Rübchenkrimi: Manuela Kuhlbrodt schrieb den ersten Teltower-Land-Krimi!
Manuela Kuhlbrodt (62) ist seit vielen Jahren die rasende Reporterin aus Teltow. Sie spürt den lokalen Geschichten nach. Und nicht nur das: Als Ur-Teltowerin hat sie mit „Todsicher: Die Spur des Rübchens“ einen lokalen Krimi geschrieben, der das Teltower Rübchenfest als Kulisse für ungeklärte Morde verwendet. Der Potsdamer Kriminaloberkommissar Egon Redlich bekommt es hier gleich mit zwei rätselhaften Todesfällen zu tun.
Da die Buchautorin eine äußerst spannende (und sehr lokale) Vita vorzuweisen hat, holt unser Interview etwas weiter aus. Carsten Scheibe traf sich mit Manuela Kuhlbrodt im Teltower Café „Dreikäsehoch.“
Liebe Manuela, du bist in Teltow aufgewachsen. Seitdem hat sich der Ort doch bestimmt sehr verändert, oder?
Manuela Kuhlbrodt: „Ich bin Ur-Teltowerin und habe mein ganzes Leben vor Ort verbracht. Wo heute die S-Bahn ist, da gab es früher nur nackte Felder. Seitdem wurde viel gebaut, erst recht nach der Wende. Heute kann man sehen: Es wird zurzeit alles in Teltow zugebaut, was bislang noch Natur war.“
Hattest du schon immer eine Affinität zum Schreiben?
„Irgendwie schon. Ich bin in Teltow zur Schule gegangen und habe hier auch meine Lehre absolviert. Eigentlich wollte ich ja Buchhändlerin werden. Aber Teltow war schon immer ein Industriestandort mit mehreren Großbetrieben. Da gab es nur drei Lehrstellen für Buchhändler im ganzen Bezirk ‚Potsdam-Land‘. Also wurde ich in den 70er Jahren Elektronikfacharbeiterin. Ich habe in drei Schichten gearbeitet und gutes Geld verdient. Aber ich habe es wirklich gehasst. Ich war doch eigentlich eher musisch veranlagt.
Der Elektronikbetrieb, in dem ich damals gearbeitet habe, der hatte aber eine eigene Betriebszeitung. Für die habe ich etwas über eine Handlampe (damals Konsumgüterproduktion) geschrieben. Das kam gut an. So kam ich zu einem Lehrgang der Volkskorrespondenten bei der Märkischen Volksstimme. Da habe ich die Grundkenntnisse des Journalismus gelernt – und anschließend ein Volontariat bei der Betriebszeitung bekommen. Ich durfte sogar ein kombiniertes Fernstudium aufnehmen und an der Fachschule des Journalistenverbandes in Leipzig studieren.
Danach war ich Fachjournalistin. Ich habe nach dem Studium für eine Betriebszeitung im Bausektor gearbeitet. Und ganz toll wurde es vor der Wende. Da habe ich bei der DEFA gearbeitet und viel Interessantes über das Filmemachen gelernt.“
Hast du deine journalistische Betätigung über die Wende retten können?
„Nach der Wende war es mit dem Journalismus von jetzt auf gleich erst einmal vorbei. Ich war auf einmal ohne Arbeit, also arbeitslos. Das kannten wir ja in der DDR gar nicht. Wir dachten, das gibt es nur im Westen. Ich hatte ein kleines Kind und überlegte: Was mache ich nun? In meinem alten Betrieb konnte ich zum Glück in der Kantine anfangen und hier die Kasse übernehmen.
Nach der Währungsunion war ich aber auch diese Arbeit wieder los. Damals entstand auf der grünen Wiese in Teltow aber der allererste Supermarkt und zwar in einer ehemaligen Traktorenhalle. Da war jeden Tag volles Programm. Die Leute haben gekauft, als gäbe es kein Morgen. Die aus den Großbetrieben delegierten Mitarbeiterinnen waren nach zwei Tagen bereits völlig fertig und haben Fehler ohne Ende gemacht. Die brauchten jemanden, der Erfahrung an der Kasse mitbrachte – und so kam ich wieder zu einer Arbeit. Ich kann mich noch erinnern, dass wir nicht genug Kleingeld zum Wechseln hatten. Da kamen die alten Alu-Chips wieder zum Einsatz. Die Leute haben ganz schön gezetert, als sie das alte Ostgeld bekommen haben. Aber wir hatten halt kein anderes Geld. Fünf Jahre lang habe ich das ausgehalten, von Ende 1990 bis Mitte 95.
Danach habe ich einen Fehler gemacht. Jemand hat mich dafür geworben, dass ich an der Tür Lexikotheken verkaufe, so 30 Bände mit dem Wissen von A bis Z. Das war aber nichts für mich. Ich musste plötzlich bei fremden Leuten klingeln. Ich bin damit nicht klargekommen. Ich habe keinen Umsatz gemacht und war da ganz schnell wieder raus.“
Aber so ganz losgekommen bist du ja vom Schreiben nicht.
„Nein. Als ABM-Maßnahme habe ich das Arbeiten am Computer gelernt. Das war damals so mit die erste Generation der Computer, die mit einer Maus bestückt waren. Im Rahmen einer zweiten ABM habe ich an einer Arbeitslosenzeitung mitgearbeitet, war aber auch Mädchen für alles. Die Zeitungen wurden vor dem Arbeitsamt verteilt. So bin ich langsam wieder in den Journalismus reingerutscht.
Im Jahr 2000 kam ich zum Teltower Stadt-Blatt Verlag, die hatten damals Zeitungen in Teltow, in Kleinmachnow und in Stahnsdorf. Die haben mich genommen, weil ich Teltowerin bin, das war ein großer Heimvorteil. Ich war angestellt als Redakteurin und habe fast zehn Jahre lang für das Teltower Stadtblatt gearbeitet, das kam monatlich heraus. Ich war im Rahmen meiner Arbeit überall und kannte jeden im Ort. Auf Presseevents hieß es schon von weitem: Ah, da kommt die Kleine mit dem Käppi auf dem Kopf, das Stadt-Blatt ist da.
Nach zehn Jahren war damit leider Schluss und ich war wieder arbeitslos. Zum Glück hat damals der Uwe Valentin den BÄKE Courier herausgebracht. Da habe ich wieder ein bisschen was schreiben können.“
Du hast dich dann für die Selbstständigkeit entschieden?
„Ja, habe ich. Aber nicht sofort. Erst habe ich noch vier Jahre lang für einen SPD-Landtagsabgeordneten das Teltower Büro geführt. Aber Politik ist nicht so meins.
Erst dann habe ich mir gesagt: Du bist jetzt Ende 50, was kommt jetzt noch? Und ich habe mir gesagt: Verkauf dich nicht unter Wert, mach dich selbstständig. Die freie Mitarbeit im BÄKE Courier, das war ein erstes Standbein. Ich habe außerdem das Projekt ‚Kinder erzählen eine Geschichte‘ ins Leben gerufen. Dazu bin ich in die Kitas gegangen und habe zusammen mit den Kindern jeweils ein halbes Jahr lang einmal die Woche Geschichten erfunden. Am Ende habe ich aus den Ideen ein kleines Buch gemacht – mit den Texten und auch mit Bildern der Kinder. Später habe ich für die Kinder der 3. und 4. Klassen eine ‚AG Junge Autoren‘ ins Leben gerufen.
Im Eigenverlag habe ich zwei selbstgeschriebene Drachengeschichten als Kinderbuch aufgelegt. Band 1 hieß ‚Die verbrannte Fibel‘: Da wollte ein Drachenjunges partout nicht lesen lernen und hat deswegen seine Fibel verbrannt. Im zweiten Band ging es um Integration und Mobbing. Für Amazon habe ich unter dem Pseudonym Christa Dorn zwei Liebesromane geschrieben und da ganz viel eigene Lebenserfahrung reingebracht. Das gab Geld, aber das hatte einfach keine Zukunft. Ich arbeite viel zu akribisch. Ich sitze einfach zu lange an den Büchern. Das lohnt sich dann am Ende nicht.“
Und dann kam der Rübchen-Krimi?
„Ich bin ja selbst leidenschaftliche Krimileserin. Ich mag aber keine brutalen Thriller, es darf gern humorvoll sein.
Irgendwann hab ich mir gesagt: Versuch doch mal, selbst einen Krimi zu schreiben. Mir war klar: Wenn, dann sollte das unbedingt ein Lokalkrimi sein, weil – vor Ort kenne ich mich ja am besten aus. Und was zeichnet Teltow aus? Seine Rübchen. Teltow ist historisch als Arbeiter- und Bauern-Stadt gewachsen. Kleinmachnow war da ganz anders gestrickt. Da wohnten schon damals Politiker, Wissenschaftler und Künstler und heute viele reiche Zugezogene. Das war ein toller Kontrast, damit wollte ich arbeiten. Ich habe zwei rivalisierende Rübchenbauern ins Leben gerufen, das Rübchenfest in Ruhlsdorf mit eingebracht und den Wettbewerb zur Rübchenkönigin eskalieren lassen. Meine Figuren sind ein älterer Ermittler, der es nicht allzu eilig hat, und eine kleine und zierliche Klatschreporterin, die sich immer wieder einmischt. Sie pfuscht ihm ordentlich ins Handwerk.
Ich habe vier Jahre gebraucht, um das Buch fertigzustellen, ich habe es mir dann quasi zum 60. Geburtstag geschenkt. Die Story wurde beim Schreiben immer länger und länger, am Ende sind es fast 400 Seiten geworden. Ich habe es über die Buchmesse zwei Verlagen angeboten, aber die wollten es nicht. Vanessa Arend-Martin vom Buchkontor Teltow (www.buchkontor-teltow.de) hat dann gesagt: ‚Ein Buch über Teltow? Zeig mir das doch mal‘. Und dann: ‚Super, das verlegen wir.‘
Im November 2017 ist das Buch erschienen, direkt nach der Rübchensaison. Ich bin der Meinung: Es gibt keinen anderen Krimi, der so intensiv in unserer Region spielt. Und: Mein Krimi ist zwar spannend, aber unblutig. Das einzige Blut, das hier fließt, kommt vom Nasenbluten.“
Wie sieht es mit einem Nachfolger aus? Eigentlich könnte aus dem Buch doch eine Serie werden.
„Einen zweiten Teltow-Krimi würde ich schon gern schreiben, aber ich komme einfach nicht dazu. Ich habe den Kopf zurzeit einfach nicht frei. Aber ich hab mir schon gesagt: Wenn ich einmal auf Rente bin, dann mache ich das. Ideen habe ich schon viele, es arbeitet bereits in mir. Wichtig ist mir aber auch: Der zweite Roman darf nicht schlechter sein als der erste. Das ist ja leider oft so. In diese Falle möchte ich nicht tappen.“ (Text/Fotos: CS)
Hinweis: Signierte Ausgaben vom „Rübchenkrimi“ gibt es immer im Teltower Buchkontor.
Buch: Kuhlbrodt, Manuela: „Todsicher – Die Spur des Rübchens“, 381 Seiten, 12 Euro
Bezug: Buchkontor Teltow – Buchhandlung und Verlag, Breite Straße 19, 14513 Teltow, Tel.: 03328-3381571, www.buchkontor-teltow.de
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 78 (9/2020).
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