Schmunzelstakkato: Susanne M. Riedel sammelt ihre Lesebühnen-Texte!
Susanne M. Riedel kommt aus Lichterfelde. Als echte Berlinerin kennt sie die Absurditäten des Alltags und sieht sie durch die altersmilde Brille einer Mutter, der man beim Arzt Geschlechtskrankheiten schon lange nicht mehr zutraut und die sich mit Geschenken am Nachwuchs rächt: Jetzt wird zurückgebastelt!
Ihre fein beobachteten Alltagserfahrungen gibt es nun auch als Kurzgeschichtenband: „Ich hab mit Ingwertee gegoogelt – Mein Leben in Autokorrektur.“
Susanne M. Riedel (www.regenrausch.de) ist mit Brausepulver, Hennig-Eis und Krasselts Ketchup mitten in Berlin aufgewachsen. Sie hat sich eine Katze zu Weihnachten gewünscht und stattdessen einen ganz eigenen Blick auf die schrägen Nuancen des Lebens geschenkt bekommen. Seit vielen Jahren trägt sie ihre kurzen, aber wuchtigen und stets sehr lustigen Texte auf verschiedenen Lesebühnen vor. Sie gehört auch zum „Frühschoppen“-Team um Kultautor Horst Evers.
Das „Ingwertee“-Buch sammelt nun 45 Texte, die meist nur wenige Seiten lang sind und die sich leicht zwischen einigen Sinnkrisen wegschmökern lassen. Sie tragen Namen wie „Stimmen hören für Fortgeschrittene“, „Gassi mit dem Schweinehund“ oder „Deine Mudda“.
Heute früh stand auf meinem Teebeutel „Frieden wohnt in dir“. Ich dachte: Ey, du hast ja keine Ahnung.
Riedels Texte zu lesen, treibt einem ein Grinsen ins Gesicht – manchmal auch jenes leicht fiese Grienen, bei dem sich nur ein Mundwinkel hebt und bei dem leise diabolische Musik im Hintergrund ertönt. Es ist diese Berliner Rotzigkeit, die mit genug Gefühl verpaart ist, dass man sie noch herzig findet, die ihre Texte ausmacht. Ein Beispiel: Was macht ein Berliner, wenn er jemanden trifft, den er noch von ganz früher her kennt, mit dem er aber auf keinen Fall sprechen möchte? Dann sagt er: „Hilf mir ma eben, Alter. Woher kennen wir uns: Knast oder Entzug?“
Am schönsten ist es, wenn Susanne M. Riedel ihre widdrige Bockigkeit auslebt oder aber ihre Kinder belauscht. So freut sie sich wie Bolle, wenn die blutjunge Freundin des Sohns nach einer durchzechten Nacht ebenfalls tiefe Augenringe entwickelt, der Basketballer-Nachwuchs nach dem Shampoo für „mehr Sprungkraft“ verlangt oder der Jüngste offenbart: „Ey und ich dachte jahrelang, Hartz IV ist eine Droge. Weil es immer so hieß: Der ist auf Hartz IV.“
Man kann auch den Schulterschluss mit Susanne M. Riedel wagen, die mit ihrem Alter hadert und seufzend befindet, dass „anmachen“ früher einmal kein reiner Küchenbegriff war. Und die erschrocken feststellt, dass Männer sie nicht mehr anschmachten, sondern stattdessen vertrauliche Details von ihrer Darmspiegelung erzählen. Nach ihrer Telefonnummer fragt da auch nur noch der Kellner im Restaurant, der auf die Einhaltung der Corona-Hygieneverordnung achten muss. Ein Hauch von Schadenfreude kommt auf, wenn sich eine einsame Riedel-Freundin endlich zu einer Kontaktanzeige durchringt, diese mit „Ich wär‘ dann so weit“ formuliert und am Ende aus Versehen in der SM-Sparte landet. (Text: CS / Foto: A. Krause)
Zum Buch: Susanne M. Riedel: „Ich hab mit Ingwertee gegoogelt – Mein Leben in Autokorrektur“. 184 Seiten, 15 Euro, Satyr Verlag, www.satyr-verlag.de
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 84 (3/2021).
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