Stefan Danziger im Kulturklub Teltow
In Teltow darf ordentlich gelacht werden. Seitdem hier Anfang des Jahres der Kulturklub Teltow e.V. (www.kulturklubteltow.de) um die Sängerin, Songwriterin und Musical-Darstellerin Julia Gámez Martin seinen Betrieb aufgenommen hat und regelmäßig am Wochenende den ehemaligen Kinosaal im Landhotel Diana bespielt, …
… geben sich die bekannten Comedians aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gegenseitig die Klinke in die Hand. Einen echten Höhepunkt in einem durch die Bank sehenswerten Jahresprogramm war auf jeden Fall der Auftritt von Stefan Danziger (www.stefan-danziger.de) am 3. November.
Der 35-jährige Ex-Archäologie-Student wird wie folgt beschrieben: „Geboren in der DDR, wollten er und seine Familie in die BRD fliehen. Doch leider sind sie falsch abgebogen und in der Sowjetunion gelandet. Nach der Wende schaffte er es endlich in den Westen und landete in Berlin Wedding. Auf den Strassen Berlins erlernte er seinen Stil und entdeckte seine Gabe, Menschen stundenlang mit Geschichte voll zu brabbeln.“
14 Jahre lang arbeitete der Wahl-Berliner als Stadtführer in Berlin – und das in fünf Sprachen, darunter sogar Schwedisch und Griechisch. Danziger: „Die Sprachen habe ich gelernt, weil ich so mehr Touren bekommen habe. Und auf den Führungen wurde ich immer witziger, weil ich gemerkt habe, dass ich dann mehr Trinkgeld erhalte.“
Vor knapp fünf Jahren entschied sich der Stadtführer, mit einem Mix aus Berliner Kodderschnauze, fiesen kleinen Pointen und einem grandiosen historischen Wissen auf die Bühne zu drängen: „Historische Fakten sind so etwas wie mein Steckenpferd und zugleich auch mein Alleinstellungsmerkmal. Als ich damals angefangen habe, stand ich die Woche über fast jeden Tag auf den offenen Bühnen von Berlin. Da kriegste keinen Pfennig für, bekommst aber Bühnenerfahrung. Das kommt mir jetzt sehr zugute. Auch wenn das Publikum das so gar nicht mitbekommt: Jeder neue Gag muss sich auf über einem Dutzend Aufführungen erst einmal einschleifen, bis er richtig sitzt. Manche Nummern sind nie fertig, da arbeitet man immer weiter dran.“
In seiner Show erzählt Stefan Danziger aus seiner Zeit als Stadtführer – und moniert sich über Kunden, die wissen wollen, wie hoch das Brandenburger Tor ist oder wann es erbaut wurde: „Mittwoch! Wer will so was wissen?“ Kinder, die erfahren wollen, ob er auf der Stadtführung „jetzt wirklich die ganze Zeit labern muss“ („neh, ist ne Pantomime-Show“), Teenager, die nach zehn Metern Fußweg einfach sterben und Erwachsene, die fragen, ob er denn noch einen anderen Job hat („klar, Gehirnchirurg“), haben mit ihren Fragen dazu beigetragen, dass Stefan Danziger eine eigene Show auf die Beine stellen kann.
In seiner Performance geht es aber auch um den Fall der Berliner Mauer, um das Weihnachtsfest, um Napoleon in Berlin und um die Unsitte in der damaligen Sowjetunion, ausländische Filme von nur einem einzigen Synchronsprecher einsprechen zu lassen – egal, wie viele Figuren im Film vorkommen.
Das ist urkomisch, sehr pointiert und zugleich auch immer lehrreich. Zuschauer Uwe Lachmann: „Wenn mein Geschichtsunterricht in der Schule so unterhaltsam, anschaulich und detailreich gewesen wäre, dann wär das sicherlich mein Lieblingsfach geworden.“
Stefan Danziger, der übrigens genauso aussieht, wie man sich einen Berliner Stadtführer vorstellt, ist in fünf Jahren zu einem Profi auf der Bühne gereift. Er spielt mit dem Publikum, stellt Fragen, haut spontane Scherze heraus und sorgt dafür, dass die Zuschauer alle eine gute Zeit haben: „Gut zehn Prozent meines Programms sind komplett spontan.“
Der Comedian hat seinen Job von der Pike auf gelernt: „Am Anfang habe ich nur englischsprachige Comedy gemacht, da gibt es auch eine eigene Szene für in Berlin. Ich war aber auch in Amsterdam, London und Edinburgh unterwegs. 2014/15 bin ich dann auf die deutsche Sprache umgeschwenkt. Seit Juni 2017, so kann man sagen, lebe ich von der Comedy und kann mich ganz darauf konzentrieren. Ich hab bislang sicherlich über tausend Auftritte gehabt, also bestimmt so um die 200 im Jahr. 2019 werde ich mich ein wenig auf den Berliner Raum konzentrieren.“
Das Interesse an dem Comedian wächst auf jeden Fall. So war er im Fernsehen schon bei „Nightwash“ und beim „SWR3 Comedy Festival“ zu sehen. Beim Großen Kleinkunstfestival des Berliner Kabarett-Theaters „Die Wühlmäuse“ konnte Danziger dieses Jahr den Publikums- und den Jurypreis gewinnen. Bei den „Wühlmäusen“ ist er übrigens am 2. Januar 2019 wieder zu sehen.
Auch wenn Stefan Danziger aus dem Osten stammt, so sieht er sich doch längst als echten Berliner: „Ich habe lange, lange im Wedding gelebt, inzwischen bin ich in einen anderen Stadtteil gezogen, aber noch immer in der Hauptstadt Zuhause.“ (Text/Fotos: CS)
Info: Kulturklub Teltow e.V. c/o Landhotel Diana, Potsdamer Str. 54, 14513 Teltow, www.kulturclub-teltow.de
Dieser Artikel wurde in „ZEHLENDORF.aktuell“ Ausgabe 56 (11/2018) veröffentlicht.
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