Premiere im Schlosspark Theater in Steglitz: Die Wahrheit
„Wenn die Leute von heute auf morgen aufhören würden, sich zu belügen, gäbe es kein einziges Paar mehr auf Erden.“ (Michel). Wenn das Schlosspark Theater ein neues Stück ansetzt, dann ist es für den Theaterfreund schlau, sich gleich Karten für die Premiere zu sichern.
Denn was hier in den letzten Jahren auf die Bühnenbretter kam, war immer gut für beste Unterhaltung – und zeigte auch viel Mut in der Umsetzung. Ob Stephen Kings „Misery“, das mannstarke „Einer flog übers Kuckucksnest“, das zutiefst komische „Einfach tierisch“ oder das emotionale „Honig im Kopf“ – so geht intelligente Unterhaltung, die auch dazu angetan ist, neue Zuschauergruppen für das Theater zu gewinnen.
Das Stück „Die Wahrheit“ von Florian Zeller, das von Annette und Paul Bäcker für das deutsche Publikum adaptiert wurde, reiht sich da bestens ein. Es feierte am 10. März Premiere, ist aber noch bis in den Oktober hinein im Schlosspark Theater (www.schlossparktheater.de) zu sehen.
Der Untertitel gibt bereits die Richtung des neuen Stücks vor: „Von den Vorteilen, sie zu verschweigen, und den Nachteilen, sie zu sagen“. Es geht um die Wahrheit – und darüber, wie man mit ihr umgeht.
Wir lernen Michel (Michael von Au) kennen, der mit Laurence (Katharina Abt) verheiratet ist, aber schon seit Monaten ein Verhältnis mit Alice (Katharine Mehrling) hat, der Frau seines besten Freundes Paul (Oliver Dupont). Michel dreht sich die Wahrheit so, wie er sie gern hätte – und kann damit gut leben. Wie sagt er doch gleich, als Alice Gewissensbisse bekommt und sich ihrem Mann offenbaren möchte: „Du belügst ihn nicht, Alice. Du sagst ihm nur nicht die Wahrheit.“
Das Stück bringt den Fremdgänger schon bald von einer Erklärungsnot in die nächste. Es tut dem Zuschauer fast körperlich weh, dem hormontrunkenen Hallodri dabei zuzusehen, wie er sich mit immer neuen Lügen und Wortklaubereien tiefer in den Sumpf aus Lügen und Intrigen stürzt – bis es eigentlich keine Rettung mehr für ihn geben kann. Und dann kommt alles ganz anders!
Das Stück „Die Wahrheit“ braucht nur vier Schauspieler auf der Bühne, um ein temporeiches Lügendrama mit wunderbaren Dialogen und viel Witz zu inszenieren. Der Zuschauer hat zwei Stunden lang Spaß daran, dem armen Michel dabei zuzuschauen, wie er sich um Kopf und Kragen redet. Und am Ende denkt man selbst über die eigenen Lebenslügen nach – und darüber, ob man denn noch die richtige Selbstwahrnehmung hat. Und wie sagte schon Voltaire: „Die Lüge ist eine Tugend, wenn sie es erlaubt, das Leiden zu vermeiden. Lügen Sie, meine Damen … Seien Sie tugendhaft … Ich werde Ihnen bei Gelegenheit Gleiches mit Gleichem vergelten.“ (Text: CS / Fotos: DERDEHMEL/Urbschat)
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