Große Spielfreude im Schlosspark Theater: Ausblick auf die 11. Spielzeit
Zehn Jahre lang ist Dieter Hallervorden (84) nun bereits Intendant im Steglitzer Schlosspark Theater. Mit großem Engagement hat er zwischen lustigen Komödien wie „Einfach tierisch“ und historischen Stücken à la „Mosca und Volpone“ auch immer wieder Platz geschaffen für starke und wagemutige Theater-Experimente. Das nach einem Stephen-King-Roman entstandene Kammerspiel „Misery“ hinterließ einen ebenso starken Eindruck wie die mannstarke Produktion „Einer flog übers Kuckucksnest“.
Und auch „Honig im Kopf“ nahm hier als Theaterstück seinen Ursprung.
Als Fan dieser kulturellen Einrichtung fragt man sich: Was steht nun in der 11. Spielzeit an, die im September beginnt?
Zunächst einmal gibt es eine Umstellung des Spielplans. Dieter Hallervorden: „Ab September gibt es bei uns eine wichtige Neuerung. Wir spielen die neuen Stücke ‚en suite‘, also nach der Premiere sechs Wochen lang am Stück weiter. So sparen wir 100.000 Euro im Jahr, die ansonsten für die ständigen Umbauten der Kulissen fällig werden. Das können wir uns nicht leisten. Auch gewinnen wir so leichter prominente Kollegen für uns, wenn sie in einem Block bei uns spielen können.“
Die erste große Eigenproduktion der 11. Spielzeit ist „Adel verpflichtet“, eine „mörderisch schwarze Komödie“, die vom 7. September bis zum 20. Oktober gespielt wird. Es geht um Victor, der im Gefängnis sitzt und vom Henker geköpft werden soll. Doch den Mord, für den er angeklagt wird, den hat er gar nicht begangen. Stattdessen hat er einen Verwandten nach dem anderen gemeuchelt, um Karriere im Adelsgeschäft zu machen. Delinquent und Henker finden schon bald in einem leidenschaftlichen Diskurs zusammen. Sie reden über die Kunst, jemanden kunstvoll ums Leben zu bringen.
Anatol Preissler, der „Adel verpflichtet“ in der deutschen Fassung mit geschrieben hat und das Stück nun als Regisseur betreut: „Ich habe bereits in vielen Theatern gearbeitet. Da wird oft das Geld zum Fenster herausgeworfen. So viel Begeisterung für das Theater wie hier im Schlosspark Theater trifft man selten an. Das vermisse ich woanders. Schreiben wollte ich übrigens schon immer – trotz meines vergeigten Deutsch-Abiturs.“
Das Stück „Adel verpflichtet“ ist auch deswegen eine besondere Aufführung, weil Vater Dieter Hallervorden mit Sohn Johannes Hallervorden zum allerersten Mal gemeinsam auf der Bühne steht. Sie teilen sich bereits eine Menge Aufgaben im Schlosspark Theater – nun treten sie auch gemeinsam auf. Und spielen gemeinsam acht verschiedene Rollen auf der Bühne.
Wie streng der Vater da wohl mit seinem Sohn umgeht? Dieter Hallervorden: „Mein Sohn hält mich ja eh bereits für sehr streng, da ändert sich auch auf der Bühne nichts. Ich habe sehr hohe Ansprüche, ich bin auch nur sehr selten mit meiner eigenen Arbeit zufrieden. Es hat sich nun auch herausgestellt, dass wir eine komplett andere Herangehensweise an die Arbeit haben. Ich möchte gern sieben Tage früher fertig sein mit allen Vorbereitungen für das Stück, damit ich nicht mit hängender Zunge ins Ziel gelange. Johannes hingegen braucht den Druck der letzten sieben Tage. Aber natürlich bin ich sehr stolz auf meinen Sohn, es ist jetzt seine fünfte Produktion vor Ort.“
Vom 27. Oktober bis zum 8. Dezember geht es weiter mit der deutschsprachigen Erstaufführung der Komödie „Ruhe! Wir drehen“. Dieter Hallervorden: „Das Stück habe ich in Paris entdeckt, als ich dort zusammen mit meiner Frau war. Ich habe mir gleich die Rechte gesichert. Hier geht es um unser Berufsleben mit allen Pannen und Querelen.“
Dieter Hallervorden hat das Stück selbst ins Deutsche übersetzt. Angelika Mann, Wolfgang Bahro und Karsten Speck spielen Rollen in der Komödie. Und auch die Zuschauer dürfen sich auf etwas Adrenalin freuen, wie Regisseur Thomas Schendel verrät: „Das Stück spielt direkt am Drehort eines Films. Da in einem Theater gedreht wird, sind die Zuschauer im Saal die Komparsen, die immer mal wieder interaktiv in das Stück eingebaut werden.“
Wolfgang Bahro freut sich auf das Stück: „Ich bin seit 27 Jahren mit dem Fernsehen unterwegs und weiß genau, was da alles schiefgehen kann.“
Thomas Schendel ist als Autor und als Regisseur auch für „Ich bin nicht Mercury“ verantwortlich, das am 11. Januar 2020 Premiere und Uraufführung feiert. Das Stück huldigt der Musik und versteht sich als Hommage an Freddy Mercury. Eine junge Band ist hier bei den letzten Proben für eine Studioaufnahme zu sehen, bei der Songs von Freddy Mercury und seiner Band Queen auf dem Programm stehen. Thomas Borchert, Frederike Haas, Sophie Berner, Marco Billep und Michael Ernst stehen in diesem musischen Stück auf der Bühne. Unterstützt werden sie dabei von exzellenten Musikern. Keine Frage: Hier wird ordentlich musiziert und es geht nicht nur um das gesprochene Wort.
Am 29. Februar 2020 feiert „Schmetterlinge sind frei“ Premiere am Schlosspark Theater. Das Stück von Leonard Gershe stammt aus den USA und präsentiert sich als lebenskluge Komödie. Der junge Don löst sich endlich von seiner überfürsorglichen Mutter und zieht aus. Als Nachbarin lernt er in seinem neuen Haus die junge Jill kennen – und lieben. Doch die Frau Mama sieht die Abnabelung ihres Sohnes mit gemischten Gefühlen. Denn er ist blind.
Die Mutter im Stück wird übrigens von Julia Biedermann gespielt, die nach zwölf Jahren in den USA zusammen mit ihren Söhnen wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist: „Es ist ein tolles Gefühl, wieder in meiner Heimatstadt Berlin auf der Bühne zu stehen. Es war für mich übrigens ganz leicht, mich auf den Text einzulassen, vieles davon erinnert mich an mein eigenes Leben.“
Noch bis zum 19. April müssen alle Theaterfreunde warten, die „Zwei wie Bonnie & Clyde“ sehen möchten. Im amüsanten Boulevard-Stück geht es um einen Banküberfall, der fürchterlich schief geht. Philip Tiedemann inszeniert und Susan Sideropoulos und Jan Sosniok stehen beide zum ersten Mal auf der Bühne des Schlosspark Theaters.
Jan Sosniok: „Ich wohne gleich in der Nähe. Immer, wenn ich in den letzten zwei Jahren einmal am Theater vorbeigelaufen bin, war es mein Wunsch, hier einmal zu spielen. Mit Susan habe ich schon mal zusammen Theater gespielt, das war super.“
Susan Sideropoulos: „Ich liebe das Stück. Ich musste zuhause laut lachen beim Drehbuchlesen, und das passiert mir nur sehr selten.“
Natürlich bleiben die Finanzen weiterhin ein großes Thema im Schlosspark Theater. Dieter Hallervorden erinnert sich: „Das Theater lebt. Aber das war ja nicht immer so. 2008 gab es eine Ausschreibung darüber, wer das Schlosspark Theater wohl übernehmen könnte. Acht Bewerber gab es. Ich musste mein Konzept am Ende dem Senat vortragen und bekam den Zuschlag. Am 12. September habe ich mit Selbstvertrauen und Muffensausen zugleich den Vertrag bei Wowereit unterschrieben. Viele von der Presse dachten ja damals, der Prinz wäre zu alt, um das Dornröschen noch einmal wachzuküssen. Aber jetzt gehen wir bereits mit geballter Kraft in die 11. Spielzeit. In dieser Spielzeit erwarten wir den Millionsten Zuschauer bei uns.“
Dieter Hallervorden: „Beim Einzug in das Schlosspark Theater habe ich etwa 1,7 Millionen Euro aus meinem privaten Vermögen – das war hauptsächlich das Geld, das ich mit ‚Didi‘ verdient habe – in die nötigen Renovierungsarbeiten gesteckt, etwa in neue Technik. In den kommenden Spielzeiten waren es immer etwa 100.000 Euro, die ich zuschießen musste. In der achten und neunten Spielzeit hat sich das minimiert, jetzt gehen wir Plusminusnull aus dem Jahr heraus. Der Berliner Senat sollte erkennen, dass hier gute Arbeit geleistet wird. Leider entscheiden viele über Zuschüsse, ohne das Theater jemals betreten zu haben. Sie bestimmen also über Dinge, die sie gar nicht verstehen. Jetzt haben wir aber Signale bekommen, dass sich das ändern wird. Das wäre gut, weil wir dann sicherer und auch langfristiger planen können. Bislang laufen alle Verträge auf mich persönlich, etwas Entlastung täte gut.“ (Text/Fotos: CS)
Info: Schlosspark Theater, Schloßstr. 48, 12165 Berlin, Tel.: 030-7895667-100, www.schlosspark-theater.de
Dieser Artikel wurde in „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 66 (9/2019) veröffentlicht.
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