Märchenwelten im Museumsdorf Düppel
Das Museumsdorf Düppel ist ein Ausflugsziel der besonderen Art, ein interessantes Kleinod, das den Besucher der Zeit entrückt und ihn in eine Vergangenheit etwa 800 Jahre vor unser Zeit zurückwirft. Das Museumsdorf besteht aus kleinen strohgedeckten Holzhäusern mit Lehmwänden, die von einem hohen Palisadenzaun eingefasst werden und von landwirtschaftlichen Flächen umgeben sind.
Dieses Projekt, Teil des Stadtmuseums Berlin, versucht in einer Art experimenteller Archäologie das Leben der damaligen Zeit zu rekonstruieren. Die Mitglieder des Förderkreises leben zeitweise im Museumsdorf wie ihre längst verblichenen Vorfahren. Das heißt, dass sie mit den Werkzeugen und dem Wissen von damals Nahrung anpflanzen und Tiere hegen, Wolle spinnen, Kleidung am Webstuhl herstellen, Metall auf dem Amboss schmieden, Brot backen oder Birkenpech in der Teerschwele produzieren.
Das Museumsdorf Düppel öffnet immer wieder einmal die eigenen Tore für die neugierige Bevölkerung, sodass die Besucher einen ebenso authentischen wie eindrucksvollen Einblick in das Leben im Mittelalter gewinnen können. Beliebt sind vor allem die Veranstaltungen vor Ort, so etwa das Ritterfest oder das Handwerkerfest. An vier Tagen Ende April und Anfang Mai lud das Museumsdorf zu den „Märchenwelten“ ein. Da gab es dann „Zauberhaftes aus der Märchenwelt der Slawen“.
Vor allem Familien mit kleinen Kindern nutzten bei schönstem Wetter die Möglichkeit für einen Ausflug ins Grüne und begaben sich für kleines Geld in die Welt der Märchenerzähler und Puppenspieler.
Der fahrende Gaukler Astor Ytellar (alias Oliver Kube) zeigte so den Kindern mit vielen Gesten und einem verschmitzten Lächeln, wie spannend das Märchenerzählen doch ist – weit jenseits von YouTube-Videos, Animationsfilm-DVDs und Smartphone-Apps. Rund um ein kleines Märchenzelt hatte er Sitzbänke aufgebaut, auf denen die Kinder zunächst noch etwas schüchtern Platz nahmen.
Doch der Gaukler, der nebenbei auch als Sprecher und Schauspieler arbeitet und Lesungen für Erwachsene hält, hatte die Kinder schnell an der Angel. Immer wieder stellte er Fragen, baute auf die Fantasie der Kinder, wob ihre Ideen mit ein und erzählte so die Mär von einem alten König, der seine Krone gern an einen seiner drei Söhne weitergeben würde. Dazu müssten sie ihm nur einen schönen Ring im Königreich suchen und eine dazu passende Braut gleich dazu. Der jüngste baute dabei auf die magische Hilfe einer im Moor wohnenden Kröte – ob das wohl gutgehen kann?
„Noch eine Geschichte, noch eine Geschichte“, riefen die Kinder bald im Chor.
Nach seinem Auftritt erzählte Astor Ytellar: „Ich habe eine Menge Märchen im Kopf, aber nur als Grundgerüste, die ich dann zusammen mit den Kindern ausschmücke. Wichtig ist mir, dass die Märchen die Kinder unterhalten sollen. Sie müssen nicht zwingend eine schlaue Botschaft verbreiten.“
In den Pausen zwischen den einzelnen Darbietungen konnten die Besucher sich das Museumsdorf anschauen. Da wurde Schafwolle verarbeitet, Holz gehackt und im Garten gearbeitet. Gabi zeigte an der Spindel, wie Schussgarn für den Webstuhl entsteht: „Hier arbeite ich mit kardierter Schafswolle. Die wird erst gewaschen und dann über ein Nagelbrett gezogen, sodass ein gleichmäßiges Fließ entsteht.“
Es gab außerdem einen Schmied, dem man bei seiner feurigen Arbeit zuschauen konnte, Bogenschiessen und noch so einiges mehr. Der Favorit aller Kinder war es aber einmal mehr, lange Stöcker mit Stockbrot über das offene Lagerfeuer zu halten, um den Teig in den Flammen langsam zum knusprigen Brotsnack ausbacken zu lassen.
Auf der Bühne spielten derweil die Düpplinger Spielleute. Klaas und Torben sind seit drei Jahren zusammen unterwegs und spielen mittelalterliche Musik – „bis zur Renaissance“ – mit Laute, Dudelsack und Basstrommel. Torben, der aus Lübars stammt: „Heute spielen wir ohne Gesang. Wir hoffen aber, dass wir die Zuhörer ein bisschen zum Tanzen bringen.“
Das musikalische Intermezzo gab dem Erzähltheater Machandel die nötige Zeit, um ihr Stück „Das entführte Hühnerhaus“ vorzubereiten, das mit großen Puppen auf der improvisierten Theaterbühne aufgeführt wurde. Silvia Ladewig alias Märchenhexe Silberzweig hat das Stück selbst geschrieben – nach der russischen Geschichte um die Hexe Baba Yaga in ihrem Hühnerhaus: „Das Stück fängt regelrecht an zu leben, wenn die Kinder richtig mitgehen. Kinder sind ein tolles Publikum, aber auch gnadenlos in ihrem Urteil, wenn es ihnen einmal nicht gefällt.“
„Märchenwelten“ verpasst? Kein Problem: Nächstes Jahr sind die Märchenerzähler alle wieder da! (Text/Fotos: CS)
Info: Fördererkreis des Museumsdorfes Düppel e.V., Clauertstraße 11, 14163 Berlin, 030 – 802 66 71, www.dueppel.de
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