereien aus Großbritannien sind auch dieser Szene noch immer um Jahrzehnte voraus.“
Seit 2010 betreibt Christian Mirus zusammen mit seiner Frau Silvia den Pub „Loch Ness“ in der Roonstraße. Wer hier einkehrt, hat das Gefühl, einen echten schottischen Pub zu betreten. Vor Ort ist es schummrig-gemütlich, es gibt Stehtische, Sofas, Sitzgruppen und Tische mit Stühlen – und das in mehreren Räumen. An den Wänden hängen zahllose Schilder, Bilder und andere Dinge, die die Betreiber irgendwo aufgelesen haben.
Christian Mirus: „In Großbritannien ist Wohnraum sehr teuer. Die meisten Familien haben deswegen gar nicht den Platz, um Zuhause mehrere Gäste zu bewirten. Aus diesem Grund werden Treffen mit Familien und Freunden gern in die Pubs verlagert. Hier gibt es etwas zu Essen und auch das Bier ist im Pub nur wenig teurer als im Supermarkt. Der Vorteil: Nach dem Treffen brauchen die Gastgeber weder aufzuräumen noch den Abwasch zu erledigen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir diese Kultur auch nach Deutschland bringen. Bei uns kann sich eine Frau alleine mit einem Buch und einem frisch gezapften Bier an den Tresen setzen, ohne von irgendjemanden belästigt zu werden.“
Das „Loch Ness“ ist berühmt aufgrund seiner extrem umfangreichen Sammlung an Whisky-Abfüllungen aus Großbritannien. Aktuell lassen sich 830 hauptsächlich schottische Whiskys verkosten, darunter viele Abfüllungen, die im freien Handel schon längst nicht mehr zu bekommen sind.
Der zweite Schwerpunkt liegt allerdings auf dem Bier. Vor allem auf schottische Biere hat sich die Bar spezialisiert. Christian Mirus: „Am Zapfhahn haben wir immer vier Fässer von der schottischen Brauerei Cairngorm aus Aviemore. Da gibt es als Stout ein Black Gold, als mahagonifarbenes Bitter ein Nessi‘s Monster Mash und außerdem ein Lager und ein IPA (India Pale Ale).“
Zu diesen vier „permanent Ales“ kommt ein Bitburger – für alle englischen Besucher, die ihre eigenen Biere ja bereits kennen und gern ein deutsches Brauerzeugnis verkosten möchten. Zwei weitere Hähne kommen zum Einsatz, um Fässer ins Glas zu bringen, die regelmäßig wechseln. Christian Mirus: „Gerade haben wir das Bier ‚The Quiet American‘ von der Kent Brewery am Hahn. Das ist ein Pale Ale mit floralen und Citrusaromen, bei dem man auch einen Hauch Grapefruit mit herausschmeckt.“
In der Tat ist es etwas ganz Besonderes, ein frisch gezapftes Nessi‘s Monster Mash im Glas zu haben, es sich süffig hinter die Binde zu kippen und dabei die besondere Pub-Atmosphäre zu genießen.
Christian Mirus: „Ich möchte, dass sich die Menschen bei uns im Pub miteinander unterhalten und nicht die ganze Zeit auf ihre Handys starren. Deswegen ist die Hintergrundmusik bei uns auch ganz leise. Bei der Eröffnung habe ich die Musik einmal eingepegelt. Seitdem habe ich den Lautstärkeregler nicht mehr berührt.“
Im „Loch Ness“ kommen die originalen Biergläser von der Insel zum Einsatz. Sie fassen einen ganzen Pint (0,568 Liter) oder einen Half-Pint. Christian Mirus: „Das Gesundheitsamt hat das damals abgenommen. Da war England aber noch in der EU. Damals galt: Was in einem Mitgliedsland abgesegnet ist, darf in den anderen Ländern nicht verboten werden. Deswegen durften wir die Pint-Gläser verwenden. Jetzt ist England zwar aus der EU raus, aber wir genießen Bestandschutz. Das gilt auch für den Haggis, den wir ebenso wie Cottage Pie, Beefburger oder Fish & Chips bei uns anbieten.“
Wer sich im „Loch Ness“ durch die ganze Bandbreite britischer und schottischer Bierkultur probieren möchte, kann dies gern tun. Das Angebot vor Ort in Lichterfelde ist dabei auch nicht auf die Handvoll Fassbiere beschränkt. Auf der „Flaschenkarte“ finden sich 50 weitere Biere und Cider von der Insel, die sich bestellen und ausprobieren lassen. Hier findet der Gast auch einen „Hurricane Jack“, ein „Tradewinds“ oder ein „Imperial Stout“ vor.
Christian Mirus: „Manche Brauereien von drüben bieten 12 oder mehr verschiedene Biere an. Da wird sehr viel experimentiert. In Deutschland dürften einige der Biere nach dem Reinheitsgebot auch gar nicht so genannt werden, weil sie Zutaten wie Blutorange, Kaffee oder Erdbeermus enthalten. Auch mit unterschiedlichen Hopfensorten experimentieren die Briten und die Schotten sehr gern.“
Der Brexit hat natürlich auch das „Loch Ness“ ordentlich gebeutelt. Auf einmal ist die Bürokratie explodiert. Mehrmals im Jahr fährt Christian Mirus selbst mit dem Transporter in den Süden von England, um hier immer 16 frische Fässer einzuladen. Dabei setzt er mit der Fähre vom französischen Calais ins englische Dover über: „Seit dem Brexit ist alles sehr viel komplizierter und auch deutlich teurer geworden. Wir brauchten am Anfang locker sechs Monate, um überhaupt zu verstehen, wie wir nun vorgehen müssen. Die Engländer sind zehn Mal komplizierter als die Deutschen und die Franzosen toppen das noch mal um das Fünffache. Das ist so, als würde man ein 2-Millionen-Teile-Puzzle lösen müssen. So brauche ich inzwischen einen eigenen Zollagenten in Großbritannien. Das ist doch Wahnsinn. Langsam haben wir aber endlich eine Blaupause und wissen, wie das alles funktioniert. Das Bier aus Schottland kommt zum Glück mit der Spedition. Aber auch hier mussten wir lernen, dass auf der Insel nur bestimmte Speditionen die Erlaubnis haben, Alkohol zu transportieren.“
Corona hat das „Loch Ness“ natürlich auch belastet. Christian Mirus: „Als wir im Lockdown komplett schließen mussten, haben wir als Einzelhandel neu aufgemacht, unsere Fässer auf Flaschen gezogen und das Bier direkt an der Tür verkauft. Auf diese Weise haben wir viele Stammgäste daran gehindert, abstinent zu werden.“
Seit Oktober nutzt das „Loch Ness“ das 2G-Modell, um wieder eine normale Anordnung der Bestuhlung nutzen zu können. Christian Mirus: „Wir achten sehr streng auf den Impfnachweis, auf den Ausweis und auf die Luca-App. Das ist auch unseren Gästen sehr wichtig, damit sie wissen, dass sie vor Ort so sicher sind wie nur möglich.“
Das „Loch Ness“ hat Dienstag bis Samstag von 17 bis 0 Uhr geöffnet. (Text/Fotos: CS)
Info: Loch Ness Scottish Pub & Whisky Bar, Roonstraße 31A, 12203 Berlin, Tel.: 030-83210289, www.loch-ness-pub.de
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 92 (11/2021).
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