Nachgefragt #17: Dr. Mechtild Nienhaus-Wasem
Dr. phil. Mechtild Nienhaus-Wasem (71) hat eine aufregende Zeit hinter sich. Zusammen mit ihrem Mann, der für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) tätig war, hat sie 18 Jahre in Nicaragua, Ecuador, Costa Rica und Guatemala gelebt.
Als 2012 die Rückreise nach Deutschland anstand, hat das Paar lange überlegt, was denn nun ihr zukünftiger Wohnort sein soll.
Mechtild Nienhaus-Wasem: „Wir haben uns für das spannende, wiedervereinigte und internationale Berlin entschieden. Dabei wollten wir gern unsere Liebe zur Natur und die Faszination für die Großstadt miteinander verbinden. So werten wir es als Geschenk, dass wir diese Kombination im Frühling 2012 in idealer Weise in Zehlendorf gefunden haben.“
Ein netter Zufall will es, dass die Straßennamen in der unmittelbaren Nachbarschaft des Paares – wie Lima- oder Bogotastraße und Mexikoplatz – sie täglich an die Jahre in Mittel-und Lateinamerika erinnern.
Mechtild Nienhaus-Wasem engagiert sich im Vorstand von „Pan y Arte e.V. – Brot und Kunst für Nicaragua“ (www.panyarte.de). Der Verein wird nur durch Spenden finanziert. Er bezahlt einen Bücherbus für die Kinder in den armen Stadtteilen Nicaraguas und auf dem Land. Auch um einen Musik- und Kunstunterricht, um Theaterspiel und Tanz sowie um die Leseförderung in einer eigenen Bibliothek kümmert sich der Verein.
Seit es ZEHLENDORF.aktuell gibt, ist Dr. Mechtild Nienhaus-Wasem überzeugte Leserin des Stadtmagazins.
Raus in die Natur: Ihr Lieblingsplatz in Zehlendorf?
Am liebsten laufen wir mit unseren zu Besuch kommenden Kindern und Freunden aus der Ferne und anderen Teilen der Stadt um die Krumme Lanke oder um den Schlachtensee. Etwas weiter entfernt geraten wir gern in Ferienstimmung – beim Plätschern der Wannseewellen an die Boote vorm Restaurant „Bolle“, unterhalb des Flensburger Löwen.
Ich bin immer wieder von den vielen grünen Plätzen in Zehlendorf angetan. Besonders gefällt mir das Ensemble von Standesamt und Aue am Teltower Damm, weil inmitten einer unspektakulären Einkaufszeile ein hübscher Platz frei geblieben ist, auf dem die Paare mit ihren Gästen anstoßen können – so das Wetter mitspielt.
Shopping: Wo kann man das in Zehlendorf am besten?
Eine schwierige Frage, denn Fischerhüttenstraße, Breisgauerstraße, Onkel-Tom-Ladenstraße und Königin-Luise-Straße bieten mit ihrer Mischung aus Boutiquen und Geschäften gleichermaßen ein angenehmes Einkaufen.
Wenn der kleine Hunger kommt: Der Imbiss Ihres Vertrauens?
Mein Mann schwört auf die Foodstation Sumak am S-Bahnhof Zehlendorf, ich eher auf die bayerische Haxe vom mobilen Grill, Ecke Fischerhüttenstraße/Argentinische Allee. Für einen Nachmittagskaffee ist das kleine Gartenhaus-Café in der Martin-Buber-Straße 1 ein idealer Platz.
Wenn der große Hunger kommt: Wo gehen Sie dann essen?
Ähnlich wie bei der Einkaufsfrage fällt es mir schwer, ein Restaurant aus der Vielzahl der Möglichkeiten herauszuheben. Wir sind in Zehlendorf so ideal mit allen Richtungen der guten heimischen, griechischen, italienischen und asiatischen Küche verwöhnt, dass wir nach spontanem Appetit entscheiden und immer zufrieden nach Hause gehen.
Abends etwas trinken: Nur wo?
Der Schoppen Wein lässt sich im Winter am Kamin und im Sommer auf der Terasse der Weinhandlung & Bar in der „Alten Fischerhütte“ (Mi-So) genießen.
Was für ein Laden fehlt Ihnen in Zehlendorf?
Eindeutig ein türkischer.
Erweitert: Es fehlt die U-Bahnverbindung zwischen Krumme Lanke und Mexikoplatz, aber dies wird wohl ein Traum bleiben.
Wie beschreiben Sie den typischen Zehlendorfer?
Das Straßenbild in Zehlendorf Mitte ist am Morgen eher von älteren Herrschaften geprägt. Aber glücklicherweise mischt es sich nach Kindergarten- und Schulschluss und in den Ferien auf. Das ist nicht zu vergleichen mit Prenzlauzer Berg, aber dennoch erfrischend.
Auffallend ist, dass die Zehlendorfer einem wirklich ausgesprochen freundlich und höflich begegnen. Ich wage die Vermutung, dass sie alle gern in Zehlendorf sind, ganz egal, ob sie hier nur arbeiten oder ob sie hier wohnen – und deswegen eine Grundzufriedenheit bestehen könnte, die sich positiv auswirkt. Ich bin davon sehr angetan und es ist angenehm, unter so freundlichen Mitmenschen zu leben.
Ich bin diesbezüglich eher mit Skepsis nach Berlin gezogen, den granteligen Berliner mit Schnauze im Hinterkopf. Es mag ihn noch geben, aber in Zehlendorf ist er wohl ausgestorben (hoffentlich).
Was muss man in Zehlendorf unbedingt gesehen haben?
Das kleine, aber feine Heimatmuseum, ehrenamtlich von hilfsbereiten Zehlendorfern geführt, fast versteckt an der Potsdamer Chaussee, Ecke Clayallee. Wechselnde Ausstellungen und das hervorragend angelegte Bildarchiv aus vergangenen Tagen laden zu Besuchen ein.
Was sollte man tunlichst in Zehlendorf NICHT gesehen haben?
Leider kann man nicht wegschauen und es nicht ändern: Die vielen lieblos nach dem Krieg und bis in die 70iger Jahre hinein gebauten Wohnanlagen. Preisgünstiger Wohnraum ist mehr als wichtig, aber das geht auch attraktiver, wie glücklicherweise das alte Beispiel Taut-Siedlung und moderne Wohnungen zeigen.
Im Winter kann man auf den Matsch der schlecht befestigten Wege um den Schlachtensee herum verzichten. Wer da zufällig hineingerät, ist schlimm dran.
Was ist das Besondere an Zehlendorf?
Mittags und abends kann man von vielen Stellen aus das traditionelle Glockenläuten der Kirchen hören. Wenn man jahrelang mehrheitlich Bimmelglöckchen erlebt hat, nimmt man es als nicht selbstverständlich und sehr schön und besinnlich wahr.
Gut gelungen sind die freistehenden, farbig gestalteten Wohnungen für Flüchtlingsfamilien an der Potsdamer Chaussee, das ist nicht überall zu finden.
Es beeindruckt das reiche kulturelle Angebot der Buchhandlungen mit ihren Lesungen, der Pfarrgemeinden mit ihren Konzerten und Vorträgen, der Gottfried-Benn-Bibliothek mit ihrem netten Personal und den Sonderräumen wie den Jugendbuchraum, der Kinderbuchetage, der Zeitungslese- und Computerecke und vor allem ihren wichtigen zwei Bücherbussen. Und dies alles ist eingebettet in eine wunderschöne Seen- und Waldumgebung, nicht weit vom Berliner Innenstadtgebiet entfernt.
Was nervt an Zehlendorf?
Die Parkplatzsituation. Denn selbst wenn man überzeugter Fahrradfahrer und Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel ist, bleiben noch genügend Situationen, in denen man aufs Auto angewiesen ist. Zehlendorf ist wie andere grüne Stadtteile Berlins mit vielen reinen Wohngebieten durchsetzt und man wohnt zu weit von den Geschäften entfernt. Dies wird auch in Zukunft so sein, wenn sich erst Elektro- bzw. Hybridautos und Carsharing durchgesetzt haben. Genügend Stellplätze sind dann immer noch vonnöten, also macht es Sinn, das Problem jetzt anzupacken.
Der „Hundekrieg vom Schlachtensee“ war des Zehlendorfers nicht würdig.
Das Beste, was IHNEN in Zehlendorf je passiert ist…
Das Beste ist für mich, wenn ich von irgendwoher zurück nach Hause komme, dass ich mich jedesmal freue, in „meinen“ Stadtteil zurückzukehren. Dann weiß ich, er ist meine neue Heimat geworden. (Foto: Anni Ebeling)
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