Domäne Dahlem: 16. Bratwurstmeisterschaft der Fleischer-Innung Berlin 2018
Schon Otto von Bismarck sagte: „Je weniger die Leute davon wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie.“ Nun ist es so, dass gerade die Berliner ihren Fleischermeistern blind vertrauen: Die machen das schon ordentlich. Ob Currywurst, Bockwurst oder Rostbratwurst: Wurst isst der Berliner quasi zu jeder Tageszeit, zu jedem Anlass und in jeder Gesellschaft.
Die Currywurst an der Bude kommt für ihn einem entspannenden Kleinurlaub nahe. Und wenn er es sich im eigenen Garten gemütlich machen möchte, dann darf das Dutzend Würschtle für den Grill auf gar keinen Fall fehlen.
Auch heute gilt bei den meisten Fleischern in der Hauptstadt noch immer: Kommt der Nachwuchs mit zum Einkaufen, gibt‘s stets noch ne Wiener als kleines Geschenk in die Kinderhand. So sind wir alle großgeworden – und so wird sich auch die aktuelle Generation einmal erinnern.
In einem wurstvernarrten Umfeld wie Berlin scheint es ganz natürlich, dass es im Ort auch eine eigene Bratwurstmeisterschaft gibt. In diesem Jahr lobte die Fleischer-Innung Berlin bereits zum 16. Mal den Wettbewerb aus, dem neun Fleischereien in die urige Location auf der Domäne Dahlem folgten.
Unfassbar viele Menschen nutzten im April bei bestem Wetter die Gelegenheit, die extra für das Event „erfundenen“ Würste zu verkosten und ein Urteil zu fällen.
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Wenn den Berlinern eines heilig ist, dann ist das ihre Bratwurst. Jeder kennt den Fleischer seines Vertrauens, der die beste Wurst im Angebot hat. Nur sie kommt Zuhause auf den glühenden Grill – als Sattmacher, als Problemlöser und erst recht als Zeichen guter Berliner Lebenskultur.
In diesem wurstfreundlichen Umfeld ist es natürlich für die Traditionsfleischerbetriebe eine echte Herausforderung und ein gern wahrgenommener Wettbewerb, die „beste“ Wurst herzustellen. Und so organisiert die Fleischer-Innung Berlin bereits seit vielen Jahren eine alljährliche Bratwurstmeisterschaft. Die 16. Neuauflage dieses kulinarischen Wettstreits fand in diesem Jahr einmal mehr auf dem Gelände der Domäne Dahlem statt – am 8. April kämpften insgesamt neun Betriebe aus Berlin, Hohenseefeld, Hohen Neuendorf, dem Schwielowsee, Bliesdorf, Jüterbog und Groß Pankow um die Gunst der Wurstfreunde.
Bei blauem Himmel, strahlender Sonne und angenehmen Temperaturen suchten so viele Menschen wie noch nie zuvor den Weg auf das Gelände, um als Jury bei der Bratwurstmeisterschaft mit dabei zu sein. Martin Stock, Geschäftsführer der Fleischer-Innung Berlin: „Wir konnten wieder einen neuen Besucherrekord verzeichnen. Wir können das aufgrund der verkauften Eintrittskarten recht genau ermitteln. Es wurden dieses Jahr über 8.500 Karten verkauft. Da Kinder und einige Gruppen keinen Eintritt bezahlen müssen, gehen wir von knapp 10.000 Besuchern aus. Das hatten wir wirklich noch nie.“
Die Besucher bekamen gleich an der Kasse einen Bewertungsbogen in die Hand gedrückt. Er führte die neun mutigen Fleischereien auf, die an dem Wettbewerb um die beste Wurst teilnehmen wollten. Auf dem Zettel konnte man nach der Verkostung passend zum eigenen Geschmacksempfinden ein Kreuz machen und ihn anschließend in einer gläsernen Sammelbox versenken.
Jede Fleischerei stellte sich zunächst dem Wettbewerb „Beste traditionelle Bratwurst“. In einem zweiten Wettbewerb ging es um die „beste kreative Bratwurst“. Bei diesem Wettbewerb war es die Aufgabe, sich eine komplett neue Bratwurstrezeptur auszudenken. Einmal mehr haben sich die Fleischermeister ordentlich den Kopf zerbrochen, um den Gästen ein ganz besonderes Geschmackserlebnis zu ermöglichen.
Die Landfleischerei Apel schickte so etwa eine Apfel-Röstzwiebelwurst ins Rennen, die Fleischerei Bachhuber eine Sweet-Potato-Wurst mit Süßkartoffeln und Roter Rübe. Die Fleischerei Mathias Bothe legte eine Putenbratwurst mit Aprikose auf den Grill und die Fleischerei Genz hatte eine Bergerac-Kartoffel-Bratwurst im Programm. Mit der Hähnchenbratwurst mit Tomate und Basilikum wollte die Fleischerei Höhne überzeugen. Die Neudorfer Fleischerei hatte einen Frühlings-Griller mit Spargel und Käse mit dabei, Konnopke‘s Imbiss packte die Cheese-Bacon-Bratwurst ins Brötchen und am Ende hatte die Fleischerei Otmar Ullrich auch noch eine mediterrane Wurst im Gepäck.
Markus Genz von der Fleischerei Genz präsentierte die Bergerac-Kartoffel-Bratwurst. Das Besondere an der Bergerac-Kartoffel – sie erscheint lila, wenn man sie aufschneidet. Und sie hat einen intensiv würzigen und nussigen Geschmack, der an die Marone erinnert. Genz: „Bei uns im Betrieb kommen vor dem Wettbewerb alle Mitarbeiter und bringen Ideen für neue Bratwürste ein. Fünf bis sechs dieser Ideen setzen wir dann probeweise in die Tat um. Nach einer Verkostung bleiben stets nur noch ein bis zwei Wurstrezepte übrig, die wir dann ‚feintunen‘. Am Ende beziehen wir immer auch unsere Kunden mit ein und verkaufen die neuen Würste für den Wettbewerb probeweise im Laden. Unsere Stammkunden fiebern natürlich immer mit ihrem Metzger mit und fragen uns nach dem Wettbewerb auch gleich, ob wir denn wohl gewonnen haben.“
Das sieht in der Fleischerei Bachhuber (mit einer Filiale am Mexikoplatz in Zehlendorf) nicht anders aus. Harald Kutschinski: „Schon Anfang Januar denken die Mitarbeiter an die Bratwurstmeisterschaft und bringen eigene Ideen und Vorschläge für den Kreativ-Wettbewerb ein. Am Ende liegen meist so zehn bis fünfzehn Vorschläge vor. Wir laden dann zu einer Versammlung ein, zu der auch das Verkaufspersonal erscheint. Im Gespräch brechen wir die Anzahl der Vorschläge auf etwa acht Würste herunter. Manche Vorschläge fallen durchs Raster, etwa, weil sie mit Schokolade auftrumpfen. Schokolade würde aber auf dem Grill verbrennen. Die verbleibenden Würste produzieren wir alle in einer Woche und verkosten sie gemeinsam. Da bleibt nur noch ein Kandidat übrig. In diesem Jahr war dies die Wurst mit der Süßkartoffel, das wurde demokratisch beschlossen. Für uns ist die Bratwurstmeisterschaft ein wichtiges Event und ein Highlight. Wir sind ja erst im dritten Jahr mit dabei – und haben schon einen 2. und einen 3. Platz belegen können. Wir sind definitiv hier, um zu gewinnen.“
Zum Thema Bratwurst hat jeder Berliner eine ganz eigene Meinung. Und so wundert es nicht, dass viele Besucher großen Spaß daran hatten, sich zur Jury zu zählen und am Ende einen Bewertungsbogen abzugeben. Bei der Auswertung, die nach 16 Uhr erfolgte, waren die beiden befragten Fleischereien ganz weit vorn mit dabei. Das Ergebnis für 2018:
16. Berliner Bratwurstmeisterschaft
In der Kategorie: „Traditionelle“ Bratwurst:
1. Platz: Fleischerei Genz OHG – Merguez
2. Platz: Fleischerei Bachhuber
Bachhubers Traditionelle
3. Platz: Fleischerei Otmar Ullrich
Bärlauchbratwurst
In der Kategorie „Kreative Bratwurst“:
1. Platz: Fleischerei Bachhuber –
„Sweet potato“
2. Platz: Fleischerei Genz OHG –
Bergerac-Kartoffel Bratwurst
3. Platz: Neudorfer Fleischerei –
Frühlingsgriller mit Spargel und Käse
Martin Stock: „In diesem Jahr waren es nach unserer Rechnung ca. 14.000 Bratwürste, die an diesem einen Tag an die Kunden ausgegeben wurden. Davon wurden nach unseren Erfahrungswerten ca. 75 Prozent verkauft und 25 Prozent in den drei Probedurchgängen kostenlos an die Besucher zur Bewertung ausgegeben, immerhin fast 3.500 Bratwürste. Rund 2.800 Bratwürste wurden im sogenannten Frischeverkauf von den Besuchern vor Ort gekauft und mit nach Hause genommen.“
Lohnend war bei der gelungenen Veranstaltung, dass es nicht überall um die Wurst ging. An vielen weiteren Ständen wurden Crêpes, Kartoffelchips oder Eiswaffeln verkauft. Auch Händler wie die Kräuter-Heidi, der Speck-Dealer und die Berliner Senf Manufaktur nutzen die Gelegenheit, sich vor Ort vorzustellen.
Und wer‘s verpasst hat: Auch im nächsten Jahr wird wieder nach Kräften gebruzzelt. Wursthunger haben die Berliner schließlich immer. (Text/Fotos: CS)
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