Premiere im Schlosspark Theater: Mosca und Volpone
Im Steglitzer Schlosspark Theater (www.schlossparktheater.de) zeigte das Moral-Thermometer im Dezember ganz plötzlich extreme Minusgrade an. Im neuen Stück „Mosca und Volpone“, das am 2. Dezember Premiere feierte, geht es nämlich um die ganz niedrigen Beweggründe – um die pure und ungefilterte Raffgier.
Das Stück wurde bereits 1606 vom englischen Bühnenautor Ben Johnson zu Papier gebracht. 1926 überarbeitete Stefan Zweig die unter die Haut gehende Komödie aus den Zeiten Shakespeares. Thomas Schendel hat „Volpone“ an die moderne Zeit angepasst, sodass das Stück an Tempo gewinnt und auch gleich noch ein paar neudeutsche Schimpfwörter mit erlernt.
Bei der Premiere im Schlosspark Theater nutzten u.a. Anouschka Renzi und Karsten Speck die Gelegenheit, den Hausherren Dieter Hallervorden in einer ganz neuen Rolle zu erleben.
Und darum geht es: Volpone (Mario Ramos) ist ein reicher Venezianer, der die Goldschätze in seiner Truhe noch deutlich vermehren möchte. Und so kommt der kinderlose Venezianer auf eine besonders bösartige Idee: Er lässt vom schlitzorigen Diener Mosca (Dieter Hallervorden) seinen nahenden Tod vortäuschen. Und schon krauchen die Freunde, Geschäftspartner und Weggefährten ans vermeintliche Totenbett. Mit Gold und Schmuck versuchen sie, sich in die Gunst des Verscheidenden einzukaufen, auf dass sie im Testament als einzige zum Universalerben erklärt werden.
Und so lassen der Notar Voltore (Oliver Nitsche), der Pfandleiher Corbaccio (Thomas Schendel), der Kaufmann Corvino (Karsten Kramer) und die Kurtisane Canina (Franziska Troegner) alle Hemmungen, Bedenken und letzten Überbleibsel eines ehrenhaften Verhaltens fallen, um sich gegenseitig im Gebuhle um die Gunst des Volpone zu übertreffen. Dass Volpones Gelüste auch noch auf die schöne Colomba, Gattin des Corvino (Anja Gräfenstein), überschwappen, treibt den munter intrigierenden Diener Mosca nur zu noch schlimmeren Schandtaten und Verwirrspielen an. Selbst der Richter Tafano (Georg Tryphon) fällt auf das Gauklerspiel um die klingenden Münzen herein.
„Mosca und Volpone“ ist ein rasant gespieltes Stück mit messerscharf formulierten Worten und einer wunderbar ätzenden Komik. Regisseur Thomas Schendel, der auch den Pfandleiher Corbaccio spielt, schafft es, den Zuschauer erst humorig einzulullen, um ihn dann vehement zu wecken. Denn irgendwann stellt der Zuschauer regelrecht erschrocken fest, wie unfassbar unmoralisch und menschenverachtend Volpone und sein Diener Mosca vorgehen. Und wie schnell bei den Betrogenen sämtliche Hemmungen und hehren Grundsätze fallen, sobald es um das liebe Geld geht. Und die Moral von der Geschicht: Für den schnöden Mammon lässt sich jeder von vorn bis hinten verarschen.
Würde nicht wenigstens der Sohn des Corbaccio (Jonathan Kutzner) ehrenhaft zu seinen Überzeugungen stehen und gäbe es nicht eine wundersame Charakterreifung bei einem der anderen Darsteller, man würde wie ein geprügelter Hund nach Hause schleichen, jeglicher Illusionen über die wahre Natur des Menschen beraubt.
Dieter Hallervorden genoss die Proben sichtlich: „Man erkennt bereits klar, dass die Besetzung – natürlich von mir abgesehen – wirklich erstklassig ist. Der Regisseur Thomas Schendel strotzt geradezu vor Ideenreichtum und Phantasie. Es deutet vieles darauf hin, dass hier (toi toi toi) ein möglicher Erfolg heranreift.“
Wer sich die Geschichte über die Sogwirkung des Goldes anschauen möchte, hat im kommenden Jahr noch ausgiebig Gelegenheit dazu. Die nächsten Vorstellungen von „Mosca und Volpone“ stehen vom 11 bis 15. Januar, 13. bis 18. Februar, 18. bis 25. März, 21. bis 30. April und 23. bis 31. Mai im Spielplan des Theaters. (Fotos: DERDEHMEL/Urbschat / Text: CS)
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