Lichterfelde: Zu Besuch im Petticoat Shop
Rock-n-Roll, lange Locken und farbenfrohe Petticoat-Kleider – das waren die 50er Jahre in Deutschland. Zusammen mit der Musikrichtung haben auch die Petticoats den Lauf der Jahrzehnte unbeschadet überstanden – und sind zurzeit wieder beliebter denn je. Das weiß auch Sylvia Ernst, die seit 1999 eine eigene Petticoat-Manufaktur und ein einzigartiges Ladengeschäft in Steglitz unterhält. (ANZEIGE)
Zunächst einmal: Wenn man von einem Petticoat spricht, dann meint man damit eigentlich einen bauschigen Unterrock aus versteiften Stoffen, die in rüschen- und spitzenverzierten Stufen angeordnet werden. Sie werden unter weiten taillenbetonten Röcken und Kleidern getragen und unterstützen dabei die Form.
Sylvia Ernst: „Dass mein Mann und ich uns mit dem Thema Petticoat beschäftigen, das war ein echter Zufall. Wir waren beide im betriebswirtschaftlichen Bereich angestellt und kamen auf den Gedanken, uns selbstständig zu machen. Ich habe mich an meine Kindheit erinnert, als ich so gern die Petticoats meiner Mutter angezogen habe. Da kam dann schnell die Idee auf, die Petticoats in das Zentrum unserer Selbstständigkeit zu stellen. Damals gab es noch keine Online-Shops und kein eBay, wie man es heute kennt. Wir hatten also keine Konkurrenz und haben die ersten Petticoats bei einem Hersteller in den USA bestellt. Wir fingen damals ganz klein und bescheiden an – in einem 20-Quadratmeter-Schuppen, in den wir einen Computer gestellt haben. Damals haben wir zunächst nur davon geträumt, dass diese Idee einmal Erfolg haben könnte. Aber das Geschäft lief mit der Zeit immer besser und besser. Als immer mehr Kundensonderwünsche aufkamen, was die Länge, Form und Farbe ihrer Kleider und Petticoats anbelangt, haben wir 2005 unsere eigene Produktion gestartet. Wir haben spezielle Maschinen angeschafft, Leute eingestellt und uns um eine entsprechende Ausbildung bemüht. Seitdem produzieren wir unsere Kleider, Röcke und Petticoats selbst. Unser Label heißt ‚Setrino‘. Über unseren Online-Shop, den Großhandel und Brautmodengeschäfte vertreiben wir unsere Ware in alle Welt.“
Im eigenen Ladengeschäft können die Kundinnen sich viele Stoffe in dezenten Farben oder mit farbenfrohen Mustern, viele Modelle und jede Menge Zubehör wie Haarbänder, Strumpfbänder, Nickitücher oder Gürtel anschauen.
Sylvia Ernst: „Wir denken nicht in Kollektionen, sondern erweitern unser Angebot permanent um neue Stoffe, die uns gefallen. Dadurch, dass sich ein Grundmodell durch die verwendeten Farben, die Weite und die Accessoires immer wieder neu verändern lässt, stehen unseren Kundinnen unendlich viele Variationen zur Verfügung. Wir bieten keine Maßanfertigungen an, können unsere Modelle aber gern nach Kundenwunsch verändern und umnähen.“
Zu den Kundinnen, die sich für einen Petticoat interessieren, zählen übrigens nicht nur die Rockabilly-Mädchen, die den 50er Jahren huldigen. Sylvia Ernst: „Zu uns kommen viele junge Mädchen, die ein Kleid mit Petticoat für die Jugendweihe, die Konfirmation, den Abschluss- oder den Abiball benötigen. Es kommt aber auch die 70-jährige, die gerne tanzen geht und dafür ein neues Modell sucht. Wir bieten die Petticoats auch schon für Kinder an. Transgender-Männer zählen zu unseren treuesten Kunden. Im Square- und Line-Dance sind die Petticoats sehr beliebt und viele Frauen kaufen bei uns auch ein weißes Petticoat-Kleid mit Spitze und Rüschen als Hochzeitskleid ein – das ist ein schöner Trend. Generell muss ich sagen, dass wir eine sehr weibliche Mode präsentieren. Das ist kein Vintage und kein Abklatsch der 50er-Jahre-Mode, sondern eine echte Weiterentwicklung. Welche Passform möchte die moderne Frau denn heute haben, wenn es um ihr Kleid geht? Das fragen wir uns oft. Wir betonen weibliche Rundungen und lassen Problemzonen wie Bauch oder Oberschenkel geschickt unter den Stoffen verschwinden. Wir bringen Modernität in das Thema hinein, ohne die Ursprünge zu verleugnen. Übrigens kann man dank des vielseitigen Angebots auch sehr geschickt seinen eigenen Stil wählen. Es gibt schlichte, aber edle Kleider, und verspielte ebenso wie sportlich-elegante Modelle. Natürlich lassen sich alle Kleider und Röcke auch ohne Petticoat tragen. Generell kann ich sagen, dass in diesem Jahr die verkaufte Durchschnittsgröße bei den Kleidern bei der 42 bis 44 liegt.“
Zurzeit herrscht im Petticoat-Geschäft wieder Hochbetrieb: Die Abibälle, Jugendweihen und Konfirmationen stehen an. Sylvia Ernst: „Im Sommer kommen Mottoparties, Gartenfeste und Hochzeiten dazu. Wir haben eigentlich immer etwas zu tun. Manche Damen kümmern sich schon Wochen und Monate vor einem großen Event um ihr Kleid, und andere schauen auf den letzten Drücker und kurz vor knapp bei uns vorbei.“
Das Ladengeschäft hat Montag bis Samstag ab 10 Uhr geöffnet. (Text/Fotos: CS)
Info: Petticoatshop.com, Manteuffelstraße 16, 12203 Berlin, Tel.: 030-84409648, www.petticoatshop.com
Dieser Artikel wurde in „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 59 (2/2019) veröffentlicht.
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