Religiöse Taufe mitten in der eiskalten Krumme Lanke!
Am 25. Januar zeigt das Thermometer zwar Plusgerade, aber es ist bitterkalt. Es nieselt. Auf der Krummen Lanke hat sich ein paar Meter jenseits vom Ufer eine Eisschicht gebildet, auf der die Enten gerade einmal so stehen können. Um kurz nach elf drängt eine Prozession von der Fischerhüttenstraße her ans Ufer der Krummen Lanke. Wir erfahren: Gläubige der evangelischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten …
… aus dem Adventhaus in der Gartenstr. 23 (gleich hinter dem BALI-Kino in der Nähe zum Teltower Damm) möchten vor Ort eine Erwachsenentaufe abhalten.
Die Adventisten (https://sta-zehlendorf.de) „glauben dem Zeugnis des Neuen Testaments, dass Jesus Christus persönlich, sichtbar und für alle Menschen gleichzeitig wiederkommen wird. Wir wissen nicht, wann das sein wird, wir glauben aber, dass es bald ist.“
Und sie glauben an die Selbstbestimmung der Menschen. Aus diesem Grund gibt es in dieser Kirche keine Kindstaufe, sondern erst einmal nur eine Segnung. Petra Hermann (61) erklärt: „Die eigene Entscheidung zählt. Man soll sich aktiv für die Religion und für die Taufe entscheiden. Das ist die Freiheit eines Christenmenschen. Aus diesem Grund muss man bei uns religionsmündig sein, um getauft zu werden. Das ist also erst ab etwa 14 Jahren möglich.“
Der Täufling, der am 25. Januar die Taufe erhalten soll, ist allerdings schon etwas älter. Ralph Schickert (46) stammt aus Zehlendorf, lebt aber inzwischen in Stahnsdorf. Er sagt: „Meine Bekehrung zu Jesus Christus ist sehr spät erfolgt. Der Wunsch, Jesus Christ jetzt in meinem Leben anzunehmen und das durch die Taufe zu symbolisieren, der war jetzt so stark, dass mir die Jahreszeit ganz egal war.“
Bei der Taufe der Siebenten-Tags-Adventisten geht es nicht darum, symbolisch nur drei Tropfen Wasser auf die Stirn zu träufeln. Der Körper und der Kopf des Gläubigen müssen komplett im Wasser untertauchen. Petra Hermann: „Das ist wichtig für die ganze Symbolik der Taufe. Das Untertauchen symbolisiert das Sterben des alten Menschen und das Auftauchen die Wiedergeburt als neuer, erlöster Mensch.“
In einer benachbarten Gemeinde gibt es ein passendes Taufbecken, sodass die Taufe auch im Warmen hätte gelingen können. Im Sommer wird auch schon einmal ein Gartenpool aufgebaut. Aber für Ralph Schickert sollte es die Krumme Lanke sein. Eiskalt und frostig, aber tief genug für ein vollständiges Eintauchen.
Petra Hermann: „In unserer Kirche sind auch viele Russen, für die ist die Taufe im Freien gar kein Problem. Die haben auch in ihrer Heimat einfach ein Loch ins Eis geschlagen und sind hier untergetauht worden. Um das Eis müssen wir uns an der Krummen Lanke zum Glück nicht kümmern.“ Weil: Im Uferbereich gab es noch kein Eis. Nur schnatternde Enten, die sich wunderten, wer denn da vollbekleidet in ihren See drängt.
Doch zuvor wurde noch der Tauftext aus Johannes 17 vorgelesen, danach empfing Täufling Ralph das Weihegebet von Pastor Mark Seefeldt: „Nur weil man Christ ist, läuft noch lange nicht alles rund im Leben.“ Dass der Pastor unter seinem schwarzen Gewand grüne Anglerstiefel trug, war sicherlich für Spaziergänger und Radfahrer, die neugierig stehen blieben, ein sehr ungewohnter Anblick.
Und schon schritt die Prozession ins kalte Wasser der Krummen Lanke, um Ralph Schickert zu taufen. Anschließend war der Getaufte zwar nass bis auf die Haut, aber sehr froh: „Ich war vor zwei Tagen schon einmal vor Ort und habe die Hand ins Wasser gehalten und mich gefragt, ob eine Taufe an dieser Stelle wohl die falsche Entscheidung sei. Aber in dem Moment der Taufe habe ich überhaupt keine Kälte gespürt.“
Bei der Taufe mit dabei war auch Parkläufer S. Fazliji, der mit dem Rad Patrouille um den See fährt und für Ordnung sorgt: „So etwas habe ich in meinem Leben auch noch nicht gesehen.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 71 (2/2020).
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