Scheibes Kolumne: Opa & Oma haben noch was vor!
Als ich noch klein war und als Junge mit Pfeil und Bogen durch die Zehlendorfer Bruno-Taut-Siedlung rannte, da konnte man Opa und Oma noch ganz klar erkennen. Die Omas hatten immer kamelbraune Mäntel an, nackte Beine in Strumpfhosen und an den Füßen dicke Botten wie Daisy Duck in den Micky-Maus-Comics.
Sie liefen auf Besorgungstour emsig die Straßen entlang, enterten die Busse, waren in der U-Bahn zu finden oder suchten im Supermarkt nach Kaffee und Kuchen. Für den Nachmittag, wenn die Freundinnen zum Kaffeeklatsch kamen. Dann gab es Pharisäer, das ist Kaffee mit Rum. Und die Omis kicherten und dachten an früher.
Die Opas waren damals kaum vor der Tür zu sehen. Sie hatten khakifarbene Hosen mit Bügelfalte an, ordentliche Schuhe und meistens eine Windjacke in unauffälligen Braun- oder Grautönen. Und eine Mütze auf dem Kopf. Kein Basecap, sondern eine richtige Mütze. Diese Opas machten keine Besorgungen. Sie saßen rauchend vor dem Fernseher in der guten Stube. Sie reparierten die Fahrräder der Enkel. Oder sie liefen wütend schreiend hinter den Nachbarskindern her, einen Stock schwingend. Wenn diese wieder einmal ihren Garten geentert hatten, um Äpfel zu klauen.
Heute, gut 40 Jahre später, sieht die Situation völlig anders aus. Opa und Oma tragen Jeans, Turnschuhe, einen schicken Pullover, eine Markenjacke. Sie sehen bunt aus und vital, sie gehen ganz anders – und sie sind zusammen unterwegs.
So erledigen sie den Wocheneinkauf oft gemeinsam. Am Samstag, mit dem ganzen arbeitenden Volk. Denn in der Woche haben unsere modernen Senioren gar keine Zeit. Sie spielen Tennis. Und wenn das nicht mehr geht, sind sie auf dem Golfplatz zu finden. Bis ins hohe Alter schwingen sie den Schläger und prügeln den Ball über das Fairway. Wenn das Laufen nicht mehr so gut von der Hüfte geht, dann kommt eben das Golf-Cart zum Einsatz. Opa und Opa machen bei den Turnieren mit, sie gehen mit ihren Freunden auf Golf-Reise und sie laden sie zu sich nach Hause ein – nicht mehr zu Kaffee und Kuchen, sondern zum selbstgekochten 4-Gänge-Menü.
In manchen Monaten sind Opa und Oma gar nicht mehr vor der Tür zu sehen. Keine Bange, ihnen ist nichts passiert; Sie sind verreist. Sie gönnen sich von ihren Ersparnissen eine Kreuzfahrt, erkunden Indien oder lassen sich die Sonne in Thailand auf die gut gepflegte Haut scheinen.
Gerade in Zehlendorf gibt es ein umfangreiches Programm für die Senioren. Wichtig ist dabei das Tempo. So sagt ein Kursanbieter: „Das ältere Publikum ist sehr anspruchsvoll und gern zum Wechseln bereit. Diese Woche steht ein Computerkurs auf ihrem Plan, nächste Woche ist Töpfern dran, dann eine gemeinsame Kräuterwanderung durch den Wald.“
Die Senioren spazieren nicht mehr um die Krumme Lanke, sie machen Nordic Walking, Powerwalking oder Jogging. Sie essen gesund, legen Wert auf Bio und besuchen gern ein gutes Restaurant, wenn es denn den Besuch auch wirklich wert ist. Um die Enkel kümmern sich Opa und Oma weiterhin sehr gern – wenn es der eigene Terminplan denn zulässt.
Das gilt natürlich alles vor allem für die Senioren, die über die nötige Rente verfügen und die sich über eine solide Gesundheit freuen. Insofern wünscht sich die neue Rentner-Generation vor allem noch eins, wie es ein Opa klar formuliert: „Wir Oldies können arbeiten, wir haben das Wissen, wir haben die Erfahrung. Es wäre schön, wenn wir dieses Pfund auch im Alter noch einbringen könnten – etwa als Berater oder als freier Mitarbeiter in so manchem jungen Unternehmen. Das wäre für beide Seiten ein gewaltiger Vorteil.“
So oder so wird deutlich: Die Großeltern von heute sind so hip, vital, agil und aktiv wie noch nie. Wer alt wird, hat eben noch lange nicht ausgedient, sondern noch alle Optionen offen. Solange die eigenen Knochen es nur mitmachen. (Text: Carsten Scheibe)
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