Zu Besuch am Wannsee: In der Sommervilla von Max Liebermann
Max Liebermann, 1847 in Berlin geboren, gilt als einer der wichtigsten deutschen Maler des Impressionismus. Der Sohn eines wohlhabenden jüdischen Textilfabrikanten wird 1897 zum Professor der Akademie der Künste ernannt. Er wird außerdem Präsident der Berliner Sezession. Zu dieser Zeit lebt Liebermann in seinem Anwesen direkt am Pariser Platz.
1909/10 lässt er sich am Großen Wannsee einen Sommersitz bauen – die Liebermann-Villa, in der er zusammen mit seiner Frau Martha und der Tochter Käthe die Sommermonate verbringt. Der einzigartige Garten inspiriert den Künstler zu über 200 Ölbildern.
Die Liebermann-Villa kann heute wieder besichtigt werden und verzeichnet etwa 80.000 Besucher im Jahr. Das war nicht immer so. Verantwortlich für den Erhalt des Sommersitzes ist die Max-Liebermann-Gesellschaft.
Ihr neu gekürter Direktor ist Dr. Daniel Spanke. Er erzählt: „Das Geld zum Bau der Liebermann-Villa hat der Maler nicht aus seinem Erbe genommen, sondern es innerhalb von zwei Jahren selbst verdient. Er galt im Deutschen Reich als einer der angesehensten Maler, war aber auch schon im Kaiserreich rassistischen Anfeindungen ausgesetzt. 1933 wurde es mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten natürlich nur noch viel schlimmer.“
Tatsächlich stammt das berühmte Zitat „Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte“ von Liebermann. Er soll es angesichts eines Fackelzugs zu Adolf Hitlers Machtübernahme geäußert haben.
Dr. Daniel Spanke erzählt weiter: „Liebermann ist 1935 gestorben. Nur ganz wenige seiner engsten Freunde haben es sich getraut, zu seiner Beerdigung zu gehen. Auf die Witwe haben die Nazis dann den Druck erhöht, sodass sie 1940 die Villa am Wannsee weit unter Verkaufswert an die Reichspost veräußert hat. Das Geld hat sie übrigens nie gesehen.“
Die Geschichte geht tragisch aus. Martha Liebermann verpasst den Moment, ins Ausland zu fliehen. Als sie ins KZ Theresienstadt deportiert werden soll, wählt sie den Freitod. Ein goldener Stolperstein vor Liebermanns Stadthaus am Pariser Platz erinnert weiterhin an sie.
Die Liebermann-Villa selbst wird ab 1944 als Lazarett eingesetzt. Bis 1969 verwendet man die Villa als Krankenhaus. Die Tochter Käthe, die inzwischen in den USA lebt, bekam das Anwesen nach dem Krieg wieder übereignet. Sie verkaufte es 1958 an das Land Berlin. Das verpachtete es 1972 an einen Tauchverein.
Dr. Daniel Spanke: „Am Wannsee kann man gar nicht tauchen. Der Verein hat das Grundstück vor allem zum Feiern genutzt. 1995 hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, um die Liebermann-Villa zu einem Gedenkplatz für den ursprünglichen Besitzer zu machen. Daraus ist dann die Max-Liebermann-Gesellschaft hervorgegangen. Ziel war es immer, vor Ort das Leben und das Werk Liebermanns zu würdigen – und auch, den alten Garten wieder herzustellen. Leider hat der Bezirk vorzeitig und ohne Not den Pachtvertrag mit dem Tauchverein um 20 Jahre verlängert. Da waren wir natürlich erzürnt. Viele haben sich engagiert, die Wogen schlugen hoch, Emotionen wurden freigesetzt. Wir fanden, dass das Andenken Liebermanns in den Staub getreten wurde. Am Ende gab es zum Glück eine salomonische Lösung: Wir haben dem Tauchverein dabei geholfen, ein neues Quartier zu finden. Der Verein hat nun die ehemalige Feuerwehrstation auf der anderen Wannsee-Seite bezogen. Der Umzug wurde von der Liebermann Gesellschaft bezahlt. Ich bin sehr glücklich über diese Lösung. Eine meiner ersten Amtshandlungen als neuer Direktor wird es deswegen auch sein, dem Tauchverein möglichst bald einen Besuch abzustatten.“
Drei Millionen Euro kostete es, das Anwesen zu sanieren und in ein Museum zu wandeln. Das Geld stammte von der Max-Liebermann-Gesellschaft, von Spendern und aus dem Fundus der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. 2006 wird das Museum als „Liebermann Villa am Wannsee“ neu eröffnet. Die Gesellschaft muss keine Pacht bezahlen, dafür aber alle Betriebs- und Baukosten selbst stemmen.
Auf das Gelände gelangen die Besucher durch das ehemalige Gärtnerhaus, in dem nun ein Museums-Shop zu finden ist. Über den nach alten Fotos und Gemälden restaurierten Garten gelangt der Besucher in die Liebermann-Villa. Im Erdgeschoss kann man Medien zum Leben und zum Werk Liebermanns in Augenschein nehmen. Hier ist auch das Café Max angesiedelt. Es versorgt die Besucher mit Kaffeespezialitäten und leckeren Kuchen, den man vor Ort genießen kann – bei schönem Wetter auch gern auf der Terrasse mit Blick auf den Wannsee. Im oberen Geschoss werden Werke Liebermanns ausgestellt – vor allem Bilder, die an diesem Ort auch entstanden sind.
120 ehrenamtliche Helfer und nur wenige festangestellte Mitarbeiterinnen helfen dabei, den Museumsbetrieb aufrecht zu erhalten und den Garten zu pflegen. Die Liebermann-Villa ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, nur am Dienstag ist das Haus geschlossen. Der Eintritt kostet regulär 8 Euro, ermäßigt 5 Euro. Kinder unter 14 Jahren dürfen kostenfrei eintreten.
Dr. Daniel Spanke: „Ich bin seit April Direktor. Ich muss nun erst einmal alle Mitarbeiter kennenlernen und die Besonderheiten des Hauses verstehen. Ich werde versuchen, die private Atmosphäre vor Ort noch zu verstärken, das Angebot weiter auszubauen und den Zugang noch barriereärmer zu gestalten, etwa mit einem Aufzug für den ersten Stock.“ (Text/Fotos: CS)
Info: Liebermann-Villa am Wannsee, Colomierstraße 3, 14109 Berlin, Tel.: 030-80585900, www.liebermann-villa.de
Dieser Artikel wurde in „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 62 (5/2019) veröffentlicht.
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