Domäne Dahlem: Braufest Südwest 2019 lockte zahllose Bierfreunde an!
Die Bier-Wahrnehmung in Berlin, sie verändert sich. Bier ist nicht mehr allein der betrunken machende Durstlöscher, der den Atem vergiftet und die Plauze wachsen lässt. Dank der Craft-Beer-Revolution darf Bier nun auch Genussmittel sein, das auf Geschmack abzielt und das mit immer neuen Aromen den Gaumen wachkitzelt.
Längst gibt es in der Nation bereits die ersten Biersommeliers, die aus einem „wönzigen Schlöckchen“ einen besonders zitronigen Hopfen oder ein sehr süßes Malz herausschmecken können.
Wer sich im Raum Steglitz-Zehlendorf auf die Suche nach alternativen Bieren zum allgegenwärtigen „Berliner Kindl“ begeben möchte, wartet am besten auf das einmal im Jahr stattfindende „Braufest Südwest“. Das fand 2019 zum vierten Mal statt. Am 9. und 10. August wurde es bereits zum zweiten Mal auf dem Gelände der Domäne Dahlem veranstaltet. Organisiert wird das bierselige Fest stets von der „Zehlendorf-Lichterfelder Braugesellschaft e.V.“ (Zehli-Bräu, www.zehli.de), die etwa 30 Mitglieder hat und mit großer Freude auch eigenes Bier braut.
Auf dem „Braufest Südwest“ haben sich am Anfang nur kleine Brauereien aus dem Südwesten von Berlin präsentiert. Diese Klammer hat man mittlerweile ein wenig gelockert, sodass nun auch Brauereien aus dem ganzen Großraum Berlin auf dem Fest willkommen sind.
Bei der Neuauflage 2019 kamen so bei schönstem Wetter gleich ein ganzes Dutzend Brauereien auf dem großen Freigelände der Domäne Dahlem zusammen. Zu ihnen zählten u.a. auch die Brauerei Vagabund, die Brauerei Heldenblut, die Braumanufaktur Potsdam, die Brauerei Schoppe Bräu oder die Brauerei Motel Beer.
Sven Herzog (51) von Zehli-Bräu: „Im letzten Jahr waren sechs Brauereien dabei, in diesem Jahr sind es bereits doppelt so viel, darunter Brauereien aus Friedrichshain, Köpenick, Neukölln und Mitte. Die Domäne Dahlem ist für uns ein ganz toller Veranstaltungsort, weil sie eben mitten in unserem Steglitz-Zehlendorf liegt und darüber hinaus verkehrstechnisch perfekt angebunden ist. Dank Bus und Bahn kann man als Besucher auch ohne Auto kommen – und darf so unbekümmert das eine oder andere Bier mehr als sonst verkosten.“
Eine tolle Idee: Damit niemand das edle Craft Beer aus Papp- oder Plastikbechern süffeln muss, standen vor Ort 1.500 Gläser bereit. Die Besucher konnten sich für drei Euro Pfand ein Glas ausborgen, es an einem Brauereistand füllen lassen, um es dann frisch entleert wieder zum Spülen zurückzugeben. Im Tausch gab es dafür wieder ein frisches Glas. Sven Herzog: „Für Bierliebhaber ist es inakzeptabel, aus einem Plastikbecher zu trinken. Ein guter Nebeneffekt: Wir produzieren keinen Müll.“
Die Bierfreunde von Zehli-Bräu präsentierten auf dem Braufest zwei eigene Biere, das „Zehli Saphir“ und das „Zehli Deli Hops“. Sven Herzog: „Als Hobbybrauer haben wir nur sehr kleine Kapazitäten. Unsere beiden Biere haben wir deswegen nach unserer Rezeptur bei der Brauerei Lemke in Berlin brauen lassen. Je zehn Hektoliter sind so entstanden. Das Zehli Deli Hops ist ein Hopfen-gestopftes Lagerbier, das durch den verwendeten Simcoe-Hopfen ein sehr fruchtiges Aroma bekommt. Beim Zehli Saphir kommt ein helles Bier zum Einsatz, das in der Kaltgärung mit Saphir-Hopfen gestopft wurde. Unsere Biere gibt es übrigens nicht in der Flasche, sondern nur im Fass.“
In diesem Jahr gab es für die vielen hundert Besucher (2 Euro Eintritt) auf dem zwei Tage andauernden Braufest zum ersten Mal einen Bewertungsbogen. Jeder Bierfreund konnte sich testweise durch die mitgebrachten Biere trinken, um nach dem Genuss Punkte für Aussehen, Geruch und Geschmack zu vergeben.
Maximal 100 Punkte konnte ein Bier auf diese Weise gewinnen. Jede Brauerei hatte für diesen Zweck genau zwei Biere im Gepäck. So durften die Testpersonen lokale Biere wie die „Berliner Perle“, den „Sauren Nick“, die „Potsdamer Stange“ und das „Reinickendorf Kellerbier“ mit Punkten versehen. Entsprechende Zettel wurden bereits am Eingang an alle Besucher verteilt.
Sven Herzog: „Bier liegt weiterhin im Trend. Das Publikum beim Braufest war einmal mehr bunt gemischt. Man kann aber schon sagen, dass die Älteren lieber ein klassisches Bier bevorzugen, während die Jüngeren gern experimentieren.“
Keine Frage: Es machte wirklich großen Spaß, sich mit dem geliehenen Glas in der Hand von einem Stand zum nächsten zu bewegen, um auf die Jagd nach ausgefallenen und leckeren Bieren zu gehen.
Die Brauerei Lemke aus Berlin präsentierte so etwa eine tiefrote „Himbeer Weisse“. Gregor Graske: „Wir haben zehn Hektoliter angesetzt und auf Flaschen gezogen. Während des Gärprozesses der Weisse haben wir 150 Gramm Himbeeren pro Liter hinzugegeben und diese vollständig vergären lassen. Die Himbeer Weisse ist ganz neu im Sortiment. Wir freuen uns: Die Nachfrage ist riesig und vor allem auf Festen wird unsere Weisse gern getrunken.“
Viele Genießer, die sonst nur die zuckersüße Berliner Weisse kennen, wunderten sich über den prickelnd-sauren Geschmack. Gregor Graske: „So soll eine Weisse eigentlich schmecken.“
Vor Ort war erstmals auch das Spandauer Brauhaus anzutreffen. Im Nordwesten von Berlin ist das Brauhaus mit seiner angeschlossenen Gastronomie und den vielen kultigen Veranstaltungen im Jahr bereits eine gesetzte Institution, die mit sehr süffigen Bieren überzeugt. Jeden Monat kommen stets ein helles und ein dunkles Bier aus dem eigenen Brauansatz ins Fass. Für das Fest brachten die Spandauer neben ihrem klassischen Spandauer Havelbräu auch ein dunkles Spandauer Sommerbier mit. Christian Stange: „In Zehlendorf sind wir mit unserem Bier bislang noch gar nicht vertreten. Wir hatten aber auf dem Braufest genügend Bier dabei, um uns auch vor Ort einmal richtig vorstellen zu können.“
Auch beim Bier macht man sich Gedanken um den Klimawandel. Philipp Brokamp von der Brauerei Hops & Barley: „Unser historisches Czech Lager nutzt einen tschechischen Hopfen. Wichtiger aber noch: Das Malz stammt aus einer Spiegelgerste. Dabei setzen wir auf eine historische Sorte. Die ist robuster, hat weniger Ertrag als die modernen Sorten, kommt dafür aber mit dem Klimawandel besser zurecht – und das wird in der Zukunft noch wichtig werden.“
Die Brauerei Malz & Moritz stammt ebenso wie Zehli Bräu aus dem Südwesten selbst. Julian von Angern, der im Lichterfelder Goerzwerk anzutreffen ist, stellte ein schwarzes Weizen-Stout mit 6,9 Volumenprozent Alkohol vor. Julian von Angern: „Das Bier stammt von unserem Braumeister Florian Steininger. Die Hefe haben wir hier zwei Mal vergoren. Dabei haben wir ein besonderes Aroma umsetzen können. Das Stout schmeckt nach Schokolade und Kaffee.“
So viel Bier, wie auf dem Fest zu kosten war, kann gar kein Besucher trinken. Und so freuten sich die Gäste auch über weitere Stände mit leckerem Backschwein, französischer Salami, Fruchtweinen und Obstlikör. Die Jazzband „So What“ aus Kleinmachnow sorgte für die musikalische Unterhaltung.
Sven Herzog: „Am Ende haben wir uns über viele glückliche Besucher gefreut. Wir sind auf dem richtigen Weg. Auch, dass wir das Fest erstmals an zwei Tagen stattfinden lassen, kam gut an. Am Ende haben wir 850 Stimmzettel ausgezählt. Zum Braufest-Bier des Jahres 2019 wurde der „Hexentrunk“ von der Brauerei „Heldenblut“ gekürt. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 66 (9/2019).
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