Scheibes Glosse: Der Corona-Hund
Corona hat unser gesamtes Leben ordentlich durcheinander gewirbelt. Gerade im Lockdown war dank Kontaktverbot, Home Office und Ausgangssperre nichts mehr so wie vorher. Darunter leiden nicht nur die Menschen, sondern auch die Haustiere. Labrador Willy gibt ihnen eine Stimme: Wuff, wuff. Mein Name ist Willy. Ich bin ein Labrador und natürlich der beste Hund der Welt.
Ich kann Euch eins vorjaulen, Corona war echt nichts für einen gestandenen Vierbeiner wie mich. Man sagt uns Hunden ja immer nach, dass wir nicht gern allein sind. Ach, so ein Katzenquark! Wir liiiieben es, allein zu sein. Wenigstens mal für ein paar Stunden. Das passt ja auch wunderbar, wenn Herrchen und Frauchen arbeiten sind. Dann kann ich endlich in aller Ruhe die so herrlich duftenden angegammelten Leckereien aus dem Mülleimer rauspolken. Außerdem rutsche ich mit dem Hintern so gern über Herrchens Kopfkissen, wenn‘s da hinten mal wieder juckt. Und wenn ich Durst habe, saufe ich mit Vergnügen die Kloschüssel leer – Herrchen lässt immer den Deckel oben.
Aber mach das mal, wenn alle im Home Office sind. Frauchen hat mich mit der Schnauze im Klo und mit dem Hintern auf Herrchens Kissen erwischt. Anders herum wäre es ihr sicherlich lieber gewesen!
Und dann kommt auch kein Besuch mehr zum Essen. Am meisten mochte ich es, wenn die Müllers zum Essen kommen. Deren Wurferzeugnis, die kleine Edwina, die traut es sich anscheinend nicht, ihren Eltern zu sagen, dass sie kein Fleisch isst.
Wir beide sind ein eingeschworenes Team! Was habe ich unter dem Tisch schon alles von ihr bekommen. Würstchen. Steaks. Bouletten. Einmal sogar Rippchen mit Knochen. Da hätten wir uns fast verraten, weil plötzlich unter dem Tisch die Knochen knackten. Edwina hats wunderbar vertuscht. Sie hat allen erzählt, sie habe sich grad selbst eine Rippe verknackst. Wuff, wuff, Humor hat das Mädchen ja.
Da es wegen diesem blöden Corona verboten war, kam lange keine Edwina mehr. So ein stolzer Labrador wie ich, der verhungert schnell, ich kann‘s Euch sagen!
Und Frauchen hat nun mit Online-Shopping angefangen. Jetzt gibts kein Premium-Fresschen mehr aus dem Supermarkt für mich, sondern echtes Drecksfutter direkt aus dem Paket. Da dreht sogar ein Labrador vor dem Futternapf ab und hält sich empört die Nase zu. Da ist bestimmt Waschbär im Futter drin. Oder Ratte. Oder Waschbär, der vorher Ratte gefressen hat. Ich will Kaninchen auf einem Bett aus frisch glasiertem Gemüse.
Diese doofe Ausgangssperre hat dafür gesorgt, dass Frauchen mich nachts immer mitgenommen hat, wenn sie spazieren gehen wollte. In Wirklichkeit wollte sie nur heimlich eine rauchen, Herrchen sieht das nämlich nicht gern. Da sie im Home Office aufeinander kleben, klappt das mit dem heimlich Schmöken nicht mehr gut. Zum Glück läuft Frauchen immer nur um die Ecke, dann setzt sie sich auf eine Parkbank. Nicht, dass ich mich auf meine alten Tage noch anstrengen muss.
Das droht mir mit Herrchen. Der geht jetzt immer joggen. Stundenlang. Einmal war ich mit. Danach lag ich zwei Tage im Körbchen-Koma! Nie wieder. Sobald sich Herrchen sein Glitzertrikot anzieht, verkrieche ich mich unter dem Bett. Das kann er mal schön alleine machen!
Eine echte Katastrophe ist die garstige Katze von nebenan. Die tut jeden Tag einen auf harmlos und „maunzt“ an der Terrassentür. Früher hab ich gebellt, bis sie das Weite gesucht hat. Jetzt ist Home Office. Was macht Frauchen da? Lässt die Dreckskatze rein. Und was macht die? Frisst mein Drecksfutter. Klar, dass dieser misslungene Seitenarm der Evolution auf tote Waschbären steht!
Corona geht nun langsam vorbei, Herrchen und Frauchen sind heute abend das erste Mal nicht zu Hause – sie sind zusammen im Restaurant. Oh, wie ruhig ist es plötzlich so ganz allein zu Hause. Knarrt da eine Treppe? Raschelt ein Vorhang? Ist das die Katze, die noch mehr toten Online-Shop-Waschbären fressen möchte? Zum Glück kommen Herrchen und Frauchen schnell wieder heim. Und sie bringen mir sogar ein Doggy Bag mit Resten mit. Die Welt ist wieder in Ordnung. (CS)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 87 (6/2021).
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