Upgrade für den Gabenzaun an der Schloßstraße!
An vielen Grundstücksgrenzen entstehen in ganz Berlin seit geraumer Zeit neue „Gabenzäune“. Sie werden meist aus einer privaten Initiative heraus oder von Kirchengemeinden ins Leben gerufen. An den Zaun montierte Körbe und Boxen halten Lebensmittel, Bücher oder Hygieneartikel bereit. Obdachlose und Bedürftige können sich an diesen „Gabenzäunen“ gern bedienen …
… und werden auf diese Weise an immer mehr Orten schnell, unkompliziert, unbürokratisch und vor allem auch anonym mit dem unterstützt, was sie für ihren Alltag brauchen.
Solche Gabenzäune sind in Steglitz-Zehlendorf etwa hinter dem BALI-Kino am Teltower Damm in Zehlendorf Mitte oder am Bahnhof „Südende“ in Steglitz zu finden. Hier kümmern sich Freiwillige darum, die Behälter vor Ort vor Missbrauch zu beschützen und beim Inhalt rechtzeitig nachzulegen.
Auch am U-Bahnhof „Schloßstraße“ gibt es bereits seit geraumer Zeit einen Gabenzaun. Er ist vor dem Boulevard Berlin zu finden, der die Kundschaft gleich um die Ecke mit seinen vielen Geschäften anlockt. Centermanager Carsten Paul: „Das war zunächst ein wild angelegter Gabenzaun. Wir wussten erst nicht, wie wir damit umgehen sollen. Aber es ist ein toller Impuls aus der Zivilgesellschaft heraus. Der Bezirk ist auf uns zugekommen und hat gefragt, ob wir den Gabenzaun nicht gemeinsam mit ihnen und der Freiwilligenagentur Steglitz-Zehlendorf übernehmen und schön machen möchten.“
Genau das ist in der Zwischenzeit passiert. Der Gabenzaun direkt am U-Bahnhof wurde deutlich aufgehübscht. Eine große Kreidetafel weist nun vor einer massiven Plastikblümchenwand auf den neuen Gabenzaun hin. In Hüfthöhe sind mehrere Holzkisten festgeschraubt. Sie enthalten Goodies zum Mitnehmen, die in Kategorien wie „Bücher“, „nette Kleinigkeiten“, „Lebensmittel haltbar“, „Lebensmittel frisch“, „Wasser“, „Sonnenschutz“, „Hygiene“, „Kleidung Männer“, „Kleidung Damen“ und „Kleidung Kinder“ unterteilt sind.
Am 26. August wurde der neue Gabenzaun feierlich eingeweiht. Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski: „Gerade durch Corona hat sich die Zahl der Bedürftigen in unserer Stadt noch einmal deutlich erhöht. Diese Menschen dürfen wir nicht vergessen. Wir alle tragen eine soziale Verantwortung. Der Gabenzaun kann dabei helfen, unmittelbar bei der Versorgung der Bedürftigen zu helfen. Und jeder ist aufgerufen, fehlende Artikel nachzulegen oder zu schauen, ob vor Ort alles in Ordnung ist. Übrigens: Auch Wasser wird am Gabenzaun zu finden sein, denn gerade Menschen ohne ein Zuhause droht bei den aktuellen klimatischen Bedingungen schnell die Dehydrierung.“
Centermanager Carsten Paul: „Gerade in Corona-Zeiten gibt es immer mehr Menschen, denen es durch Kurzarbeit oder Verlust des Arbeitsplatzes am Nötigsten fehlt. Wir stehen beim Gabenzaun noch am Anfang und werden genau beobachten, wie er sich weiter entwickelt. Zusammen mit den Geschäften aus dem Boulevard Berlin werden wir dafür Sorge tragen, dass die Holzkisten immer gefüllt sind. Wir müssen nur beobachten, wie oft wir nachfüllen müssen. Auch bei den Geschäften werden wir sicherlich noch mehr Anbieter davon überzeugen können, mitzumachen. Wir erhoffen uns aber auch eine Solidarität im ganzen Bezirk.“
Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski: „Es ist wirklich schön, wie liebevoll und ansprechend beschildert der Gabenzaun gelungen ist. Er ist ein ganz tolles Beispiel für das bürgerliche Engagement der Freiwilligenagentur.“
Georgina Papagiannis sagte als Koordinatorin der Freiwilligenagentur Steglitz-Zehlendorf: „Die Bereitschaft der Menschen zum Helfen ist sehr hoch. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass einzelne Personen im Boulevard Berlin einkaufen, dabei vielleicht ein paar Artikel mehr besorgen und sie gleich beim Gabenzaun in eine Kiste legen. So würde ich mir das wünschen. Die Gabenzäune sind übrigens nicht zentral gesteuert, es gibt keinen geschützten Begriff. Jeder, der einen Gabenzaun anlegen möchte, kann dies gern tun. Inzwischen sieht man sie immer häufiger, gerade in Corona-Zeiten waren sie ein tolles Mittel, um kontaktfrei zu helfen.“
So toll es auch ist, dass es nun in der Schloßstraße einen so großen und auch noch von der Wirtschaft unterstützten Gabenzaun gibt, so schwer wiegt auch die Sorge, dass das Angebot vielleicht von den Falschen genutzt oder Opfer des Vandalismus wird.
Cerstin Richter-Kotowski: „Die eine Aufgabe ist es, den neuen Gabenzaun zu bestücken, die andere, ihn zu überwachen und gegebenenfalls einzuschreiten.“
Georgina Papagiannis: „Wir haben bei den anderen Gabenzäunen die Erfahrung gemacht, dass sich Bürger verantwortlich fühlen und sogar Initiative zeigen. Auch, indem sie Leute ansprechen, die sich bedienen, obwohl sie gar nicht bedürftig sind.“
Leider ist bereits von einer Gabenzaun-Mafia die Rede, die mit dem Auto vorfährt und die Kisten leerräumt. Eine Lösung wäre es, die Kisten nie so bis zum Rand zu füllen, dass sich genau dieses Leerräumen lohnen würde. Es wäre zu wünschen, dass dieser Gabenzaun in U-Bahn-Nähe Bestand hat. Aber: Gerade in den Abendstunden ist die Schloßstraße wie ausgestorben, hier gibt es keine direkten Nachbarn, die ein Auge auf den Zaun haben können. Da muss man doch wieder an die Vernunft der Menschen appellieren. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 78 (9/2020).
Seitenabrufe seit 23.10.2020:
Sie haben eine Artikelidee oder würden gern eine Anzeige buchen? Melden Sie sich unter 03322-5008-0 oder schreiben eine Mail an info@zehlendorfaktuell.de.
Anzeige