Premiere im Schlosspark Theater: Einer flog übers Kuckucksnest
Die im Schlosspark Theater trauen sich etwas. Immer wieder. Nachdem zuletzt Stephen Kings 2-Personen-Roman „Misery“ seinen Weg auf die Steglitzer Bühne fand, gab es nun – ebenfalls mit Franziska Troegner und Jörg Schüttauf in den Hauptrollen – ein neues Stück zu sehen, das mit normalen Maßstäben nicht mehr zu messen ist: „Einer flog übers Kuckucksnest“.
Viele erinnern sich noch an den von Michael Douglas produzierten gleichnamigen Film von 1975, in dem Jack Nicholson und Louise Fletcher jeweils einen Oscar zugesprochen bekamen. Aber der Roman von Ken Kesey, 1963 geschrieben, wurde schon immer gern fürs Theater adaptiert – zuletzt 2001 mit großem Aufsehen am New Yorker Broadway und mit Gary Sinise in der Hauptrolle.
Am 2. April fand die Premiere im Schlosspark Theater statt – weitere Aufführungen werden vom 2. bis zum 8. Mai, vom 1. bis zum 10. Juni, vom 13. bis zum 20. September und vom 8. bis zum 15. Oktober auf den Spielplan gesetzt.
Die Geschichte des Stücks wird dem Zuschauer schnell klar: Randle McMurphy (Schüttauf) ist ein großmäuliger Kleinganove, der immer wieder mit dem Gesetz über Kreuz gerät. Um nicht ins Arbeitslager zu müssen, simuliert er eine Geisteskrankheit und kommt in die Irrenanstalt. Hier regiert Schwester Ratched (Troegner) mit hartem Regiment und sorgt dafür, dass alle Kranken regelmäßig ihre Pillen nehmen und bloß nicht aufmucken. Das ist McMurphy ein Dorn im Auge. Er rebelliert, stellt alle Autoritäten in Frage und sorgt so dafür, dass die Eingesperrten die Zeit ihres Lebens haben. Bis die Revolte tragisch endet.
Der britische Regisseur Michael Bogdanov holt das Stück auf die Steglitzer Bühne – mit einem überraschend üppig bestückten Bühnenbild und dem größten Cast an Darstellern, den das Schlosspark Theater wohl jemals zugleich auf der Bühne gesehen hat.
Es dauert nicht lange und der Zuschauer ist gefangen von der Kraft des Stücks, das mit perfekten Dialogen, unerwarteten Wendungen, lustigen Ereignissen und tränenrührender Tragik viele Emotionen wachrüttelt und den Theatergast regelrecht benommen nach Hause schickt.
Dabei geben Franziska Troegner und Jörg Schüttauf als erbitterte Kontrahenten auf der Bühne zwar den Takt vor. Aber jeder Darsteller hat seinen großen Moment.
Besonders beeindruckend ist der hühnenhafte Peter Theiss als Häuptling Bromden, der in den Szenenübergängen erschütternde Monologe voller Wahnsinn und Klarsicht hält. Grandios auch David A. Hamade als Irrer Cheswick, der eine Körpersprache zum Ausdruck bringt, dass es auch noch die Zuschauer aus der letzten Reihe in die Sitze drückt.
Und lange bleibt einem Marlon Putzke im Gedächtnis kleben, der als lobotomierter Ruckley den gekreuzigten Jesus gibt, der das ganze Stück über an der Wand lehnt und ab und zu „Fick dich“ ins Publikum schreit.
Was selten gelingt: „Einer flog übers Kuckucksnest“ hat keine Längen, unterhält auf höchstem emotionalen Level bis zum tragischen Ende, zeigt eine eingeschworene Schauspieler-Crew auf der Bühne und leistet sich immer wieder kleine Extravaganzen, die das Stück sogar noch besser machen als den Kinofilm. Der wirkt, anschließend vom Rezensenten noch einmal gesehen, fast fad gegenüber der Theater-Inszenierung.
Es ist gut, dass „Einer flog übers Kuckucksnest“ in den kommenden Monaten noch so oft zur Ausführung kommt: Das Stück sei allen bedingungslos empfohlen und wird alle Kulturmuffel, die schon lange nicht mehr im Theater waren, neue Begeisterung einimpfen. (Foto: DERDEHMEL/Urbschat / Text: CS)
Info: Schlosspark Theater, Schloßstr. 48, 12165 Berlin, Tel.: 030 – 789 56 67 – 100, www.schlosspark-theater.de
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