Scheibes Kolumne: Eins führt zum anderen
Es eilt. Mal wieder. Ein Kunde braucht ganz, ganz schnell eine Infobroschüre. Und die steckt im Firmenrechner. Also wetze ich ins Büro herunter, das kann ja nur ein, zwei Minuten dauern. Noch im Laufen hole ich das Smartphone aus der Tasche, um im Adressbuch nach dem genauen Namen des Kunden zu suchen.
Aber der Abgleich mit der Cloud funktioniert nicht, das WLAN im Büro ist down. Eine Nanosekunde später verabschiedet sich das Handy. Akku alle.
Im Büro angekommen, packe ich das Handy ans Stromkabel – zum Aufladen. Ich ziehe den Stecker vom WLAN-Router, auf dass er sich neu starte und dabei wieder einkriege.
Weswegen war ich eigentlich im Büro? Richtig. Der Ausdruck. Ich mache den Drucker an. Der beginnt sofort damit, hektisch zu blinken. Toner Gelb ist alle. Na gut, dann tausche ich den eben. Vom Schrank hole ich den letzten Toner für Gelb. Also mach ich noch rasch einen Zettel: „Toner Gelb nachbestellen“. Für die Büromädels. Ich setze den Toner ein – Papier ist alle. Im Schrank finde ich keine stille Reserve mehr. Also klaue ich mir das Papier aus dem Faxgerät. Und ergänze den Zettel „Papier auch.“
Irgendwas wollte ich doch gerade im Büro tun? Ich komm nicht drauf. Erst mal einen Kaffee machen. Wasser ist alle. Ich hole frisches Wasser aus dem Bad. Und drücke die Taste für eine frische Tasse. Die Kaffeebohnen im Vollautomat rutschen nach, das Mahlwerk beginnt mit gefühlten 200 Dezibel seine Arbeit. Sekunden später ist Schluss damit: Die Bohnen sind alle. Auch der Bohnenvorrat im Büro ist erschöpft. Ich renne die Treppe nach oben und schöpfe eine Tasse aus dem privaten Vorrat. Ich renne wieder runter – so kommt man auch auf seine 10.000 Schritte am Tag. Mist, hab das Handy dabei nicht in der Tasche gehabt, die Schritte werden also leider nicht automatisch mitgezählt.
Ich genieße meine Tasse Kaffee – ohne Milch, ich renne jetzt nicht noch mal nach oben. Dabei sehe ich, dass sich die Pumpe im Aquarium wieder zugesetzt hat. Ich greife ins Wasser, wehre freßsüchtige Guppies ab und befreie die Ansaugpumpe von Blättern und anderem Kram. Die Frontscheibe könnte mal wieder von Algen befreit werden. Wo ist der Schwamm? Weg. Ich hole einen neuen aus der Küche. Treppe hoch, Treppe runter. Nun also doch. Das Handy ist weiterhin nicht in meiner Tasche, das lädt ja noch. Warum eigentlich? Irgendwas wollte ich doch im Gerät nachschlagen?
Ich gucke aufs Handy, aber das zeigt noch keine Icons an. Ist ja auch egal, hab ja alles auch im Rechner. Ich wackele mit der Maus, um den Computer aus dem Schlafmodus aufzuwecken. Nichts tut sich. Die Batterien in der Maus sind alle. Ich hole die beiden AA-Batterien aus der Funkmaus und gehe zum Schrank, um neue zu holen.
Im Schrank mit dem Büromaterial fällt mir auf, dass da doch noch zwei Pakete Papier sind. Habe ich die eben übersehen? Ich fülle das Fax wieder auf, streiche das „Papier auch“ vom Zettel und gehe zurück zum Schrank. Den müsste man mal entrümpeln und neu sortieren. Das mache ich auch gleich einmal. Am Ende ist der Papiermüll voll – ich bring ihn raus und werf ihn in die große Tonne.
Was war? Richtig. Batterien. Zwei finde ich noch in unserer Batterienkiste. Damit sind die Reserven aufgebraucht. Ich schreibe „Batterien auch“ auf den Zettel. Der sieht langsam wüst aus. Ich schreibe ihn neu.
Ich packe die Batterien in die Maus, wackele an ihr – Das Betriebssystem wacht auf. Sofort beginnt das E-Mail-Programm damit, 150 Mails zu downloaden. 140 davon sind überflüssige Newsletter und Spams. Die werden gelöscht. Mal schauen, wie viele Mails bereits im Papierkorb auf die finale Kill-Taste warten. 2.988 sind es. Es bereitet mir eine diebische Freude, sie mit einem Tastendruck in ihre digitalen Einzelteile zu zerschmettern.
Anschließend lade ich das Adressbuch und suche die Anschrift von dem Kunden heraus, der unsere Image-Broschüre braucht. Dann setze ich das Anschreiben auf, drucke passend dazu die Broschüre aus und packe alles in einen A4-Umschlag, den ich auch sofort finde. Na endlich läuft‘s wie am Schnürchen. Aber dann zum Schluss der letzte Nackenschlag: Die Briefmarken sind alle. Ich beiße in die Tischkante und gebe auf. (Carsten Scheibe)
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