Scheibes Glosse: Mein Hund wird alt!
In der Redaktion sind wir zu dritt. Eigentlich aber zu viert. Redaktionshund Becky, ein weißer Golden Retriever, ist nun schon seit knapp 13 Jahren mit dabei. Die Jahre gehen mit einem Hund leider nicht ganz so pfleglich um wie mit einem Redakteur. Der Redaktionshund ist inzwischen so gut wie taub und das mit dem Sehen klappt auch nicht mehr so gut. Dafür ist die Nase noch top in Ordnung.
Wenn irgendwo im Büro eine Wurststulle ausgepackt wird, dann fährt das im katatonischen Zustand auf Duftsignale wartende Tier sein System wieder hoch, wuchtet sich aus dem liegenden Zustand auf die vier Pfoten und wechselt in den Bettel-Modus.
Nach Feierabend wird aus dem Redaktionshund ein Familienhund. Als solcher wird das Tier immer wunderlicher. Punkt acht am Abend hat es Essen zu geben. Ansonsten gibt es Ärger. Dann setzt sich der Hund wie ein Geier vor seine Bezugsperson und fixiert sie mit zusammengekniffenen Augen. Man kann förmlich hören, wie der Hund denkt: „Ich hab Hunger, macht mir Essen.“ Wir gehorchen. Probleme gibt es nur nach einer Zeitumstellung, wenn der Hund genau weiß, dass es acht Uhr ist, die Uhr aber noch auf der sieben steht.
Irgendwann hat es sich der Hund selbst beigebracht: Er stellt sich vor die Tür und bellt einmal. So signalisiert das schlaue Tier, dass man ihm doch bitte die Tür nach draußen oder drinnen öffnen solle. Leider ist der Hund ein echtes Gewohnheitstier. Steht Frauchen unter der Woche um fünf Uhr auf und lässt den Hund schon so früh raus in den Garten, dann soll das bitte am Wochenende auch so sein. Ein herrisches Bellen am Wochenende morgens um fünf – was kann es Schöneres geben? Ich lass den Hund raus und leg mich dann auf dem Sofa noch einmal schlafen. Weil – meist will der Hund dann um sechs Uhr wieder rein.
So viel Aktivität zieht nach sich, dass der Hund tagsüber viel schlafen muss, um seine nächtlichen Eskapaden auszugleichen. Am liebsten liegt Becky draußen vor dem Haus – mit Blick auf das Gartentor. Sie weiß genau, welcher Post- oder Paketbote Leckerlis mit an Bord hat. Wer den Hund nicht füttert, wird nicht auch nur ansatzweise beachtet. Letztens fragte ein Bote: „Lebt der noch? Oder ist der ausgestopft?“
Keine Sorge, der lebt noch. Auch wenn alle Geschwister aus dem Wurf zum Teil schon seit Jahren verstorben sind, ist unser Hund eigentlich noch gut beieinander. Nur der hintere Rücken, der macht ihr Probleme. Alle paar Wochen gibt es eine Cortison-Spritze, damit die Schwellungen zurückgehen, Lähmungserscheinungen verschwinden und der Hund frohgemut Gassi gehen kann. Nur Treppen oder Rampen, das geht nicht mehr. Als ergebener Diener des Vierbeiners habe ich mir angewöhnt, den Golden Retriever die Treppen hochzutragen. Bei 35 Kilo Lebensgewicht – ein gutes Fitness-Programm, was leicht dazu führen kann, dass mir dabei die Adern wegplatzen. Der Hund hat sich dran gewöhnt. Er setzt die vordere Pfote auf die Treppe, guckt über die Schulter nach hinten und wartet auf den Trage-Boy. Nur letztens ging‘s nicht schnell genug. Da tingelte eine Katze durch den Garten und der Hund wollte zeigen, wer der Chef ist. Aber ich musste ihn ja erst die Treppe hochtragen.
Auf der Gassirunde gibt es für den – wir erinnern uns: weißen! – Golden Retriever nichts Schöneres als moddrige Gräben mit Matsche. Mit schwarzem Bauch krabbelt das Tier dann wieder heraus – und ich muss den tropfenden Hund ins Auto heben. Und dann müffelt er so intensiv.
Nichts findet der Bürohund dann schöner, als bei einer abendlichen Pokerrunde unsichtbar unter dem Tisch zu liegen, um darauf zu warten, dass einer der Gäste sich zu fragen traut: „Vergammeln hier gerade ein paar Rüben in einer Ecke?“ Neh, alles gut, das ist nur der Hund. Hoffentlich noch ein paar Jahre lang. Sonst wird‘s ja langweilig. (CS, Fotos: CS/Tanja M. Marotzke)
Dieser Artikel wurde in „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 62 (5/2019) veröffentlicht.
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