Scheibes Kolumne: Geistige Nullaktivität beim Mann!
Der Mann an sich ist ja ein überaus simples Wesen mit klaren Grundbedürfnissen. Ihn zufriedenzustellen, ist eigentlich ganz einfach. Nahrung, Fortpflanzung, Schlafen, ein schönes Auto – mehr interessiert ihn gar nicht. Mir macht es immer wieder großen Spaß, mich zurück an die männliche Basis fallen zu lassen, genau dorthin, wo alles ganz besonders einfach strukturiert ist.
Ganz in diesem Sinne gebe ich zu – ich liebe den Trash. Und das auf allen Ebenen.
Das beginnt schon bei der Literatur. Ich habe großes Vergnügen an wertvollen Romanen, gut geschriebenen Biografien und kniffligen Sachbüchern. Zwischendurch brauche ich aber den richtig harten Stoff – Heftromane. Seit meiner Jugend bin ich den auf billigstem Zeitungspapier gedruckten „Heftchen“ verfallen, die für kleinstes Geld am Kiosk zu haben sind. Auf 64 Seiten gibt es hier stets ein heftiges Au-weia-Erlebnis, eine an den Haaren herbeigezogene Konfrontation und am Ende ein Happy-End für das Gute. Ob ich nun mit dem Dämonenkiller „Dorian Hunter“ den Werwölfen nachspüre oder wegschmökere, wie „Butler Parker“ zusammen mit Lady Simpson auf Verbrecherjagd geht: Mehr Entspannung nach einem harten Arbeitstag geht kaum. Auch in den Urlaub nehme ich meist einen Stapel bei eBay eingekaufter Schundliteratur mit. Gern auch mit dabei: Alte „Malko“-Romane – mit einem österreichischen James Bond als Geheimagent, der mit der besonderen Lizenz ausgestattet ist, zwischen Tod und Drama möglichst viele schöne Damen zu beglücken.
Auch im Kino heißt es für mich – keep it simple. Filme, in denen gesungen wird, sind für mich ebensowenig interessant wie Movies „nach einer wahren Begebenheit“. Wenn Geschichten mit dem moralischen Zeigefinger erzählt werden oder einen hochgeistigen Ansatz in einer öden Handlung verstecken, bin ich ebenfalls raus. In meiner Kino-Welt stürzen sich taffe Kerle mit coolen Einzeilern auf den zusammengekniffenen Lippen todesmutig in ausweglose Situationen, in denen ganz nach Gusto hemmlungslos geballert wird, grimmige Aliens die Reißzähne fletschen oder Naturkatastrophen die Kontinente zum Platzen bringen. Dabei gilt stets aufs Neue: Sobald der muskulöse Held nur noch mit einem dreckigen Kohlenträger-T-Shirt vor der Kamera steht, ist er automatisch unsterblich. Frauen, die in dieser speziellen Stirb-langsam-Situation neben einem sitzen und sagen „Das ist jetzt aber unlogisch, dass der das unbeschadet überlebt“, verstehen nichts von der inneren Schönheit dieser Filme. Perfekt wären diese Action-Streifen natürlich erst dann, wenn es am Ende keine Romantik- und Knutsch-Szenen geben würde, sondern alle Überlebenden stattdessen zum gemeinsamen Pokerabend schreiten würden.
Im eigenen Umfeld ist ein solcher Pokerabend natürlich ebenfalls die perfekte Abendentspannung. Lauter Männer, die ungestylt und stillschweigend um einen Pokertisch herum sitzen und einen ganzen Abend nicht mehr Konversation führen als die freundliche Beleidigung der Tischnachbarn bei einem schlechten Blatt, das kommt dem Ideal einer maskulinen Veranstaltung schon sehr nahe. Perfekt wäre da nur noch ein Fleisch-lastiges Buffet, das passend dazu gereicht wird.
Die Theorie dahinter: Wir Männer schaffen es sehr gut, an komplett gar nichts zu denken. Wir können unser Gehirn komplett abschalten und es auf eine Null-Aktivität herunterfahren, während in unserem Schädel nur noch ein komplett luftleerer Raum existiert. Wenn Frauen fragen: „Schatz, woran denkst du gerade?“ und wir antworten „Nichts“, dann stimmt das durchaus. Dieses Zurückfallen in eine geistige Null-Aktivität kann extrem entspannend sein und hilft dabei, die eigenen Batterien wieder aufzufüllen. Schundige Bücher, simple Actionfilme und das Abhängen mit den schweigsamen Kumpels hilft sehr gut, in diesem gesegneten geistigen Zustand zu versinken.
Und liebe Damen: Wenn wir aus diesem Zustand wieder erwachen, dann sind unsere Energie-Akkus wieder voll und wir sind gern dazu bereit, uns all eure Probleme anzuhören, die alleine schon dadurch besser werden, indem ihr sie möglichst vielen Leuten in immer wieder neuen Variationen erzählt. (Carsten Scheibe, Foto: Tanja M. Marotzke)
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