2020 ist alles anders: Seit 27 Jahren gibt es die „Aktion Warmes Essen“ bereits!

Am 5. Oktober fiel bei eigentlich noch recht angenehmen Temperaturen der Startschuss für die Zehlendorfer „Aktion Warmes Essen“ – im Rahmen der Berliner Kältehilfe. Über den kalten Winter soll es immer Montag, Mittwoch und Freitag ein warmes Essen für die Bedürftigen geben. Ausgegeben wird es in der Kirchstraße 6 direkt an der Pauluskirche in Zehlendorf Mitte.
Organisiert wird die ehrenamtliche Aktion von der gemeinnützigen milaa gGmbH in Kooperation mit der Evangelischen Paulusgemeinde Zehlendorf (www.paulusgemeinde-zehlendorf.de). Bei der Finanzierung hilft auch das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf. Vor Ort hat Schwester Heike Erpel (40, 0176-41802403) den Hut auf, sie kümmert sich um die Projektleitung. Am 5. Oktober war sie zunächst noch ein wenig unsicher, wie viele Bedürftige wohl kommen werden: „Viele Kälteeinrichtungen in Berlin öffnen in diesem Winter wegen Corona gar nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich herumgesprochen hat, dass wir wieder am Start sind. Und wir wissen auch nicht, wie gut oder schlecht unsere Bedürftigen durch Corona und durch die letzten Monate der Isolation gekommen sind. Wir rechnen zunächst mit etwa 50 Besuchern. Das ist in etwa der Schnitt der letzten Jahre.“
Als gegen halb zwölf am Montag die ersten Besucher erschienen, um sich in die Corona-Listen einzutragen, begrüßte sie jeden einzelnen mit großer Freude: „Ah, ich sehe, dass es Ihnen gutgeht, das freut mich sehr.“
Der 27. Saisonstart der „Aktion Warmes Essen“ wurde traditionell mit einem halbstündigen Gottesdienst in der Pauluskirche gefeiert. Die Andacht lud die doch recht zahlreich herbeigeströmten Besucher zu einem gemeinschaftlichen Tischgebet ein.
Anschließend kam es zur Essensausgabe. Hier hat sich Corona-bedingt so einiges geändert. Heike Erpel: „Unser Raum in der Kirche ist zu klein, wir können hier nicht genug Abstand halten. Aus diesem Grund ist es zurzeit nicht möglich, ein warmes Essen auszugeben. Stattdessen verteilen wir Lunch-Pakete, die vom Krankenhaus Waldfriede für uns gepackt werden. Sie enthalten zwei Brote, eins mit Wurst und eins mit Käse. Hinzu kommt eine Boulette oder ein Würstchen. Auch einen Apfel oder eine Birne kann man im Lunch-Paket vorfinden. Wir packen gern noch ein Stück Kuchen oder ein paar Kekse mit dazu. Und natürlich bekommt jeder noch einen heißen Becher Kaffee oder Tee in die Hand gedrückt. Diese Vorgehensweise müssen wir erst einmal beibehalten. Aber sobald die Maßnahmen zur Einschränkung der Corona-Pandemie gelockert werden, möchten wir natürlich zur alten Praxis mit einem frisch gekochten Essen zurückkehren. Die erste Verbesserung: Ab Woche zwei stellen wir auf warme Lunch-Pakete um.“
Für Überraschungen bei der Essensausgabe wird aber auch zu Corona-Zeiten gesorgt sein. Heike Erpel: „So haben wir von den Vereinigten Arabischen Emiraten gerade mehrere Pakete mit süßen Datteln spendiert bekommen.“
Verschwendet wird bei der Kältehilfe nichts. Heike Erpel: „Ich werde mir bei den Lunch-Paketen einen kleinen Fundus anlegen, falls doch einmal mehr als 50 Besucher kommen sollten. Und was wir nicht verteilen können, das nehme ich abends mit auf die Straße und bringe es den Obdachlosen, die es eben nicht zu uns in die Kirche geschafft haben.“
Vier Helfer sind pro Schicht mit dabei, um alles zu regeln und zu handhaben, was zu erledigen ist. Alle arbeiten ehrenamtlich – für den guten Zweck. Warum engagiert sich eigentlich Heike Erpel für die Essensausgabe? Sie sagt: „Vor zwei Jahren wurde ich von meiner Firma milaa gefragt, ob ich nicht die Suppenküche in der Pauluskirche übernehmen könnte. Ich war schon immer sehr sozial eingestellt. Und ich komme aus Zehlendorf, da passt das ja. Am Anfang habe ich viel mit den Flüchtlingen zusammengearbeitet. Wir haben zusammen gekocht und das Essen dann zur Pauluskirche gebracht. Die Flüchtlinge haben gelernt, deutsch zu kochen. Sie haben aber auch eigene Rezepte umgesetzt und syrische und irakische Gerichte zubereitet. Das ist eine total leckere Küche. Nur ist das zurzeit wegen Corona leider nicht möglich.“
Bedürftige, die zur Essensausgabe kommen, dürfen übrigens auch noch weitere Angebote nutzen. Am Montag hat immer die Kleiderkammer geöffnet, am Freitag der Büchertisch. Heike Erpel: „Viele Zehlendorfer denken immer, dass zu uns nur die Obdachlosen kommen. Wir haben aber mehr Bedürftige als Obdachlose. Das sind meist ältere Menschen, bei denen das Geld nicht ausreicht, um sich ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. Das sind zurzeit noch mehr Männer als Frauen, aber der Anteil der Frauen steigt. Wir stellen deutlich fest, dass die Altersarmut in Zehlendorf zunimmt.“
Damit die „Aktion Warmes Essen“ (www.milaa-berlin.de) weiter reibungslos funktioniert, sind die Veranstalter auf Hilfe angewiesen. Geldspenden sind ebenso willkommen wie Lebensmittel (Kekse, abgepackter Kuchen) oder Lebenszeit (für die Lunch-Paket-Ausgabe). Heike Erpel: „Wir möchten nun gern aus der Kälteaktion eine Ganzjahresaktion machen und suchen Räume dafür, weil die Essensausgabe nicht das ganze Jahr über in der Kirche stattfinden kann. Entsprechende Räume sollten idealerweise in Zehlendorf-Mitte liegen, weil die Gemeinde den Bezug zur Aktion nicht verlieren möchte.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 79 (10/2020).
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