Großes Firmenporträt (2): Bäckerei Hillmann
Frisches Brot und knusprige Brötchen stehen bei den meisten Bürgern jeden Tag auf der Einkaufsliste. Wohl dem, der noch einen echten Familienbetrieb „um die Ecke“ aufsuchen kann, wo die Teigwaren nachts von Hand vorbereitet, in den Ofen geschoben und morgens frisch in die Auslage gelegt werden. Aus Berlin-Lichterfelde stammt die Familienbäckerei Hillmann, die inzwischen von Matthias Hillmann (51) und seiner Schwester Claudia (52) in dritter Generation bewirtschaftet wird. (ANZEIGE)
Matthias Hillmann erinnert sich: „Unser Großvater Georg hat die Bäckerei bereits 1931 am jetzigen Standort am Hindenburgdamm gegründet. Eine kleine Bäckerei gab es hier übrigens schon vorher. Unser Opa, der aus der Uckermark stammte, hat dort sogar angefangen zu arbeiten. Und da es vor Ort keinen Nachfolger gab, hat der Großvater die Bäckerei 1931 übernommen. Wir gehen also inzwischen ins 88. Jahr. Unsere Familienbäckerei hat zurzeit 50 Mitarbeiter in der Backstube und in den sechs weiteren Filialen. In den 50er Jahren hat unsere Familie übrigens den Flachbau am Standort Hindenburgdamm gebaut, in dem auch heute noch unsere gesamte Produktion stattfindet. Noch eine tolle Geschichte: Mein Opa hat in der Zeit des Nationalsozialismus eine jüdische Familie im eigenen Haus versteckt. Sogar ein Kind wurde in der Zeit geboren. Da es auch Nazis in der Backstube gab, wurde die Familie von ihr ferngehalten, sodass niemand die Familie verpetzen konnte. Dafür hat unser Großvater sogar das Bundesverdienstkreuz bekommen.“
In der Familienbäckerei gibt es viele leckere Brote, darunter etwa die Kartoffelkruste, ein Paprika-Krüstchen, Omas Krustenbrot oder den Dinkel-Vollkorn-Sonnenkern. Da nicht alle Brotrezepte gleichzeitig zur Anwendung kommen können, gibt es einen „Brotkalender“. Der zeigt den Kunden für die ganze Woche auf, an welchen Tagen welche Brote aus dem Ofen kommen, sodass sie genau wissen, an welchem Tag etwa das Kürbis-Möhren-Brot zu haben ist.
Matthias Hillmann: „Unser Bestseller ist das Roggen-Krustenbrot. Eine Besonderheit ist auch unser Pflaumen-Walnuss-Brot mit außergewöhnlichen Zutaten. Außerdem haben wir die Lizenz, um das Brot Pain Pailasse anbieten zu können. Das gedrehte mediterrane Brot hat ein Schweizer Bäckermeister entwickelt, der auf der Suche nach dem Brotgeschmack seiner Jugend war. Es dauert sehr lange, dieses Brot herzustellen, da hier nur 0,3 Prozent Hefe eingesetzt wird. Normalerweise werden fünf Prozent Hefe zum Teig hinzugegeben. Eine unserer Spezialitäten ist das Emmerbrot, das aus einem Urgetreide hergestellt wird. Dafür haben wir bei uns eine eigene Mühle angeschafft, um diesen speziellen Weizen zu mahlen. Der Trend geht übrigens hin zum kleineren Brot mit 250 Gramm Gewicht. Das ist den zunehmenden Single-Haushalten geschuldet. Wir haben aber natürlich auch weiterhin die 500-Gramm- und die 1-Kilo-Brote im Angebot. Im Brotkasten halten sie sich besonders lange. Man sollte sie nur nie in einer Plastiktüte aufbewahren, hier schimmeln sie ganz besonders schnell.“
Ganz wichtig ist in der Familienbäckerei die Teigruhe. Bäckermeister Matthias Hillmann, der sich im Unternehmen um die Produktion, den Einkauf und die Kundenbetreuung kümmert, während seine Schwester als Diplomkauffrau den Verkauf organisiert: „Bei uns ruht der Brotteig wenigstens 24 Stunden. Dank dieser Teigruhe sind die Brote und Brötchen viel bekömmlicher. Viele Menschen, die Probleme mit Gluten oder einem Reizdarm haben, sollten einmal versuchen, von der Industrieware wegzukommen und unsere Brote probieren. Durch die lange Teigruhe entstehen außerdem völlig neue Aromen.“
Hat der Bäckermeister denn eine Lieblingssorte? Hillmann: „Nein, das nicht. Ich wechsele die Brotsorten gern. Es muss ja auch zum Anlass passen. Wichtig ist nur eins: Ein Tag ohne Brot, das geht gar nicht.“
Interessant: Gut ein Viertel des Umsatzes macht die Familienbäckerei inzwischen mit Lieferungen. Etwa in Altersheime oder für Restaurants. Matthias Hillmann: „Von Anfang an sind wir auch bei der Galeries Lafayette in Berlin mit dabei.“
Pfannkuchen und Tartes
Matthias Hillmann ist außerdem ausgebildeter Konditor: „Meine Ausbildung habe ich in Südfrankreich gemacht – in einer Patisserie. Ich bin deswegen sehr frankophil, wenn es um meine süßen Backwaren geht. Die Franzosen sind für mich auch ein Vorbild, weil sie ihre Nahrung viel mehr wertschätzen. Sie honorieren gute Handarbeit und frische Produkte und geben dafür gern auch einmal einen Euro mehr aus. Diese Rückbesinnung auf Qualität kommt zunehmend auch wieder in Deutschland auf, wir merken das an den steigenden Umsätzen der vergangenen beiden Jahre. Besonders beliebt sind bei unseren Backwaren zurzeit die französischen Tartes. Das sind sehr fruchtige Kuchen mit einem Buttermürbeteig, die dann mit Himbeeren, Johannisbeeren oder Williamsbirnen bedeckt werden. Zurzeit haben wir so etwa die Käsekuchen-Himbeer-Tarte oder die Birnen-Mandel-Tarte im Angebot. Das wechselt saisonal.“
Zur Faschingszeit waren natürlich die gefüllten Pfannkuchen sehr angesagt. Matthias Hillmann: „In der Faschingszeit haben wir bestimmt 10.000 Pfannkuchen verkauft. Das ist aber gar kein Vergleich zu Silvester. Da gehen dann schon einmal bis zu 20.000 Pfannkuchen an einem Tag über den Tresen. Wir geben uns aber auch sehr viel Mühe und erfinden immer wieder neue Pfannkuchen. Etwa solche mit Brombeer-, Johannisbeer- oder Amarena-Kirsch-Marmelade als Füllung. Auch cremige Toffee-Füllungen kommen bei den Kunden sehr gut an. Bis zu zehn Sorten gleichzeitig bieten wir in der Saison an. Der Klassiker ist natürlich der Pfannkuchen mit Pflaumenmusfüllung und Streuzucker. In der Winterzeit kommen auch unsere selbstgemachten Baumkuchen sehr gut bei den Kunden an.“
Gern betätigt sich die Familienbäckerei auch als Tortenbäcker. So ist es möglich, ganz individuelle Mottotorten für Hochzeiten, Jubiläen, Firmenfeiern oder Geburtstage zu bestellen. Matthias Hillmann: „Hier steigt die Nachfrage stetig. Um die Erstberatung kümmere ich mich meist selbst. Wir haben umfangreiche Fotoalben mit den Torten der letzten Jahre, die als Inspiration dienen können. Viele Kunden kommen aber mit ganz konkreten Ideen zu uns. Wir geben uns ganz viel Mühe mit den Mottotorten und modellieren alle Accessoires selbst von Hand. Wir haben auch die Möglichkeit, mit Fotos zu arbeiten – sie werden mit essbarer Farbe auf Esspapier gedruckt.“
Warme Küche am Hindenburgdamm
Nur in der Zentrale am Hindenburgdamm gibt es außerdem einen warmen Mittagstisch – mit hausgemachter Quiche, deftigen Buletten, aber auch mit Hausmannskost-Gerichten wie etwa gefüllten Paprikaschoten oder einer Chili con Carne.
Matthias Hillmann: „Wir halten auch belegte Brötchen vorrätig. Sie werden natürlich jeden Morgen frisch zubereitet. Und sie liefern wir auch in die Filialen aus.“ (Text/Fotos: CS)
Info: Familienbäckerei Hillmann, Hindenburgdamm 93a, 12203 Berlin, Tel.: 030-844 90 20, www.baeckerei-hillmann.de
Dieser Artikel wurde in „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 60 (3/2019) veröffentlicht.
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