Schlosspark Theater: Premiere des neuen Stücks „Schmetterlinge sind frei“

Der junge Don Baker (Johannes Hallervorden) stellt sich auf eigene Füße. Er flieht regelrecht vor seiner übervorsorglichen Mutter (Julia Biedermann) nach New York – und bezieht ein winziges Appartement, um an seiner Musikkarriere zu feilen. Hier bekommt es der extrem ordentliche und durchgeplante Don mit seiner quirligen Nachbarin zu tun. Jill Tanner (Helen Barke) ist flippig, impulsiv, chaotisch und absolut unstrukturiert.
Schnell finden die beiden Nachbarn in amouröser Weise zusammen – was der Frau Mama so gar nicht zu gefallen weiß. Denn Don ist blind und ihrer Meinung nach für die Welt da draußen noch so gar nicht richtig vorbereitet.
Am 29. Februar wurde Premiere gefeiert im Steglitzer Schlosspark Theater. Das Stück „Schmetterlinge sind frei“ von Leonard Gershe wurde in der deutschen Übersetzung von Otto Beckmann aufgeführt. Für Johannes Hallervorden ist dies bereits die siebte Produktion am Schlosspark Theater. Viele Besucher waren aber auch gespannt auf Schauspielerin Julia Biedermann, die viele noch aus der TV-Serie „Ich heirate eine Familie“ her kennen und die nach langer Zeit in Irland und in den USA jüngst nach Berlin zurückgezogen ist.
„Schmetterlinge sind frei“ ist in der ersten Hälfte eine sehr leichtfüßige Komödie über das Leben. Wie findet man sich als Blinder in der Welt zurecht, wie gehen andere mit dieser „Behinderung“ um? Die Zuschauer sehen Don als selbstbewussten und sich emanzipierenden jungen Mann, der jede Hürde als Herausforderung nimmt und keine Angst davor hat, sich alleine in der Großstadt zu behaupten. Schließlich weiß er genau, wie viel Schritte es bis zum Waschsalon und zum Einkaufsladen sind. Jill hingegen ist ein flatterhafter Schmetterling, der reines Chaos verbreitet, zugleich aber auch ein süßes Ding ist, das Don schnell verzaubert. Stundenlang könnte man den beiden beim Flirten zuschauen. Auch wenn es schwer erträglich ist, dabei zuzusehen, wie Jill wie ein lebender Hurrican durch Dons Appartement shreddert und dabei die komplette Blindenordnung auf den Kopf stellt.
Doch die Idylle ist nicht von langer Dauer. Mama Baker kommt vorbei – einen Monat vor der vereinbarten Zeit – und schaut nach dem Rechten. Klar, dass ihr die flotte Nachbarin sofort ein Dorn im Auge ist. Auf einmal fallen alle wieder in die schlimmsten Versionen ihrer Selbst zurück. Don entwickelt Panik vor dem Leben, Jill möchte keine Verantwortung übernehmen und die liebe Mrs. Baker ist die Konkurrenz wegbeißende Übermutter, die den lebensunfähigen Sohn nach Hause holen möchte. Dieses Verhalten addiert zu den komödiantischen Einlagen und den zahlreichen spitzen Dialogen noch die Spannung dazu: Wie mag dieses Beziehungsdrama wohl enden?
Das soll natürlich nicht verraten werden. Klar ist hingegen: Johannes Hallervorden ist aus der Schlosspark-Theater-Truppe längst nicht mehr wegzudenken. Er hat eine tolle Bühnenpräsenz, kann laut und dominant brüllen, beherrscht aber auch die leisen Töne. In „Schmetterlinge sind frei“ zeigt er sogar, dass er Gitarre spielen und singen kann. Kurzum: Johannes Hallervorden verwandelt sich zunehmend in ein schauspielerisches Schwergewicht. Leichtfüßig kann Helen Barke trotzdem neben ihm bestehen. Die Schauspielerin, die zuletzt in der ARD-Telenovela „Sturm der Liebe“ zu sehen war, spielt ihre Rolle so, dass man jede Sekunde mit ihr auf der Bühne genießen kann.
Julia Biedermann, die man nur zu gern wieder auf der Bühne sieht, hat zwar gute Momente und einige der besten Dialogzeilen, aber sie wird bei dem intensiven Spiel zwischen Johannes Hallervorden und Helen Barke etwas in den Hintergrund gedrängt. Das ist aber nicht schlimm: „Schmetterlinge sind frei“ ist im Grunde genommen ein 2-Personen-Stück. Und die Biedermann empfiehlt sich hier für größere Rollen. (Text: CS / Foto oben: DERDEHMEL/Urbschat)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 72 (3/2020).
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