Premiere im Schlosspark Theater: Einfach tierisch
Das Schlosspark Theater in Steglitz beweist immer wieder Mut, wenn es darum geht, Stücke aufzuführen, die unterhalten, überraschen und auch polarisieren. Mit „Einfach tierisch“ kommt nun ein Schwank mit einem geschliffenen Wortwitz auf die Bühne, der zugleich dafür sorgt, dass die Schauspielerin Marion Kracht erstmals im Schlosspark Theater zu sehen ist.
Das Stück, das am 22. Oktober Premiere feierte und nun im Januar, März und April 2017 in Steglitz aufgeführt wird, wurde von dem jungen Franzosen Jean Robert-Charrier geschrieben und von Dieter Hallervorden höchstpersönlich übersetzt. Regie führt Thomas Schendel.
Und darum geht es: Die Familie von Klickel um die harsche Mutter Jacqueline (Marion Kracht) besteht aus einer Sippe lustvoller Fleischfresser. Die Wände hängen voller Jagdtrophäen und nichts stimmt die Familie freudiger als ein schön saftiges Steak, das in der Pfanne brutzelt. Als Tochter Christine (Teresa Schergaut) nun zu einem Praktikum nach Afrika aufbrechen möchte, kommt es zur Zerreißprobe. Denn über das Ja oder Nein zum Afrika-Aufenthalt entscheidet Familie Fischer um Mutter Marie (Anne Rathsfeld). Die soll nun bei einem Abendessen Familie von Klickel kennenlernen, um alles Nötige zu besprechen. Das Problem: Die Fischers sind leidenschaftliche Veganer. Die Lösung: Die von-Klickels müssen nun einen Abend lang so tun, als seien sie ebenfalls leidenschaftliche Grünkostfreunde.
Wie sagt Jacqueline von Klickel so schön: „Ungefähr 80 Millionen Deutsche, von denen sich mindestens 79 Millionen saftige Steaks reinziehen – aber du musst deine Auswahl selbstverständlich aus der einen Million ziehen, die lieber Salatblätter mümmeln oder in Tulpenzwiebeln beißen. Ich hasse Vegetarier.“
Besonderen Spaß zieht der Zuschauer aus dem Fakt, dass Marion Kracht im „wahren Leben“ eine leidenschaftliche Vegetarierin ist, die sogar mehrere Kochbücher zum Thema veröffentlicht hat. Ihr dabei zuzusehen, wie sie eine geschliffenene Beleidigung gegen die Veganer nach der nächsten ausspuckt, ist eine humorige Köstlichkeit.
Das Stück selbst ist schnell, witzig, voller Zoten und ohne großen kulturellen Tiefgang, dafür aber wirklich auf hohem Niveau, was den Sprachwitz anbelangt. Denn wie äußert sich Jacqueline von Klickel angesichts der Problematik, am Abend der Begegnung nur ja nichts Falsches zu sagen: „Wie soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?“
Marion Kracht dominiert das Theaterstück von der ersten bis zur letzten Minute – und lässt ihre Mitstreiter fast verblassen. Wie sie ihre dominante Anwalts-Attitüde auch in den eigenen vier Wänden nicht ablegen kann, den als Assistenten mißbrauchten Sohn schikanierend herumscheucht, die arme Tochter immer wieder unaufmerksam mit dem falschen Namen anspricht, den eigenen Mann herunterputzt und am Ende in der zu Besuch antretenden Veganer-Familie ein perfektes Opfer für ihre herzlosen und bissigen Sprüche findet – das ist köstlich und so gar nicht passend zu den lieben Charakteren, die Marion Kracht sonst gern im Fernsehen spielt. Auch ihre Stimme überrascht – sie klingt bissig, schnell, abgehakt, befehlerisch.
Im Stück selbst richtet sich nur Anne Rathsfeld in der Rolle der veganen Marie Fischer gegen die alles überragende Präsenz von Marion Kracht auf – und gibt verbal Kontra, dass sich ein verschämtes Rot auf die Wangen der Zuschauer legt. Das Duell der beiden weiblichen Familienoberhäupter kommt aber leider viel zu schnell zum Erliegen. Hier vergibt sich „Einfach tierisch“ die Chance zu einem sehr unterhaltsamen Kampf der gegenseitigen Beleidigungen und nicht vorhandenen Wertschätzung. Trotzdem – ein sehr vergnügliches Theaterstück. (Text: CS / Foto: DERDEHMEL/Urbschat)
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