21. Rübchenanstich in Teltow: Alles rund um die Rübe!
Es gibt viele Regionen in Deutschland, die ein ganz spezielles Produkt hervorgebracht haben. Schwarzwälder Kirschtorte, Nürnberger Lebkuchen, Gewürzgurken aus dem Spreewald oder Thüringer Rostbratwürste: All diese Leckereien sind bekannt und berühmt für ihren Herkunftsort. Teltow, ja, Teltow hat das Teltower Rübchen.
Das ist eine würzige kleine Knolle, die spät im Jahr geerntet wird und unter diesem Namen nur auf der Teltower Platte angebaut werden darf. Die Teltower verarbeiten das kleine Rübchen mit Inbrunst zu Rübchen-Schnaps, Rübchen-Wein, Rübchen-Senf oder Rübchen-Suppe. Die lokale Konditorei Neuendorff bringt das Rübchenaroma in seine Brote ein und produziert Rübchen-Käsekuchen, während die Hoffleischerei Ingo Kaplick lecker Bratwürste mit Rübchengeschmack zaubert.
Der aktuelle Rübchenanstich fand in diesem Jahr am 1. Oktober auf dem Acker von Ronny Schäreke in Teltow-Ruhlsdorf statt. Die frisch gewählten Rübchenprinzessinnen Bella und Michelle, beide elf Jahre alt, halfen dem Landwirt beherzt dabei, allererste Rübchen aus dem Erdreich zu ziehen.
Eigentlich gehört zu diesem Anstich auch immer ein großes Rübchenfest mit dazu, das die Teltower ausgelassen und mit einem großen Budenzauber feiern. Dieses Fest musste der 1999 gegründete Förderverein für das Teltower Rübchen e.V. (www.teltowerruebchen.de) leider für 2020 absagen: Auch hier ist natürlich Corona wieder einmal Schuld. So wurde zumindest aus dem Rübchenanstich ein kleines Fest nur für geladene Gäste.
Den Anlass nutzte der Landtagsabgeordnete Johannes Funke, der auch Geschäftsführer vom Kreisbauernverband Havelland e.V. ist, für einen ersten Besuch auf dem Rübchenacker. Er brach eine Lanze für die scharfe Knolle: „Der Selbstversorgungsgrad mit Obst und Gemüse ist in Brandenburg leider nicht sehr gut. Da sind die Aktivitäten rund um das Teltower Rübchen nur zu begrüßen. Es handelt sich hierbei um ein regionales Erzeugnis – und es funktioniert.“
Das sieht natürlich auch Ronny Schäreke so. Er betreibt seinen Hof in Teltow bereits in vierter Generation – und hat ihn erst vor drei Jahren vom Vater übernommen. Er sagt: „Bei uns werden schon immer Teltower Rübchen im kleinen Rahmen angebaut. In diesem Jahr waren es drei Hektar.“
Die Rübchen brauchen von der Aussaat bis zur Ernte im Schnitt acht Wochen. Das ist natürlich abhängig von der Witterung. Ronny Schäreke: „Das Teltower Rübchen wird bei uns immer nach der Getreideernte ausgesät. Mein Opa hat immer gesagt: Bis zum 13. August sollte die Ansaat in der Erde sein. In diesem Jahr haben wir viel Hitze gehabt – und deswegen bei Bedarf den Rübchenacker gewässert.“
Ein echtes Problem bei der Anzucht der Rübchen ist übrigens die Kohlfliege. Ronny Schäreke: „Wir spritzen kein Gift, es gibt da nicht wirklich ein Mittel. Wir spannen lieber Netze über die Rübchen und versuchen, die Fliege auf diese Weise fernzuhalten. Diese Netze kosten allerdings ein Vermögen. Aber zum Glück kann man sie wenigstens mehrfach verwenden.“
Einen Großteil der angezogenen Rübchen verkauft Ronny Schäreke direkt vom eigenen Hof weg. Man kann sie aber auch am Dienstag und Donnerstag in der Touristeninformation Teltow besorgen: „Ganz neu ist eine Kooperation mit Selgros Stahnsdorf. Im Großmarkt werden die Rübchen ab sofort in der regional ausgerichteten Gemüseabteilung abverkauft.“
Der Landwirt greift auch selbst bei den Teltower Rübchen zu. Am liebsten mag er sie karamellisiert als Beilage zur Weihnachtsgans. Oder als Suppe zubereitet.
Tina Reich, neue Vorsitzende im Rübchen-Förderverein, überraschte die Anwesenden beim inzwischen 21. Rübchenanstich mit einer ganz anderen Rübchen-Eigenkreation. Sie präsentierte eine Rübchensoße süß-sauer, die vor Ort etwa zur Bratwurst gereicht wurde. Sie berichtete aber auch, dass es rund um das Rübchen viele weitere neue Produkte gibt: „Es gibt eine neue BBQ-Soße, einen Brotaufstrich und eine wundervolle Schokolade, die wir aber leider bei der Verkostung komplett aufgegessen haben. Und das alles mit dem Rübchen als Zutat.“
In Teltow gibt es übrigens noch jemanden, der die kleinen Rübchen anbaut – und das ist Axel Szilleweit vom Obst- und Gemüsehof „Teltower Rübchen“. Er erzählte auf dem Rübchenanstich: „Wir haben in diesem Jahr wieder Teltower Rübchen auf sieben Hektar angebaut. Ich stelle aber fest, dass die Nachfrage etwas nachlässt. Der Absatz war schon einmal besser. Wir verkaufen unsere Rübchen auch direkt auf dem Hof – am Nachmittag ist eigentlich immer jemand da, am Samstag auch vormittags. Auch in Moni‘s Biohofladen sind unsere Rübchen zu bekommen.“
Die Rübchenexperten vor Ort sind sich auf jeden Fall einig: Das Teltower Rübchen ist eigentlich beim Anbau sehr anspruchslos, verwandelt sich auf dem Acker aber doch oft in eine verzogene Zicke. So mancher Hobbyanbauer habe sich an den Rübchen schon die Zähne ausgebissen.
Der Landtagsabgeordnete Johannes Funke bemühte am Ende noch einmal die Politik: „Es ist wichtig, dass die Landwirtschaft in Brandenburg ihre Anbaufläche hält. Oft wird ja bereits versucht, aus der Landwirtschaft Wohnungsbau zu machen. Noch schöner wäre es, wenn wir die Anbaufläche auf Dauer erweitern könnten. Natürlich haben wir ein riesiges Nachwuchsproblem in allen grünen Berufen. Es ist auch sehr schwer, sich in diesem Bereich selbstständig zu machen. Die Bodenpreise sind einfach viel zu hoch. Aber gerade bei Obst und Gemüse reicht ein halber Hektar ja oft schon aus. Wir setzen uns deswegen in der Politik dafür ein, dass ein Gewächshausbau schon bald baugenehmigungsfrei erfolgen darf.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 79 (10/2020).
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