Titanenwurz geht im Botanischen Garten Berlin in Blüte: Größte Stinke-Blume der Welt aus Indonesien
Ein Exemplar der größten Blume der Welt wird sich voraussichtlich in der kommenden Woche im Botanischen Garten Berlin öffnen: Die Titanenwurz (Amorphophallus titanum) hat eine Blütenstandsknospe ausgebildet. Die Blume der Titanenwurz ist eine der spektakulärsten Erscheinungen in der Pflanzenwelt und eine große Seltenheit.
Das eigentliche Blühspektakel dauert nur drei Tage. Der Blütenbeginn wird über die Webseite und Facebook bekannt gegeben. Aktuelle Informationen zur Titanenwurzblüte können (in Kürze) unter www.botanischer-garten-berlin.de abgerufen werden.
Der Blütenstand maß heute Morgen (28.06.2018) 80 Zentimeter von der Erdoberfläche bis zur Spitze. In den letzten Tagen war täglich ein Längenzuwachs von mehreren Zentimetern zu verzeichnen. Das tropische Gewächs aus Indonesien ist aktuell im Victoriahaus zu bestaunen täglich von 9 bis 19 Uhr und während der Victorianächte am Samstag sogar von 9 bis 24 Uhr. Das vor knapp zwei Wochen wiedereröffnete Victoriahaus mit seiner hohen Temperatur und Luftfeuchtigkeit bietet dem tropischen Gewächs für die Blütezeit die besten Wachstumsbedingungen im Schaubereich. Es ist das erste Mal, dass eine Titanenwurz im Victoriahaus gezeigt wird. Die übrige Zeit wächst die Pflanze in einem speziellen Anzuchtsgewächshaus hinter den Kulissen.
Was wird während der Blütezeit zu sehen und zu riechen sein?
Das eigentliche Blühspektakel dauert nur drei Tage: Die Pflanze ist ein Nachtblüher und im Laufe eines Nachmittags wird sich ein großes Hochblatt (Spatha) öffnen, welches den großen Kolben (Spadix), einem hochfliegenden Rock gleichend, umgibt. Die Titanenwurz gibt besonders am ersten Blühtag bzw. der ersten Blühnacht einen intensiven Aasgeruch ab. Im Laufe des zweiten Blühtages wird sich das Hochblatt ganz langsam schließen. Im Laufe des dritten Tages ist das botanische Schauspiel vorüber: Der Blütenstand beginnt zu welken und allmählich in sich zusammenzufallen.
Genaue Voraussage der Blütenöffnung
Die genaue Vorhersage, wann sich der Blütenstand entfaltet und die Blüten öffnen, ist sehr schwierig und meist erst am Morgen oder Mittag des Blühtages möglich. Gärtner und Wissenschaftler des Botanischen Gartens Berlin nehmen an, dass sich der attraktive Blütenstand ab Mitte der nächsten Woche öffnen wird. Da die Titanenwurz in dieser Wachstumsphase sehr empfindlich ist, bleibt es bis zur letzten Minute ungewiss, ob sich der Blütenstand wirklich öffnet. Es wird also für Botaniker, Gärtner und Besucher sehr spannend.
Übler Geruch nach Aas
Mittels Aasgeruch lockt die Titanenwurz in der Natur Insekten (vermutlich Aaskäfer und Fliegen) durch ein Täuschungsmanöver in den Blütenstand, die für ihre Eiablage einen verwesenden Tierkadaver suchen. Im Blütenstand der Titanenwurz finden die Insekten keinen geeigneten Brutplatz – aber sie bestäuben bei ihrem Besuch die weiblichen Blüten, die nur in der ersten Nacht Pollen aufnehmen können. Erst in der zweiten Nacht öffnen sich die männlichen Blüten und geben ihren Pollen ab – eine perfekte Strategie, um Selbstbestäubung zu verhindern. Damit der Geruchslockstoff besonders gut verströmt, erhöht die Pflanze die Temperatur im Kolben gegenüber der Umgebung und der Blütenstand gleicht einer Geruchsfackel. Während der ersten Nacht ist der Geruch besonders intensiv, danach deutlich geringer.
Riesenblume aus Indonesien
Die Titanenwurz, Amorphophallus titanum, ist eine mehrjährige Pflanze aus der Familie der Aronstabgewächse. Sie bildet eine unterirdische Knolle aus, die über 100 kg Gewicht erreichen kann. Erst nach mehreren Jahren kann aus der Knolle ein Blütenstand mit einer Größe von bis zu drei Metern hervorgehen. Nach dem Guinness Buch der Rekorde ist es die größte Blume der Welt (Rekord bei 3,10 Meter, Winnipesaukee Orchids in Gilford, New Hampshire, USA, 2010). Die Pflanze wurde in Sumatra (Indonesien) vom italienischen Botaniker Odoardo Beccari 1878 entdeckt. Sie ist in der Natur stark gefährdet, da ihr Lebensraum, der Regenwald, zerstört wird.
Schwierige Kultur
Die Pflanze, die jetzt in Berlin einen Blütenstand hervorbringt, stammt aus einer Nachzucht des Palmengartens Frankfurt von 2003 und geht auf eine am 11.5.1992 in Indonesien, Sumatra, in der Nähe von Padang gesammelte Wildherkunft zurück. Sie weist eine unterirdische Knolle auf, deren Gewicht regelmäßig beim Umtopfen der Pflanze im Ruhestadium gemessen wird. Beim letzten Umtopfen im April 2018 wog die Knolle 13 kg und ist damit noch recht klein – die aktuelle Entwicklung eines Blütenstandes ist also überraschend. Aufgrund des geringen Gewichts der Knolle wird er allerdings auch vergleichsweise klein ausfallen, die Wissenschaftler des Botanischen Gartens erwarten eine Blütenstandshöhe von etwa einem oder anderthalb Metern. Dennoch: Die Kultur der Titanenwurz ist sehr schwierig und eine Blüte somit ausgesprochen bemerkenswert. 2009, 2011, 2015, 2016 und 2017 bildeten andere Exemplare erfolgreich einen Blütenstand aus und wurde von zahlreichen Gästen im Botanischen Garten Berlin bestaunt.
Was wird nach der Blütezeit zu sehen sein?
Die Pflanze entwickelt nur ein einziges großes Laubblatt, welches jedoch mehrere Meter Höhe erreichen kann und einem kleinen Baum ähnelt. Nach bis zu 24 Monaten wird das Blatt eingezogen und die Knolle macht eine Ruhepause, bevor sie erneut ein Laubblatt oder nach mehreren Jahren auch einen neuen Blütenstand austreibt. Sofern der Blütenstand unter Kulturbedingungen nicht bestäubt wurde, lebt die Pflanze meist weiter. Werden jedoch nach künstlicher Bestäubung orangerote Beerenfrüchte ausgebildet (Reife erst nach ca. 8 Monaten), sterben die Pflanzen danach häufig ab.
Große Blume und kleine Blüte
Biologisch betrachtet handelt es sich bei der Titanenwurz um „die größte Blume der Welt“ und nicht um „die größte Blüte der Welt“. Die Blüten der Titanenwurz sind selber recht klein, doch sind mehrere hundert männliche und weibliche Blüten in einem großen kolbenförmigen Blütenstand vereint. Dieser Blütenstand wird insgesamt als „Blume“ bezeichnet, da er bestäubungsbiologisch eine Einheit bildet und wie eine einzige, riesige Blüte funktioniert. (Fotos/Text: G. Hohlstein, Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin)
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